Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
Haushalt so diszipliniert zu führen wie eh und je. Täglich ging sie zum Markt, um die frischesten Produkte zu ergattern, wobei ein junges Küchenmädchen den Korb tragen musste. Und auch wenn sie sich jeden Nachmittag zu einem Nickerchen hinlegte, inspizierte sie doch zuvor das ganze Haus, und wehe den Dienstboten, falls sie in irgendeiner Ecke ein Staubkörnchen oder ein trockenes Blatt an einem der Ziersträucher entdeckte. Wann immer Bette den Dienstboten eigenständig Anweisungen gab, entschied sich Madam Chang, diese komplett zu ignorieren.
Dass sie jeden Tag mit Tony teilen konnte, war Bettes größte Freude. Oft ging ihr durch den Sinn, dass ihre Liebe wie ein kostbarer Edelstein war, der nach außen hin funkelte, während in seinem Inneren ein Feuer glühte. Tonys Zärtlichkeit und Humor, sein Anstand und seine Freundlichkeit, seine Leidenschaft und Hingabe verschlugen ihr oft den Atem, und manchmal konnte sie immer noch nicht fassen, dass ihr Leben eine solche Wendung genommen hatte. Australien und ihre Familie gehörten einer fernen Zeit an, als Bette darauf wartete, ihr eigenes Leben zu beginnen. Und so war sie zwar traurig, aber nicht besonders überrascht, als Margaret sie mit einem Telegramm vom Tod ihrer Mutter informierte, nachdem diese bereits unter der Erde lag. Bettes Leben fand in Penang statt, und hier war auch ihre Familie.
»Bist du fertig?«, fragte Bette, als Tony in das luftige Treppenhaus zwischen den beiden Hausflügeln trat. Sie saß auf Seidenkissen auf einem mit Schnitzereien verzierten Holzstuhl und ergötzte sich daran, wie sich die Sonnenstrahlen im Wasser des alten Löwenbrunnens brachen.
Im Halbdunkel der Wendeltreppe, die von seinem Arbeitszimmer nach unten führte, hielt Tony inne und betrachtete seine über alles geliebte Frau. Sie trug die lockeren Seidenhosen, die sie so sehr mochte, dazu eine bestickte und mit Spitzenborte gesäumte Tunika. Das Haar hatte sie wegen der Hitze mit einem juwelenbesetzten Haarkamm aus der Sammlung seiner Mutter hochgesteckt. In ihrem Schoß lag ein Buch. Als er ihr ins Gesicht sah, von dem er jeden Millimeter kannte, stockte ihm, von Liebe überwältigt, der Atem. »Ja, bin ich«, antwortete er. »Tut mir leid, dass ich wegen der Wahlen am Wochenende nicht da sein kann. Willst du mich wirklich nicht nach Kuala Lumpur begleiten? Am Samstag nach der Wahl gibt es bestimmt große Feste und Feiern.«
»Die Democratic Action Party geht also mit großer Zuversicht in die Wahl?«
»Allerdings. Ursprünglich hatte ich ja gehofft, dass die Alliance Party mit ihrer Politik das Wohl aller im Blick hätte, doch das hat sich nicht bewahrheitet. Die Verfassung soll eindeutig die Malaien bevorzugen. Obwohl sie wirtschaftlich noch längst nicht zu den Indern und Chinesen aufgeschlossen haben, erhalten sie so zu viel politische Macht. Mittlerweile gibt es auch massive Ressentiments gegen die Chinesen.«
»Das stimmt. Und du findest, dass sie die politische Macht stärker teilen sollten?«, sagte Bette.
»Genau. Immerhin tragen wir Chinesen das meiste zum Reichtum des Landes bei«, erwiderte Tony. »Wahrscheinlich muss unsere Democratic Action Party der herrschenden Alliance nur mal einen heilsamen Schrecken einjagen. Na, wir werden ja sehen. Aber ich bedaure, dass wir das Wochenende nicht zusammen verbringen werden.«
»Madam Chang ist müde, und ich habe Eunice versprochen, dass ich mich um die kleine Carla kümmere, während sie zu einer Teeparty geht.«
Tony küsste sie. »Du bist wundervoll. Viel Freude mit deinen Enkelkindern. Ich bin am Dienstag wieder da.«
»Das ist der Dreizehnte – eine Unglückszahl. Komm lieber schon am Zwölften.«
Tony gluckste. »Du hast ein bisschen viel vom Aberglauben unserer Madam Chang aufgeschnappt.«
»Ich hoffe, das alles gutgeht. Ich liebe dich, Tony.«
Er küsste sie leidenschaftlich. »Sobald ich die geschäftlichen Dinge erledigt habe, komme ich so rasch wie möglich zu dir zurück. Es dauert nur ein paar Tage.«
Das Leben im Rose Mansion ging seinen ruhigen Gang, bis einige Freunde ihres Mannes hereinplatzten, die mit ihm das Wahlergebnis feiern wollten.
»Tony ist geschäftlich in Kuala Lumpur. Aber er wird bald zurück sein«, sagte Bette.
»Wir haben gehört, wie gut die Chinesen in Selangor abgeschnitten haben. Sie könnten den Staat allein regieren«, erzählten sie Bette.
Doch Bettes Freude über die Wahlergebnisse wurde getrübt, als Tonys älterer Sohn James ihr kurz darauf berichtete,
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