Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
zubereiteten. Daneben gab es regionale Familienrestaurants und ein Teehaus, und am anderen Ende der Straße, hinter den Lokalen, lagen die großen Wohnhäuser von Chinesen halb versteckt hinter Mauern und Stacheldrahtzäunen.
»Wir sind hier in einem ansehnlichen Viertel. Die Besitzer des Restaurants, das ich ausgewählt habe, sind Holländer, ich denke also, das Essen wird dir schmecken. Mit den hiesigen Gewürzen solltest du dich vielleicht noch zurückhalten«, erklärte er.
»Wolltest du mich nicht in deinen Club mitnehmen?«, fragte Margaret, die sich das Restaurant eher schlicht und altbacken vorstellte.
»Dorthin würde ich lieber morgen Mittag mit deiner Mutter gehen. Danach bringe ich dich zum Peninsula Hotel, wo wir einen Termin mit dem Manager haben. Dann kannst du das Menü für die Hochzeitsfeier und alles Übrige mit ihm besprechen. Bist du noch erschöpft von der Reise?«
»Ja, es war ganz schön anstrengend.«
Margaret war von dem holländischen Lokal angenehm überrascht. Sie genoss das Essen und fand das Paar, dem das Restaurant gehörte, sehr zuvorkommend. Ihr gefiel auch, dass sie so viel Aufhebens um Rolands Verlobte machten. Es war etwas ungewohnt, wieder in seiner Nähe zu sein, aber sie begann in ihrer Rolle aufzublühen und freute sich auf ihren neuen Status als seine Frau. Während er erzählte, beobachtete sie ihn und fühlte sich dabei, als sähe sie ihn zum ersten Mal. Wie mochte es wohl sein, den Rest ihres Lebens mit diesem gutaussehenden und gebildeten Mann zu verbringen?
Auf dem Heimweg im Oldsmobile legte sie den Kopf an seine Schulter, während sich der Wagen langsam durch die immer noch vollen Straßen schob.
»So viele Leute, ganze Familien, und sie essen alle auswärts. Machen sie das immer?«, fragte sie.
»Ja, viele schon. Das ist im Allgemeinen billiger und einfacher«, antwortete er. »Und essen ist im Osten immer eine sehr gesellige Sache … Mein Gott, was ist da vorne los?« Er verständigte sich schnell mit Hamid, der den Wagen anhielt.
Margaret sah ein Feuer und eine Menschenmenge, aus der Schreie ertönten. Zwei Sikh-Polizisten hielten die Leute auf Abstand.
»Meine Güte, hat es einen Unfall gegeben?«, fragte Margaret.
»Warte hier im Wagen. Ich gehe nachsehen.« Roland stieg aus.
»Sei vorsichtig, Roland.«
Die Menge war noch angewachsen, bewegte sich aber vom Ort des Geschehens weg in Richtung des Oldsmobile. Roland sprach einen jungen Mann an. Der verängstigte Bursche deutete hinter sich auf eine Menschenansammlung vor einem Haus, wo ein Feuer brannte.
»Was ist da los, Hamid?«, wandte Margaret sich an den Fahrer.
Hamid zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, Mem. Probleme irgendwie.«
Margaret stieg ebenfalls aus dem Wagen und folgte Roland, ohne sich um Hamids Rufe zu kümmern. Beim Näherkommen bemerkte sie in der Einfahrt des kleinen Hauses die schwelenden Überreste eines Fahrzeugs. Plötzlich blieb sie wie erstarrt stehen, als sie aus der Gasse neben dem Haus einen kleinen malaiischen Mann herausrennen sah. In einer Hand hielt er etwas, das wie ein riesiges Messer aussah. Augenblicklich teilte sich die Menge. Frauen schrien und stoben auseinander. Der Mann mit dem Parang hielt inne, als er die zwei Polizisten und Roland sah. Sogar auf diese Entfernung jagte der Anblick des fast nackten Mannes, der seine Machete schwang, Margaret fürchterliche Angst ein. Im Schein des Feuers sah er wie ein Verrückter aus, und er brüllte Unverständliches.
»Roland!«, rief Margaret.
Roland wirbelte herum und rannte zu ihr zurück. »Ich sagte dir doch, du sollst im Wagen warten. Der Mann ist verrückt und kann jeden Moment wild um sich stechen. Verschwinde. Sofort.« Er schubste sie ziemlich unsanft in Richtung Auto.
Margaret war fassungslos, von Rolands grobem Benehmen ebenso wie von dem ganzen Vorfall. Plötzlich sprang der Mann vor, auf die Menge zu. Margaret rannte. Als sie das Auto erreichte, öffnete Hamid rasch die Tür. Von dort aus sah sie, wie einer der Polizisten den Mann von hinten packte und ihn zwang, seine Waffe fallen zu lassen. Der andere schwang einen dicken Holzknüppel und schlug ihm damit auf die Schultern.
Zitternd kauerte sich Margaret in die Ecke des Autos. Die Romantik des Abends war dahin. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass sie sich an einem fremden Ort befand, der gerade seine harmlose exotische Fassade verloren hatte. Die Dinge liefen hier anders. All diese verschiedenartigen Gesichter – Menschen aus aller Herren
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