Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
die leichte Brise reichte aus, um den engagierten Nachbarn und Unterstützern Kühlung zu verschaffen, die sich zum Basar der Bürgerinitiative gegen die Umgehungsstraße eingefunden hatte. Julie und ihre Mutter beobachteten die Szene von der Veranda ihres Hauses aus, wo Tische und Stühle zum Tee mit Kuchen und Gebäck einluden. Am Fuß der Vordertreppe spendete eine Markise Schatten für eine Bar, an der kalte Getränke verkauft wurden. Über den ganzen Garten verteilt waren unter bunten Sonnenschirmen Stände aufgebaut, an denen alles Mögliche von selbsteingemachter Marmelade und Essiggurken bis hin zu Kunsthandwerk, Pflanzen, Flohmarktartikeln, Büchern und Krimskrams auf Käufer wartete. Außerdem gab es Spielbuden mit Ringewerfen, eine Lostrommel, ein Glücksrad mit Süßigkeiten und ein kleines Karussell.
Julie staunte über die Verwandlung des Gartens ihrer Mutter. Eine Menge Nachbarn und Freunde hatten diesen Tag in Gemeinschaftsarbeit vorbereitet. Und das war nur der Auftakt für zahlreiche Veranstaltungen, bei denen Spenden für ihr Anliegen gesammelt werden sollten – um zu verhindern, dass die Bezirksverwaltung eine ganze Siedlung mit schönen alten Häusern dem Erdboden gleichmachte. Aber obwohl es um eine ernste Sache ging, war die Stimmung so unbeschwert, als hätte man sich zu einer Party eingefunden.
»Je mehr Geld wir in den gemeinsamen Pott kriegen, desto besser«, stellte Caroline fest.
»Und wenn viele Leute kommen und sehen, was für eine wunderbare Gegend das ist, kann es auch nicht schaden«, meinte Julie. »Nicht nur unser Haus, das ganze Viertel. Dann verstehen sie, warum es geschützt werden muss.«
Caroline strahlte ihre Tochter an. »Jetzt ist gleich Schichtwechsel am Glücksrad, und ich bin an der Reihe. Hast du schon gehört, dass wir auch eine Wahrsagerin haben? An ihrem Zelt hat sich schon eine Schlange gebildet!«
»Eine Wahrsagerin? Ist das etwa Mrs. Godden aus der Apotheke?«
Caroline zuckte die Schultern. »Die Leute sagen, es ist geradezu unheimlich, was sie alles weiß.«
»Vielleicht sollte ich sie fragen, was uns von der Bezirksverwaltung noch blüht. Das könnte uns viel Zeit und Mühe ersparen.«
»Aber dann würden wir den ganzen Spaß hier verpassen!«, meinte Caroline lachend, während die beiden Frauen in den Garten hinuntergingen.
Julie sah zu, wie David Cooper sein Glück beim Ringewerfen versuchte. Sie konnte sich ein Lächeln über den Anthropologen nicht verkneifen, der im karierten Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln und Freizeithose erschienen war. Er war der einzige Mann weit und breit, der keine Shorts trug. Julie ging über den Rasen zu ihm.
Eine Nachbarin hielt Julie auf. »Was für eine wunderbare Idee! Es ist großartig, wie die Nachbarn zusammenhalten. Wir dürfen diese grauenhafte Umgehungsstraße auf keinen Fall zulassen. Ihr habt das toll gemacht.«
»Bedanken Sie sich bei meiner Mutter. Sie hat das alles auf die Beine gestellt.« Julie hatte tatsächlich erstaunt mit angesehen, wie Caroline mit ihrem kleinen Komitee die ganze Arbeit geschultert hatte. Zwar hatte Julie bei der Werbung für das Gartenfest geholfen, aber sie war beruflich so eingespannt gewesen, dass sie nicht so viel beitragen konnte, wie sie wollte. Und prompt hatte sich Caroline als begnadete Organisatorin erwiesen.
»Hier ist es so schön! Da wird einem erst klar, wie viel Arbeit und Geschichte in den alten Gärten des Viertels steckt«, fügte die Frau hinzu.
»Genau. Meine Urgroßmutter Winifred hat den Garten selbst mit angelegt. So wie ihre eigene Mutter war auch sie eine begeisterte Gärtnerin. Und dann haben meine Großmutter und meine Mum hart daran gearbeitet, ihn zu erhalten.«
David Cooper drehte sich um und lächelte Julie an, die auf ihn zuging. »Ich habe gerade einiges für eure Sache gespendet, denn gewonnen hab ich leider nichts.«
»Es läuft gut, oder? Mum und ihre Mitstreiter haben das wunderbar hingekriegt.«
»Und die Öffentlichkeitsarbeit ist dank dir auch bestens gelaufen.«
»Aber wir haben noch viel Arbeit vor uns«, sagte Julie. »Wir brauchen eine Menge Spenden, um uns bemerkbar zu machen und Unterstützung aus anderen Stadtteilen zu bekommen, nicht nur hier vor Ort. Den Leuten muss klarwerden, dass diese schönen alten Häuser und Gärten schützenswert sind.«
»Stimmt. Schließlich soll ja nicht der Eindruck entstehen, als hättet ihr nur eigennützige Motive. Ich habe mich mit den Auswirkungen dieser Umgehungsstraße beschäftigt.
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