Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
war. Sie zeichnete die Leute beim Anzapfen des Milchsafts und begleitete sie manchmal auf dem Heimweg zu ihren Kampongs. Außerdem hatte sie mit einer Porträtserie von zwei hübschen indischen Gummizapferinnen begonnen. Margaret fand es zwar seltsam, dass Bette sich so für die Arbeiter interessierte, aber sie versorgte ihre Schwester mit Schutzkleidung gegen Moskitos.
Mit einer von ihnen hatte sie sich angefreundet, als sie sah, wie das Mädchen an einer Wegkreuzung vor einem kleinen Altar, wo ihr Fahrrad stand, ihre Sachen packte. Bette beobachtete, wie sie sorgfältig ihre langärmlige Baumwolljacke, die Handschuhe und den Hut ablegte und schließlich den um den Kopf gewundenen Schal abnahm, so dass ihr hübsches Gesicht zum Vorschein kam. Dann stieg eine andere Arbeiterin auf den Rücksitz. Die beiden nickten Bette freundlich zu, als sie kichernd und plaudernd auf dem wackligen alten Rad zurück zu ihrem Kampong fuhren. Am nächsten Tag fragte Bette die beiden, ob sie sie zeichnen dürfte, und sie waren einverstanden.
Als sie Margaret und Roland die Skizzen von den beiden Frauen zeigte, mussten sie zugeben, dass Bettes Bilder bezaubernd waren und sie das Leben der Plantagenarbeiterinnen sehr gut eingefangen hatte. Und als ihre Schwester sie eines Morgens fragte, ob sie mit ihr nach Slim River fahren wollte, erwiderte Bette, schon wieder mit dem Skizzenblock unterm Arm: »Kommst du vielleicht ohne mich aus, Margaret? Ich möchte gern die Zeichnungen von den beiden Inderinnen fertig kriegen.«
»Ich verstehe nicht, warum du sie unbedingt zeichnen willst. Da unten ist es so sumpfig und moskitoverseucht«, erwiderte Margaret. »Na gut. Ich komme am frühen Nachmittag wieder. Philip ist bei Ah Min.«
»Ich bin rechtzeitig wieder da, um mit ihm zu Mittag zu essen«, versicherte Bette.
Margaret, die Bette vergnügt zuwinkte, als sie in ihrem schönen Austin Tourer losbrauste, fand ihr neues freies Leben einfach wunderbar.
Ein paar Stunden später wachte Margaret in einem Krankenhausbett auf. Neben ihr saß ihre besorgte Schwester.
»Margaret, Gott sei Dank wachst du auf! Du hast uns einen solchen Schrecken eingejagt.«
»Was ist passiert? Wo bin ich?«
»Du bist im Krankenhaus in Tanjong Malim, weil du dir das Bein gebrochen hast. Eine komplizierte Sache, fürchte ich.«
»Wo ist Roland? Geht es Philip gut?«
»Roland ist von Kuala Lumpur unterwegs hierher. Er kommt bald, und Philip hab ich bei seiner Amah gelassen. Ihm fehlt nichts.«
»Wie hast du mich gefunden.«
»Das ist eine längere Geschichte. Als du gegen drei immer noch nicht zurück warst, hab ich mir Sorgen gemacht. Roland und Eugene waren ja in Kuala Lumpur, und obwohl ich mir dachte, du wärst vielleicht beim Einkaufen aufgehalten worden oder einer Freundin begegnet, bin ich zu Mr. Elliott rübergegangen und habe mit Ho gesprochen. Als ich ihm sagte, dass du dich verspätet hast, war er sehr besorgt.
›Vielleicht Mem Elliott Unfall.‹ Das fand ich zwar ein bisschen dramatisch, aber es konnte ja nicht schaden, die Bezirkspolizei anzurufen.«
»Du hast Alan Williams, den Polizeichef, eingeschaltet?«
»Nein, er war nicht da. Deshalb hat es eine Weile gedauert, bis ich jemanden an der Strippe hatte, der verstand, was ich sage. Schließlich konnte ich mit Hos Hilfe erklären, dass ich mir Sorgen um dich mache. Dann bat mich der Polizist zu kommen, und ich sagte, nein, ich würde dich ja nur suchen. Ob er vielleicht von einer Panne gehört hätte? Aber er wollte unbedingt, dass ich herkomme. Schließlich sagte er: ›Mem, Sie müssen sofort kommen. Mems Auto ist mit bösem Büffel zusammengestoßen und umgefallen. Mem ist im Krankenhaus in Tanjong Malim.‹«
»Aber wer hat dich hergebracht? Es gibt doch nur noch den Laster.«
»Ja, das hat mir Ho auch gesagt. Er hat mir versichert, nur Roland, Eugene und Hamid könnten damit fahren. Aber ich habe keine Angst vor Autos, also habe ich ein paar Toilettenartikel und Kleidung für dich eingepackt und Ah Kit erklärt, was los ist. Ich habe auch mit Ah Min gesprochen und Philip in die Arme genommen und ihm gesagt, dass ich zu seiner Mami fahre und er ein braver Junge sein soll, ich käme bald zurück. Ich muss zugeben, der alte Bedford ist wirklich schwer zu fahren. Die Schaltung ist nicht mehr die beste, aber hier bin ich. Jetzt erzähl mal, was dir passiert ist, wenn du kannst.«
Auf dem Krankenhausflur eilten Schwestern hin und her, Gummisohlen quietschten, und es roch unverkennbar nach
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