Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
singhalesischen Freund meines Vaters, Mr. Gupta, kannte, denn dieser hatte sich als Ingenieur wie auch als Philanthrop einen Namen gemacht. Wir konnten nur hoffen, dass die Japaner ihn nicht verhaftet oder umgebracht hatten.
Als an diesem Abend der Dhobi zu den alten eingelassenen Betonbecken ging, die zum Einweichen von Schmutzwäsche benutzt wurden, beschlossen wir, unser Glück zu versuchen, und sprachen ihn an. Erschrocken fuhr er zusammen, als plötzlich zwei weiße Gesichter vor ihm auftauchten, die Finger an den Lippen.
Leise unterhielt sich Bill auf Tamil mit dem Mann. Dieser begriff unsere Notlage, hatte aber offensichtlich große Angst, denn er zitterte wie Espenlaub.
Bill fragte ihn, ob er Mr. Gupta eine Nachricht zukommen lassen könnte. Der Wäscher erklärte sich dazu bereit, denn Mr. Gupta hatte einmal seinem Sohn geholfen. Allerdings drängte er darauf, dass wir uns in einem der leeren Becken versteckt hielten, denn wenn uns die Japaner entdeckten, würden sie nicht nur uns, sondern auch ihn und seine Familie erschießen.
»Frag ihn, ob er uns Reis und Sambal verkaufen kann«, schlug ich vor.
Kurz darauf kam eine Frau mit einem Packen Wäsche zum Ghat. Aus dem Stoffballen zog sie einen mit Reis, sauren Gurken und Huhn gefüllten Henkelmann hervor und ließ ihn ins Becken hinab, wo wir kauerten. Wir bedankten uns, gaben ihr Geld und ließen es uns schmecken, ehe wir uns auf der Schmutzwäsche, die sie dagelassen hatte, schlafen legten.
Bei Tagesanbruch erschien ein kleiner Junge und brachte uns lange indische Hemden, weite Hosen und Turbane, die wir uns eng um den Kopf wickelten. Dann bedeutete er uns, ihm zu folgen. Wer uns aus der Nähe betrachtete, würde erkennen, dass wir keine Sikhs waren, doch wir beteten darum, dass sich auf eine gewisse Entfernung der Schein aufrechterhalten ließ.
Mit gesenkten Köpfen umrundeten wir das Zentrum der Stadt, bis wir zu einem besseren Wohnviertel gelangten. Der Junge führte uns in eine Seitengasse neben einem größeren Grundstück und zum Hintereingang eines gediegen wirkenden Hauses. Drinnen erwartete uns ein Diener, der uns zum Besitzer des Hauses brachte.
Ein großer stämmiger Singhalese hieß uns willkommen und war höchst erstaunt, meinen Namen zu hören. »Mr. Elliott! Was für eine Überraschung!«, sagte Mr. Gupta. »Wie geht es Ihrem lieben Vater, und was kann ich für Sie tun?«
Ich antwortete, dass ich seit fast eineinhalb Jahren nichts von meinem Vater gehört hatte, und berichtete ihm dann von unserem Auftrag. Er sicherte uns sogleich seine Hilfe zu.
»Eventuell könnte ich Sie in die Cameron Highlands fahren, von dort aus kommen Sie zu Fuß weiter zu dem Dschungeldorf.«
»Darf ich fragen, wie Sie das anstellen wollen?«, fragte ich verwundert.
»Als sich die Briten aus der Stadt zurückzogen, zerstörten sie die Filteranlage der hiesigen Wasserversorgung. Das brachte für die Stadtbewohner nicht nur Unannehmlichkeiten mit sich, sondern auch die Gefahr einer Trinkwasserverseuchung. Es gelang mir, die Japaner davon zu überzeugen, dass ich das Wassersystem reparieren konnte. So blieben nicht nur die Einheimischen, sondern auch die Japaner von Krankheiten verschont. Deshalb erlaubte man mir, weiterhin in meinem Haus zu wohnen und sogar mein Auto zu behalten.«
»Wir wissen Ihre Hilfsbereitschaft zu schätzen, aber wir wollen Sie nicht in Gefahr bringen«, sagte Bill.
»Ich bitte Sie, es sind doch Menschen wie Sie, die uns helfen, die Japaner loszuwerden. Deshalb werde ich gleich alle Vorbereitungen treffen, um Sie in die Berge zu bringen. In der Zwischenzeit fühlen Sie sich hier bitte wie zu Hause. Nehmen Sie erst einmal ein heißes Bad, und meine Frau wird Ihnen etwas zu essen kochen. Die Dienstboten sollten besser nichts von Ihrer Anwesenheit erfahren. Viele Inder sehnen den Tag herbei, an dem die Briten zurückkehren, andere hingegen glauben den Japanern, die behaupten, die Tage der Briten seien unwiederbringlich vorbei. Ich für meinen Teil glaube das nicht, aber andere sind womöglich so naiv und würden sich nicht scheuen, Sie bei den Japanern zu denunzieren.«
Am nächsten Tag verließen wir, noch immer in Sikh-Gewändern, Guptas Haus, um ins Hochland zu fahren.
»Hören Sie, Gupta«, hatte Bill davor zu bedenken gegeben, »unsere Verkleidung ist nicht besonders gut. Wir haben keine Bärte, unsere Haut ist zu hell, meine Augen sind blau. Wenn die Japaner uns anhalten und gründlicher mustern, gehen wir sicher nicht
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