Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
Bill. »Aber die britische Regierung vergisst, dass die Chinesen die Japaner viel mehr hassen als uns, vor allem nach dem fürchterlichen Massaker von Nanking.«
Wir waren also beide ziemlich unzufrieden und kamen zu dem Schluss, dass wir als Freiwillige immerhin die Wahl hatten, wie wir kämpfen wollten. Auch in den folgenden Tagen zogen sich die Briten nur immer weiter zurück, und wir befürchteten, dass bald die ganze malaiische Halbinsel verloren sein würde. Also beratschlagten wir, was nun zu tun war.
»Meiner Meinung nach kommen wir so nicht weiter«, meinte Bill. »Die hirnlosen Tommys haben doch keine Ahnung, was sie hier überhaupt sollen.«
»Ich glaube, wenn wir uns nicht bald absetzen, schnappen uns die Japsen, und was können wir dann noch ausrichten?«
Bill begeisterte sich für die Idee, auf eigene Faust etwas zu unternehmen. »Hör mal, ich hab da so ein kleines Segelboot unten an der Küste. Damit könnten wir nach Colombo abhauen.«
Also beschlossen wir, uns zur Küste aufzumachen, Bills Boot zu holen und nach Ceylon zu segeln. Das Glück war auf unserer Seite, und wir legten die etwa dreißig Kilometer zu Bills Boot an der Küste ohne nennenswerte Probleme zurück. Mit unserem als Fischerboot getarnten Segler brachen wir in der Nacht auf und erreichten bald das offene Meer. Schließlich landeten wir auf den Nikobaren, wo wir glücklicherweise auf einem kleinen Frachter eine Passage nach Colombo bekamen. Wie viel Dusel wir hatten, wurde uns erst im Nachhinein klar, denn wenige Wochen darauf eroberten die Japaner die Nikobaren.
In Colombo stießen wir auf Landsleute und erfuhren, dass Malaya mittlerweile kapituliert hatte. Ein paar Tage später hörten wir, dass die Japaner auch Singapur erobert hatten und Tausende alliierter Soldaten als »Gäste des Kaisers« in Kriegsgefangenschaft geraten waren. Wir waren beide heilfroh, dass wir rechtzeitig den Absprung geschafft hatten. Zwar hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nichts von meiner Frau und meiner Familie gehört, aber ich war zuversichtlich, dass sie das Land noch rechtzeitig hatten verlassen können, und betete inbrünstig, sie mögen in Sicherheit sein. Außerdem quälte mich die Sorge um meine Eltern, und ich hoffte, dass auch sie wohlauf waren.
Am Anfang plagte uns in Colombo das Gefühl, dass wir keinen ausreichenden Beitrag zu diesem Krieg leisten konnten. Wir waren zu weit weg vom Geschehen, auch wenn die Japaner allmählich in Richtung Indien vorrückten. Es gelang uns beiden, Schreibtischjobs bei der Armee zu ergattern, wo wir mit der Truppenlogistik und anderen banalen, aber notwendigen Aufgaben betraut waren. Nach etlichen Monaten wurden wir nach Neu-Delhi verlegt und dem Südostasien-Hauptquartier zugeteilt.
Dass hinter den feindlichen Linien rege spioniert wurde, wussten wir bereits. Als wir aber von der Force 136 hörten, waren Bill und ich fest entschlossen, uns dieser Einheit anzuschließen, um uns richtig nützlich zu machen.
» Die Force 136 bildet Männer aus und schickt sie ins japanisch besetzte Hinterland. Gebraucht werden Ortsansässige wie wir, die das Land, den Dschungel und die entlegeneren Gebiete kennen und Kontakte zu den Einheimischen haben«, erklärte ich Bill.
»Hört sich nicht schlecht an«, meinte Bill. »Sonst weiß ja niemand unsere Vor-Ort-Kenntnisse zu schätzen.«
Also beschlossen wir, unseren Vorgesetzten so lange auf die Nerven zu gehen, bis sie uns schließlich zu dieser Spezialeinheit des Nachrichtendienstes abschoben. Und die Begrüßung dort schmeichelte uns sehr.
»Leute wie euch braucht diese Einheit«, erklärte der Kommandeur. »Ihr kennt die Einheimischen und sprecht ihre Sprachen.«
»Was sollen wir tun?«, fragte ich.
»Wie Sie beide sicherlich wissen«, begann der Offizier, »wurden vor Kriegsausbruch mehrere kommunistische Zellen in Malaya gegründet, deren erklärtes Ziel die Vertreibung der Briten war. Nun, inzwischen hat sich die Lage geändert. Die meisten Roten sind Chinesen, und viele sind zu dem Schluss gekommen, dass die Japaner ein schlimmerer Feind als die Briten sind. Daher haben sie uns einen Waffenstillstand angeboten.«
»Dieser Stimmungsumschwung erstaunt mich nicht, Sir«, entgegnete ich. »Wie können wir ihn zu unserem Vorteil nutzen?«
»Indem wir sie zur fünften Kolonne machen. Sie können auf dem Landweg die feindlichen Linien durchdringen. Dort könnten sie Sabotageakte verüben, aber das darf nicht ihre Hauptaufgabe sein, denn wir wissen, dass die
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