Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)
seufzte, setzte
das Fernglas ab und sprang vom Wagen. Es hatte keinen Sinn, hier zu warten.
Selbst wenn Moses noch am Leben wäre, würde er nicht zurückkehren. Vielleicht
würde er an einem anderen Ort auf ihn, Robert, warten. Er sah hinauf zu den
Bergen. Hier war Moses zu Hause. Von hier hatte er fliehen müssen. Und jetzt
war er vielleicht wieder in seine Heimat zurückgekehrt, um zu sterben. Es war
Moses’ Entscheidung. Wütend trat er gegen einen Stein.
„Warum, Moses!“, schrie
er in die Weite. „Komm verdammt noch mal wieder her!“ Er hörte, wie sein Echo
ganz schwach widerhallte, und das machte ihn noch hoffnungsloser. „Verdammt!“,
murmelte er und ließ seinen Blick ein letztes Mal über die weite Ebene und die
roten Berge schweifen. Er atmete die trockene, nach würzigem Eukalyptus
duftende Luft ein. Moses war gegangen. Er war ein treuer Freund gewesen. Moses
hatte seine Entscheidung getroffen, und die musste er respektieren.
Niedergeschlagen packte
er die Decken zusammen, legte sie in den Wagen unter die Plane zu seiner
Fotoausrüstung und startete den Motor. Er musste nicht nachdenken, wohin er
jetzt fahren würde: Er musste nach Neumünster, zu Emma. Seit jener Nacht hatte
er sie nicht mehr vergessen. Sie hatte sein Leben aus dem Gleichgewicht
gebracht. Dabei hatte er geglaubt, er könnte auf ewig so weiterleben. Jetzt
hatte sich alles geändert: Moses hatte ihn verlassen, Paul Schott war tot, und
John Wittling war von der Mission weggegangen. Mit beiden Händen griff er
ans Lenkrad und trat aufs Gaspedal.
Unter den Reifen spritzte der Sand auf.
Als Emma zum
Gemüsegarten hinüberging, glaubte sie zuerst, der Superintendent käme zurück,
doch dann tauchte aus der Staubwolke der Kühler eines Wagens auf. Sie stellte
den Wasserkanister ab, mit dem sie die Pflanzen gießen wollte, und ging dem
Wagen entgegen. Es stoppte direkt vor ihr und hüllte sie in eine Wolke aus
rotem Staub. Der Fahrer sprang aus dem Wagen. Er war Robert. Sie blieb stehen.
Irgendetwas hinderte sie daran, sich von ihm umarmen zu lassen. Dabei hatte sie
sich doch so sehr nach ihm gesehnt..
„Paul ist tot“, sagte
sie, und in diesem Augenblick hatte sie das Gefühl, als sei das alles schon
sehr lange her. „Ich weiß.“ Robert schob den Hut mit den Schweißflecken aus der
Stirn. Wie erschöpft er aussieht, dachte sie, als hätte er tagelang nicht
geschlafen. „Woher ...“ „Ich habe John Wittling getroffen“, sagte er. „Dann hat
John es doch nach Stuart geschafft?“
Warum machte es ihm
etwas aus, dass sie sich so über diese Nachricht freute? Er ließ seine Arme
hängen, dabei hätte er Emma jetzt am liebsten umarmt. Doch sie wirkte
reserviert und weit entfernt. Er versuchte seine Missstimmung wegzuwischen. „Er
ist vom Sandsturm aufgehalten worden. Wohin er wollte, hat er mir nicht gesagt.
Es kam mir eher so vor, als wäre er sich darüber selbst noch nicht im Klaren.“
Ihr Blick schweifte ab
und verlor sich in der Weite. Was war zwischen ihr und John?, fragte er sich.
Dass John sich zu Emma hingezogen fühlte, war ihm nicht entgangen, aber Emma
hatte sich ihm gegenüber immer sehr kühl verhalten. Oder hatte er etwas
übersehen? Sie sah mitgenommen aus. Ihr helles Kleid war zerrissen und hing an
ihrem Körper, als wäre es ihr zu groß geworden. Im Gesicht und an den Armen
entdeckte er Schürfstellen und Verbrennungen von der Sonne. Ihre Hände waren
rissig und rot von der Arbeit. Das weizenblonde Haar, das ihm damals am Bahnhof
in Marree aufgefallen war und das er so bewunderte und liebte, war zwar zu
einem Knoten gebunden, doch im Nacken und in der Stirn hatten sich Strähnen
gelöst und klebten auf ihrer Haut. Bei dieser verdammten Hitze sollte sie nicht
im Garten arbeiten, dachte er. Wahrscheinlich gab es kaum etwas zu essen. Er
hatte weder Schafe noch Rinder vor der Station entdeckt. Sie musste eine Woche
lang auf der Missionsstation ausgeharrt haben.
„Warum ...“, sagte sie
auf einmal, „... warum sind Sie zurückgekommen?“
Warum sah sie nur so
traurig aus? „Das fragen Sie noch? Emma ...“ „Weil ich die Nacht hier draußen
nicht mehr vergessen konnte“, sagte er leise, „weil ich nur noch an Sie denke,
weil ...“ Weil ich Sie liebe, wollte er sagen, doch er sprach nicht weiter.
Warum stand sie wie
versteinert da und wich seinem Blick aus? „Es ist so viel passiert ... Ich ...
ich glaube, wir sollten hineingehen. Ich mache
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