Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)
uns Tee.“
Im Haus, im Esszimmer,
den Tisch mit dem Spitzentischtuch zwischen sich, fühlte sie sich wieder
sicherer, und sie berichtete ihm, was seit jenem Tag geschehen war, als er
abgefahren war. Er hörte schweigend zu. Ab und zu nickte er oder sah kurz zum
Fenster hinaus. Sie spürte, dass sie allmählich wieder Zutrauen zu ihm fasste.
„Sie wollen an den Bergen Sprengungen vornehmen“, schloss sie. Jetzt fiel ihr
auf, dass sie die Pendeluhr noch immer nicht wieder in Gang gesetzt hatte. Es
war still bis auf das Bellen der Hunde, das gedämpft hereindrang.
Sie betrachtete seine
sonnenverbrannte Stirn, eine
Strähne seines dunklen Haars hing ihm über die Augenbraue. Seine braungrünen
Augen tauchten so tief in ihre, dass sie rasch etwas sagen musste, um nicht die
Fassung zu verlieren.
„Haben Sie nicht erwähnt
...“ Sie straffte ihren Rücken und räusperte sich „... dass die Leute in den
Städten sich für den Busch, die Natur und die Eingeborenen interessieren?“
Wovor hat sie Angst,
dachte er, wovor? Und dann fiel ihm ein, dass sie von ihrem Mann tief verletzt
worden war. Warum bin ich so ungeduldig? Haben wir nicht Zeit? Viel, viel Zeit?
Nein, wir haben keine Zeit.... „Ja“, sagte er schließlich und lehnte sich auf
dem Stuhl zurück. „Ja, es gibt eine ganze Reihe von Kommissionen, die Geld
sammeln, oder Anthropologen ...“
Ihr Gesicht und ihre
Haltung entspannten sich. „Dann müssen wir erreichen, dass man auf uns hier
aufmerksam wird!“ „Ich könnte Fotos zeigen ...“ „Ja!“ Ihr Gesicht glühte
plötzlich vor Eifer. Aus ihren Augen war die Traurigkeit gewichen, stellte er
befriedigt fest. „Aber dann werden vielleicht Leute aus den Städten herkommen
und die Gegend ansehen wollen, und das wird den Eingeborenen auch nicht recht
sein“, gab er zu bedenken. „Solange es so beschwerlich ist ...“ „Es wird nicht
mehr lange so bleiben“, sagte er, „es gibt immer mehr Autos, und die brauchen
Straßen.“
Sie sah kurz auf ihre
von der rötlichen Erde staubigen Hände, die auf der Tischdecke lagen, und er
fragte sich, woran sie wohl gerade dachte. Sie war einen Augenblick lang weit
weg, so kam es ihm vor, weit, weit weg ... Da blickte sie auf. Jetzt, dachte
er, jetzt sollte er ihre Hand nehmen, doch da sagte sie schon: „Nichts kann so
bleiben, wie es ist. Aber wir sollten mit den Eingeborenen sprechen.
Schließlich ist es ihr Land, und es
ist ihre Zukunft. Heute Abend sollten
wir ...“ „Emma ...“ Endlich legte er die
Hand auf ihre, doch rasch zog sie sie weg und stand auf. „Ich muss in den
Garten. Manchmal vergessen die Frauen, die Pflanzen zu gießen, und dann
...“
„Emma, den Pflanzen wird nichts passieren“, sagte er
eindringlich. „Ich muss jetzt nach draußen“, sagte sie mit einer plötzlichen
Unruhe, „wir sehen uns am Abend.“ „Warten Sie, ich hatte ganz vergessen ...“
Aus seiner Jacke, die über dem Stuhl lag, zog er ein Briefkuvert. „Das hat mir
Mrs. Shaw mitgegeben, als ich in Stuart losfuhr.“ Er wusste nicht, was darin
stand, Mrs. Shaw hatte jedoch bemerkt, dass es sehr wichtig sei, und ihn in
ihrer nüchternen Art gebeten, auf keinen Fall zu vergessen, Emma den Brief zu
überbringen.
Sie nahm das Kuvert,
warf einen flüchtigen Blick darauf und steckte es in die Tasche ihres Kleids.
Dann eilte sie aus der Tür. Er hörte nur noch den dumpfen Schlag der
zuklappenden Tür.
14
Am Abend, als sie am
Feuer saßen, erklärte Emma, unterstützt von Robert, der die Sprache besser beherrschte,
den Eingeborenen ihr Vorhaben. „Wir zeigen den Menschen in der Stadt Bilder,
wir schreiben Ihnen einen Brief und bitten sie, sich mit uns dafür einzusetzen,
dass das Land nicht an Minengesellschaften abgetreten wird.“
Nach längerem Hin und
Her, bei dem es vor allem darum ging, was und wen Robert fotografieren sollte,
waren alle einverstanden. Auch der Älteste hatte nichts einzuwenden. Wirinun,
nach dem Emma Ausschau gehalten hatte, war nicht da. Auch Petrus fehlte.
Walkabout, hatte Isi schulterzuckend auf Emmas Frage geantwortet, auch Mani und
sogar der Älteste äußerten sich nicht deutlicher. Hatte Emma sich die Schatten,
die sich dabei über ihre Gesichter legten, nur eingebildet?
Später zog Emma sich in
Pauls ehemaliges Arbeitszimmer zurück und begann im Schein der Lampe einen
Brief an die Missionsgesellschaft zu schreiben.
Hochverehrte Herren und Damen,
ich möchte Sie alle
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