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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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es
    ihnen dann die Jüngeren vor. Aber der Älteste und auch Jalyuri gehörten dem
    Totem der schwarzen Schlange an, und sie durften niemals ihr Totem töten oder
    ihm Schaden zufügen. So blieben sie stehen und sahen zu, wie die Schlange über
    die sandige Erde kroch und in ein Loch an der Wurzel eines Buschs schlüpfte und
    verschwand. „Siehst du“, sagte der Älteste dann, „das sind alles Zeichen
    unserer Vorfahren.“ Jalyuri nickte. Ja, er erkannte die Zeichen an. Aber
    dennoch: Die Macht des Gottes der Weißen war auch groß. Die Dinge lagen nicht
    so einfach, wie der Älteste dachte, der war nicht getauft, hatte keine Bibel
    vom Pastor bekommen, hatte nicht die Kirche mit dem Harmonium besucht, kannte
    nicht die Zehn Gebote. Für den Alten war alles viel leichter als für ihn und
    seinen Bruder. Moses. Ausgerechnet Moses -
    Plötzlich stach der
    Älteste seinen Speer in den Boden und spießte einen Lizard auf. Verzweifelt
    wand sich das Tier im Todeskampf. Der Alte legte das Känguru ab, bückte sich,
    zog den Speer heraus, packte den zuckenden Körper mit der linken Hand und
    hängte ihn an den Gürtel aus Gräsern, den er um seinen Hosenbund gewickelt
    hatte. „Ein guter Tag mit guten Zeichen“, sagte er und lächelte, wie Jalyuri
    ihn schon lange nicht mehr hatte lächeln sehen.

14
    Albert Keil hielt die
    Zügel locker und schnalzte hin und wieder mit der Zunge. „Wir fahren direkt
    durch Adelaide“, sagte er und drehte sich zu seinen Gästen um, „damit Sie
    wenigstens mal eine größere Stadt gesehen haben, bevor Sie zur Missionsstation
    Neumünster aufbrechen.“ Er warf Emma einen freundlichen Blick zu. Die Sonne
    schien von einem blauen Himmel. Es war warm, Blumen blühten. Wie hatte sie das
    auf dem Schiff vermisst! „Hier sind die ersten Siedler Südaustraliens
    angekommen.“ Albert Keil wies auf einen alten, knorrigen Eukalyptusbaum an
    einer Straßenecke. „Unter diesem Baum haben sie die Kolonie Südaustralien
    ausgerufen. Das war vor fast dreiundneunzig Jahren.“
    Emma nahm alles voller
    Neugier auf. Je näher sie der Stadt kamen, desto mehr Betrieb herrschte.
    Droschken fuhren an ihnen vorbei, darin saßen Herren in dunklen Anzügen oder
    Damen in altmodisch wirkenden rüschenbesetzten Kleidern und großen Sonnenhüten.
    Hinter ihnen erscholl ein lautes Klingeln und Rattern. Albert Keil lenkte die
    Droschke nach links, und gleich darauf rumpelte und quietschte eine von Pferden
    gezogene Straßenbahn vorbei. Sie fuhren mitten durch die Stadt, und ihr
    Kutscher deutete mal nach rechts und mal nach links, auf Gebäude, auf Parks,
    auf breite Straßen und wusste zu allem ein paar Worte zu erklären. Der
    Botanische Garten war von einem Deutschen angelegt worden, und dort stand die
    Townhall, da das Parliament House - Betrachten Sie die Marmorsäulen! - da
    drüben in diesem herrlichen Garten: das Government House ...
    Und überall waren
    Menschen, die Wagen beluden, Geschäfte besuchten, Zeitungen verkauften. Ein
    chinesischer Händler, klein und schmächtig, mit einem riesenhaften dreieckigen
    Hut auf dem Kopf, zog einen Leiterwagen hinter sich her, auf dem zwei große
    Holzkisten gestapelt waren. Eine Familie, alle, selbst die Frau, in alten,
    abgetragenen Overalls und mit löchrigen Hüten, belud einen Pferdewagen mit
    unzähligen Bündeln, und da: die erste Eingeborene! Emma schaute hinüber zu der
    jungen schwarzen Frau, ein Kind fast noch, in gestärkter weißer Schürze, die
    ihrer Herrin Pakete schleppend hinterher stolperte.
    Als sie die Stadt hinter
    sich gelassen hatten, breitete sich eine hügelige, grüne Landschaft aus.
    Menschen arbeiteten auf Getreidefeldern, manchmal sahen sie auf, wenn die
    Droschke vorbeifuhr, und winkten mit ihren Hüten; Pferde und Rinder grasten auf
    eingezäunten Weiden, Frauen hängten Wäsche auf, Enten und Gänse gackerten aus
    Drahtverschlägen, Kinder spielten unter den vorgezogenen Dächern der Veranden,
    und über all dem spannte sich ein blauer Himmel, an dem kleine weiße Wolken
    standen.
    Nicht nur Deutsche
    siedelten im Barossa Valley, erklärte ihnen Albert Keil. Auch Engländer,
    Schotten und Iren ließen sich dort nieder. Sie waren Lutheraner, Anglikaner,
    Methodisten, Presbyterianer oder Katholiken. Aber die Deutschen mit ihren
    zahlreichen Festen, ihren Traditionen und Gesangvereinen beherrschten das
    kulturelle Leben. „Hier ist übrigens die größte Weingegend des ganzen Kontinents“,
    fügte er hinzu. „Trinken Sie

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