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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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die mitten auf der Wiese unter den Obstbäumen aufgebaut worden
    war. Das weiße Tischtuch wehte im Wind und wurde nur durch die Teller, Bestecke
    und Gläser daran gehindert, wegzuflattern. Alles war bereit und wartete auf die
    Hauptpersonen. Ein Stich durchfuhr sein Herz. Doch sogleich bat er Gott um
    Verzeihung. „Herr“, murmelte er und sah hinauf in den strahlend blauen Himmel,
    „hilf mir, mich von Neid und Eifersucht zu befreien!“ Eine donnernde Stimme
    ließ ihn herumfahren. „Bruder John!“ Pastor Emig, trotz seines Gichtleidens
    noch immer mit aufrechter Haltung, überragte John um eine Kopflänge. Auf dem
    zerbrechlichen Körper, der sich auf einen Krückstock stützen musste, ruhte ein
    mächtiger Kopf, der von schneeweißem, vollem, gewelltem Haar und einem längst
    aus der Mode gekommenen und darum umso auffälligeren Backenbart umrahmt wurde.
    Ein alter, weiser Löwe, dachte John und blickte in die hellen, klaren Augen von
    Pastor Emig, die ihn durchdringend, aber doch mit einer freundlichen Wärme
    ansahen. „Ich möchte Ihnen von Herzen alles Gute für die nächste Zeit wünschen,
    John Wittling. Sie haben sich ja sehr für die Mission eingesetzt!“ John dachte
    an die Arbeit, die er geleistet hatte. Schon seit Monaten war er damit
    beschäftigt, sich um den Kauf von Proviant, Schafen und Rindern zu kümmern.
    Auch oblagen ihm die Anschaffungen der wichtigsten Dinge, die man in der ersten
    Zeit in Neumünster brauchen würde; neben Lebensmitteln Bettwäsche, Bügeleisen,
    Nähmaschine auch Handwerkszeug wie Hämmer, Pickel, Nägel, Schrauben, Sägen ...
    Es stand nun alles in großen Kisten in Adelaide bereit und wartete nur noch auf
    die Weiterfahrt nach Oodnadatta. Dann würde alles auf Kamelrücken geschnallt
    und siebenhundert Kilometer weit durch Wüste und unwegsames Gelände bis zur
    Missionsstation transportiert werden.
    „Lieber Bruder John ...“
    Pastor Emig legte seine knöcherne Hand auf John Wittlings Schulter. Die Hand
    blieb dort und fühlte sich unangenehm an. Körperlicher Kontakt war ihm zuwider.
    Wie konnte er bloß möglichst unauffällig diese Hand da wegbekommen? „Sie geben
    der Kirche und den Menschen etwas so Wunderbares zurück. Pastor Gingrich hat
    mir alles über Sie berichtet ...“ Sein Lächeln wurde mitfühlend, was John gar
    nicht ertragen konnte. Doch der Pastor sprach weiter: „Es gehört viel Größe
    dazu, das zu tun“, er nickte nun bedächtig, der alte Löwe, „Sie sind ein
    Vorbild für ...“ John wollte nichts mehr davon hören! Genug! Er schluckte.
    Diese Hand fühlte sich immer knochiger auf seiner Schulter an. „Geht es ihm
    besser?“, hörte er dann den Pastor fragen. Dessen hohe Stirn runzelte sich, und
    die hellen Augen schienen ihn zu durchleuchten. Wenn er nur endlich seine Hand
    von meiner ..., dachte er, riss sich aber zusammen und sagte: „Ja, ich habe
    gestern einen Brief von ihm ...“ Endlich, die Hand! Pastor Emig nahm die Hand
    von seiner Schulter - John Wittling atmete auf – „... erhalten. Er muss
    sich schonen. Sein Herz ...“ „Ja, sicher. Ach, Pastor Gingrich hat so
    Großartiges geleistet“, sprach Pastor Emig weiter und nickte bedächtig. „Sein
    Kinderheim in Adelaide war ja nicht nur für Sie, John, eine neue Heimat nach
    ...“ Er soll endlich seinen Mund halten!, hallte es John in den Ohren. „Ja, ich freue mich wirklich auf die
    neue Aufgabe“, unterbrach er den Pastor rasch. Der Pastor stutzte kurz und hob kaum
    merklich die buschigen weißen Augenbrauen. „Tja, es wird nicht einfach sein.
    Die Mission ist immerhin seit anderthalb Jahren unbesetzt.“ Längsfalten gruben
    sich in seine helle Stirn, der die vielen in der australischen Sonne
    verbrachten Jahre offensichtlich nichts hatten anhaben können. „Wir werden es
    schaffen“, sagte John mit einem Tapferkeit ausstrahlenden Lächeln, „mit Gottes
    Hilfe.“ Ja, ich werde es schaffen, dachte er für sich. „Ja.“ Pastor Emig atmete
    tief durch. Sein Augen ruhten einen Moment auf John.
    Was denkt er, fragte
    sich John, was wägt er gerade ab? Ob ich es wert bin, mir etwas anzuvertrauen?
    „Wissen Sie, John“, sprach Pastor Emig schließlich weiter, „seitdem ich hierher
    gekommen bin, und das war vor zweiundzwanzig Jahren, habe ich diese
    Missionsstation unterstützt. Es ist noch zu früh, sie aufzugeben. Wir sind noch
    nicht so weit. Wir brauchen Geduld mit den Eingeborenen.“ Er räusperte sich.
    „John?“ Wieder dieser Blick, als will

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