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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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hob seine Hand. Emma
    nickte er zu.
    „Ich freue mich, dass es Ihnen besser geht, Sam.“ Paul beugte
    sich zu ihm hinunter und schüttelte seine Hand. „Mit dem nächsten Zug geht’s
    wieder heim.“ Sam strahlte. „Sie sind ein medizinisches Rätsel, Mr. Ellington.“
    Dr. Brown stand am Vorhang, die Arme in die Hüften gestemmt, und musterte den
    Patienten argwöhnisch, als rechne er jeden Augenblick mit einer dramatischen
    Verschlechterung seines Zustands. Sam grinste. „Tja, so schnell bringt mich
    nichts um, das hat schon meine Frau gesagt.“ „Sam?“ Emma wagte es, sich
    einzuschalten, „erinnern Sie sich, dass Sie etwas von einem Knochen gesagt haben?“
    Augenblicklich verdüsterte sich Sams Mine, und sein Lächeln verschwand. Den
    missbilligenden Blick von Paul übersah Emma geflissentlich. „Ich ...“ Sam brach
    ab, sah erst Paul, dann den Doktor an, fragend, unsicher ... Er wollte ganz
    offensichtlich nicht daran erinnert werden. Vielleicht war ihm die ganze Sache
    plötzlich peinlich geworden, vielleicht fürchtete er, man würde ihn für einen
    Simulanten halten. „Mich würde das auch interessieren“, sagte nun Dr. Brown und
    legte die Stirn in Falten. Sam suchte Hilfe bei Paul, der ihm zunickte und ihn
    zu einer Antwort ermutigte. „Also, ich hab’ wirklich gedacht, dass ...“ Wieder
    brach er ab, kaute verlegen auf seiner aufgesprungenen Unterlippe herum, bis
    Dr. Brown sagte: „Sie haben gedacht, dass ...?“ „Ja, Mann, ich hab’ gedacht,
    dass dieser Blackfeller-Doktor sich an mir rächen will.“ Auf Pauls fragenden
    Blick hin erklärte Dr. Brown, dass damit der Medizinmann der Eingeborenen
    gemeint sei. „Warum sollte er das denn tun wollen, Mr. Ellington?“ „Mann, Doc,
    wie soll ich’s sagen?“ Verzweifelt suchte Sam nach Worten. Irgendwie tat er
    Emma Leid. „Haben Sie etwas getan, was die Eingeborenen verärgert hat?“,
    versuchte Emma ihm zu helfen. Tatsächlich nickte er erleichtert, erklärte aber
    nichts weiter. „Was?“ Das kam nun von Paul.
    Sam fühlte sich
    sichtlich unwohl. Drei Menschen starrten ihn an und erwarteten eine Antwort,
    die ihm offensichtlich unangenehm war. Irgendwo in einer anderen Kabine hustete
    jemand. Von draußen drangen Rufe, die nicht zu verstehen waren, herein. „Da war
    gar kein Gold“, brachte Sam schließlich hervor. „Ich hab’ gegraben, aber da war
    kein Gold. Es war in der Nähe von einer Höhle ... Woher sollte ich denn wissen,
    dass das was Heiliges ist?“ Er schüttelte den Kopf, seine Stimme war jetzt
    forscher geworden. „Überall gibt’s verdammte Höhlen. Egal. Jedenfalls hab’ ich
    in dem Creek nichts gefunden. Ich schwör’s.“ „Und als die Eingeborenen Sie
    bemerkt haben, haben sie ...“ Aufgebracht unterbrach Sam den Arzt. „Ja, da hat
    einer von den Wilden meine Spitzhacke genommen und hat auf mich gezeigt. Mann,
    das war ein verfluchtes Gefühl! Ich hab’ gedacht, der erschlägt mich jetzt,
    spaltet mir mit dem Ding meinen Schädel!“ „Was er aber dann nicht getan hat“,
    ergänzte Dr. Brown. „Nein. Sie haben mich gehen lassen. Ohne meine Hacke. Ich
    hab’ gemacht, dass ich fortkam.“ „Und dann wurden sie krank“, sprach der Arzt
    weiter. Sam nickte wieder. „Und dann hab’ ich wirklich gedacht, dass das mit
    der Spitzhacke zu tun hat.“ „Aber warum haben Sie dann den Knochen erwähnt?“, fragte
    Emma. „Weil ich wusste, dass man das so nennt, wenn sie einen verhexen. Sie
    zeigen mit dem Knochen auf einen. Bei mir war’s meine Hacke.“ „Nun“, sagte
    Paul, „dieser Hokuspokus ist jedenfalls vorbei. Sie müssen beten, Sam.
    Vielleicht wollte Gott Sie ja ans Beten erinnern.“ Sam sah ihn verständnislos
    an. „Sie meinen, nicht die Eingeborenen haben mir das Fieber gemacht, sondern
    ... sondern Gott?“ Paul nickte lächelnd. „Vielleicht. Gottes Wege sind
    verschlungen. Wir erkennen oft nicht, wohin er uns führt.“ Alle schwiegen, bis
    Dr. Brown sich räusperte. „Also, wie auch immer, der Patient macht einen
    gesunden Eindruck, und ich muss wieder an die Arbeit.“ Mit diesen Worten drehte
    er sich um und verschwand hinter dem Vorhang. Auch Paul und Emma
    verabschiedeten sich. Schweigend gingen sie mit ihrem Gepäck in Richtung
    Bahnhof. Eine seltsame Geschichte, dachte Emma. Paul war der festen
    Überzeugung, dass Gott Sam diese Prüfung auferlegt hatte. Sie wünschte, sie
    wäre so fest im Glauben wie Paul ...
    Das einstöckige Bahnhofsgebäude
    aus rötlichem Stein

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