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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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der Russels.“ Ärgerlich,
    dachte er und sagte seufzend: „Das ist aber sehr bedauerlich!“ „Tja, Sie sind
    einfach zu spät gekommen!“ Sie lächelte neckisch, was er an einer Frau ihres
    Alters und ihres Aussehens albern fand. „Sie haben gerade die neuen Missionare
    von Neumünster verpasst!“
    Das ist die neue Missionarin? Die zierliche Frau mit dem weizenblonden Haar? Er
    hatte Mrs. Warton gerade fragen wollen, ob sie die Dame kannte. Was, zum
    Teufel, macht eine solche Frau hier draußen? Sofort schlug sein Herz schneller.
    Manchmal dachte er, bin ich wie ein Jäger, den die Jagd erregt ...
    „Tatsächlich?“, fragte er betont gleichgültig. Mrs. Warton nickte eifrig. Er
    wusste, dass sie es liebte, Neuigkeiten preisgeben zu können. „Ja!“ Sie
    lächelte verschmitzt. „Also, vielleicht sollten Sie ein paar Fotografien in
    Neumünster machen.“ Sie zwinkerte kokett. Er stellte sich dumm. „Ach, ja?“ „Ja
    ...“ Wieder dieses Lächeln. Dann seufzte sie und blätterte lange im aufgeschlagenen
    Gästebuch. „Ich frag’ mich immer, was die Leute zu solchen Unternehmungen
    treibt.“ „Das fragen sich viele bei Ihnen sicher auch, Mrs. Warton? Was hat Sie
    denn hierher verschlagen?“ Eigentlich war es ihm egal, aber er wollte noch ein
    paar weitere Informationen aus ihr herauskitzeln. „Oh, bei mir war’s die
    Liebe.“ Sie zupfte an ihrer Schürze. „Na ja, und jetzt ist’s zu spät, um noch
    was anderes zu tun.“ Mit einem tapferen Ausdruck sah sie ihn an. Er horchte auf
    und sagte: „Bei den Missionaren ist es wahrscheinlich auch die Liebe.“ Sie
    schüttelte den Kopf mit dem strengen Knoten. „Oh, nein, glücklich sahen die
    beiden nicht aus.“ „Es gibt gute und schlechte Tage in der Liebe, Mrs. Warton“,
    sagte er besonders beiläufig und trug sich ins Gästebuch ein, das sie in seine
    Richtung gedreht hatte. „Ach, das brauchen Sie mir nicht zu sagen, Mr. Gordon!“
    Sie winkte ab und setzte wieder ihr neckisches Lächeln auf. „Ich glaube, da
    habe ich mehr Erfahrung als Sie, ich meine, was die Ehe angeht, aber ...“, sie räusperte
    sich und vergewisserte sich mit einem schnellen Blick nach links und rechts,
    dass wirklich kein ungebetener Zuhörer in der Nähe war, „... aber im Ernst: Ich
    glaube, diese Mrs. Schott wird es mit ihrem Mann nicht leicht haben. Wenn Sie
    mich fragen, dann ist er ein fanatischer Prediger!“ Er lachte. Er hatte gar
    nicht gewusst, über welch rasches Urteilsvermögen Mrs. Warton verfügte. „Der
    Zahn wird ihm schon noch gezogen werden, in Neumünster, meinen Sie nicht?“ Sie
    nickte und schlug die Hände zusammen. „Wer weiß, was für ein Drama diesmal
    passiert!“ Ihm war klar, dass sie damit auf das Verschwinden der Missionare
    anspielte. „Es muss ja nicht alles schlecht enden, oder?“ „Nein, natürlich
    nicht, aber ... ach ...“ Sie griff unter die Theke. „Sie wollen doch sicher
    ihren Schlüssel, nicht wahr?“ Er nahm ihn lächelnd entgegen. Sie erwiderte sein
    Lächeln. „Haben Sie neue Bilder? Oh, ich bin schon so gespannt!“ „Warten Sie es
    ab!“
    Er nahm den Schlüssel
    und ging mit seinem Gepäck die Treppe hinauf. Er hatte eine ganze Menge Fotos
    in den letzten vier Monaten gemacht. Von der Universität Adelaide hatte er den
    Auftrag, das Leben der Aborigines in Südaustralien zu dokumentieren.
    Anthropologen, Politiker, Wirtschaftsvertreter, Investitions-Agenturen, sie
    alle hatten ein Interesse an den Ureinwohnern. Die einen wollten sie wie
    Ausstellungsstücke in einem Museum herzeigen, die anderen verfolgten ihre
    Assimilierung und ihr allmähliches Verschwinden, wieder andere wollten sich
    einen Überblick über billige Arbeitskräfte verschaffen. Er lebte von diesen
    Interessen. Zuerst hatte er versucht, nur für Anthropologen zu arbeiten, doch
    dann hatte er feststellen müssen, dass auch sie die Eingeborenen für ihre
    Zwecke ausnutzten. Dann hatte er von jeder dieser Gruppen Aufträge angenommen. Also, auch er lebte
    von den Eingeborenen, da machte er sich nichts vor. Dass er Moses dabei hatte
    und ihn bezahlte, machte ihm ein besseres Gewissen. Er band das rote Halstuch
    ab und weichte es in einer Schüssel mit Seifenwasser ein.
    Als er sich am
    Waschtisch gründlich wusch, Wasser in sein von Sonne und Wind gegerbtes, braun
    gebranntes Gesicht spritzte, sich die tagealten Bartstoppeln von den Wangen und
    dem kantigen Kinn rasierte, das dunkle nasse Haar sorgfältig aus der Stirn
    kämmte, dachte er

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