Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)
begann,
den Kamelen, die geduldig in einer Reihe lagen, Decken aufzulegen, begannen
Paul, John und Ian die Kisten aus dem Schuppen zu schleppen, über dessen
dunklem Eingang in großen Lettern geschrieben stand: Hassan Khan Transport. Für
Emma blieb nichts zu tun. Sie fand sich mit ihrer Rolle als Zuschauerin ab und
beobachtete, wie Hassan und sein junger Helfer mit den Kamelen umgingen. Die
Kamele hatten in ihrer Nase einen Pflock, an dem ein Seil befestigt war, das
wiederum am Sattel des vor ihm liegenden Kamels endete. Dieses hatte ebenfalls
einen Pflock mit einem Seil, das zum Sattel des nächsten Kamels geführt wurde.
Auf diese Weise schien gewährleistet, dass sie stets im selben Abstand
marschierten. Emma konnte sich vorstellen, dass der Nasenpflock selbst für die
stoisch wirkenden Kamele sehr schmerzhaft war.
Sie musste zugeben, dass
Hassan seine Arbeit gut machte. Jede Bewegung seiner zähen, sehnigen Gliedmaßen
wirkte so, als hätte er sie schon tausendmal ausgeführt. So wenig sie ihn
mochte, vermittelte er ihr doch das Gefühl, dass sie sich auf dem langen Weg
auf sein Wissen und seine Erfahrung verlassen konnte. Die beiden Pritschenwagen
machten einen recht robusten Eindruck. Doch die Kisten, Fässer und Kanister,
die die Männer dort hinaufhievten, schienen ein gehöriges Gewicht zu haben, und
Emma mochte sich nicht vorstellen,
wie alles wieder abgeladen werden musste, weil eine Achse oder ein Rad
gebrochen war.
Sie ließ ihren Blick
gerade hinüber zum Hotel schweifen,
als sie den Polizisten heranreiten sah. „Sie machen sich also heute auf,
ja?“ Er glitt vom Pferd hinunter. Emma wies zu den Männern hin. „Wie Sie sehen,
ist eine Menge zu tun, aber ich bin leider überflüssig.“ Er lachte auf. „Sie
werden schon noch genug zu tun bekommen! Passen Sie jedenfalls auf sich auf. Es
werden ein paar Leute vermisst. Drei Goldgräber. Sie sollten schon vor Tagen
hier sein. Kein Mensch hat sie
gesehen.“ „Vielleicht haben sie sich verirrt.“ Sie dachte an die immer gleiche Landschaft, durch die sie
mit dem Zug gekommen waren. „Sie hatten einen Eingeborenen-Führer dabei, und
die kennen sich normalerweise aus.“ Er zuckte die Schultern. „Tja, Sie haben ja
Hassan Khan dabei, der kennt den Weg wie seine Westentasche. Auf ihn können Sie
sich verlassen. Sollte die eine oder andere Wasserstelle ausgetrocknet sein - er
kennt mit Sicherheit eine andere. Sein Onkel, der auch ein
Transport-Unternehmen hier führt, hat übrigens im Krim-Krieg gekämpft und einen
Orden von Königin Victoria verliehen bekommen.“ Sie stellte sich gerade vor,
wie weit dieser Mann gereist war, um in einem fremden Land für eine Königin,
die er nie gesehen hatte, und für Ideen, die ihn nichts angingen, sein Leben
einzusetzen. Sein Blick kehrte zu ihr zurück. „Ich wünsche Ihnen jedenfalls
alles Gute.“ „Ach, Officer?“ Sie kämpfte kurz mit sich, ob sie wirklich die
Frage stellen sollte, deren Antwort sie vielleicht nur noch mehr beunruhigen
würde. Er sah sie mit erwartungsvoller Freundlichkeit an, nun musste sie ihn
doch fragen. „Kannten Sie eigentlich unsere Vorgänger in Neumünster, Pastor
Hermann Weiß und seine Frau Margarete?“ Er schob seinen Hut ein wenig zurück,
kratzte sich am Ohr, und nickte schließlich. „Ja. Ich war mal oben in Stuart,
da habe ich sie getroffen.“ „Stimmt es, dass Margarete Weiß ... verrückt
geworden ist?“ Er runzelte die Stirn. „Haben Sie das gehört? Nun, ich weiß
nicht. Es wird einfach zu viel geredet. Wahrscheinlich hat sie die Einsamkeit
nicht ertragen. Ist ja auch nicht gerade leicht.“ Er rückte den Hut zurecht,
lächelte kurz, als ob damit alles erklärt wäre. Ganz offensichtlich wollte er
sich nicht näher mit der Angelegenheit befassen. „Ach, beinahe hätte ich’s
vergessen.“ Er zog ein Kuvert aus seiner Jackentasche. „Für Ihren Mann. Alles
Gute!“ Er nickte ihr freundlich zu und stieg dann auf sein Pferd, zog am Zügel,
wendete und ritt davon.
„Was wollte der
Polizist?“, hörte sie Paul. Er kam auf sie zu und wischte sich den Schweiß von
der Stirn. Er hatte die Ärmel seines weißen Hemdes hochgekrempelt und die
oberen Knöpfe der schwarzen Weste aufgeknöpft. „Ein Telegramm.“ Er nahm das
Kuvert. „Dafür hat er aber lang mit dir gesprochen.“ „Ich habe ihn nach Hermann
und Margarete Weiß gefragt.“ „Warum?“ „Warum? Warum denn nicht?“ „Du nährst
damit doch
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