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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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hatten die ganze Fahrt
    im offenen Waggon verbracht. Was würde mit ihnen geschehen? Gab es hier ein
    Gefängnis? Sie sah einen Polizisten in seiner Uniform aus kurzen Hosen,
    Kniestrümpfen und einem breitkrempigem Hut auf einem Pferd. Er war der einzige
    Mann, der sich an den Rand seines Hutes griff und sie grüßte, ohne sie
    anzustarren. Sie lächelte zurück. Wenn er wüsste, wie dankbar ich ihm dafür
    bin, dachte Emma. Mit dem Koffer in der Hand eilte sie hinter Alma und den
    Bartletts her, über die staubige Hauptstraße, an der das Hotel lag, ein lang
    gezogenes Gebäude mit einer Veranda vor dem Eingang. Sie wollte gerade hinter
    den Bartletts die Stufen hinaufsteigen, als sie aus den Augenwinkeln eine
    Bewegung wahrnahm. Sie wandte sich nach links und zuckte zurück. Sie sah in das
    schwarze, glänzende Gesicht eines Eingeborenen, der sofort seinen Blick senkte.
    „Was ...“, stammelte sie und bemerkte, dass Alma gerade im Eingang des Hotels
    verschwand, während sie, von einer plötzlichen Panik ergriffen, überlegte, was
    sie jetzt tun sollte. Doch es fiel ihr nichts ein und so betrachtete sie ihn.
    Er war so groß wie sie, sehr schlank und hatte lange Beine. Auf seinem nackten
    Oberkörper zeichnete sich jeder Muskel ab. Drei breite Narben liefen quer über
    seine Brust. Seine Haut war schwarz wie - sie suchte nach einem Vergleich -
    schwarz wie das dunkelste Holz, das sie jemals gesehen hatte. Sein schwarzes,
    glänzendes Haar wurde von einem orangefarbenen Band aus der hohen Stirn
    zurückgehalten. Er trug einen Bart, den er wohl hin und wieder stutzte. Sie sah
    auf seine Füße. Er trug keine Schuhe. Seine langen Hosen waren von
    undefinierbarer Farbe und hatten überall Risse. Ein Schauer überlief sie. War
    es Angst? Was wollte er von ihr? Einen Augenblick lang wollte sie sich einfach
    abwenden und weitergehen, doch da war etwas in seinem Wesen, das ihr allmählich
    die Angst nahm.
    Sie stellte den Koffer
    ab und streckte die Hand aus. Was sollte sie sonst tun? „Ich bin Emma Schott.“
    Unsicher sah der Eingeborene ihre Hand an. Hatte sie etwas falsch gemacht?
    Schüttelten sich Eingeborene untereinander nicht die Hand? Nein, wahrscheinlich
    taten sie das nicht ... Sie starrte auf ihre ausgestreckte Hand und wollte sie
    schon wieder sinken lassen, als er seinen Arm ausstreckte und ihr die Hand gab.
    Seine Haut fühlte sich trocken und rau an. Und wie leicht sein Händedruck war.
    „Wie heißt du? Wo wohnst du?“ Er zögerte, seine Augen wichen ihrem direkten
    Blick aus. Schon glaubte sie, er habe sie nicht verstanden oder wolle nicht
    antworten, als er schließlich doch den Mund öffnete, sodass weiße Zähne unter
    seinem schwarzen gekräuselten Bart aufblitzten. Mit leiser, sanfter Stimme
    sagte er: „Petrus.“ Er drehte sich um und wies in eine unbestimmte Ferne. Sie
    wartete auf eine Erklärung, doch er sah sie nur kurz aus seinen schwarzen,
    klaren Augen an, murmelte etwas, machte dann kehrt und verschwand in der
    Richtung, in die er gedeutet hatte.
    Sie sah ihm nach, bis
    die Dämmerung seinen Schatten verschluckte. Merkwürdig, dachte sie, was wollte
    er von ihr? Sie war wollte gerade ihren Koffer wieder hochnehmen, als sie
    plötzlich den Polizisten neben sich bemerkte. Er war abgestiegen und hielt sein
    Pferd am Zügel. „Alles in Ordnung, Lady?“ Er war klein und gedrungen und tippte
    an die Krempe seines Hutes. „Ja, danke, Officer“, beeilte sie sich zu
    versichern. Er mochte kaum älter sein als sie selbst, schätzte sie. Sein
    rundliches Gesicht war glatt rasiert und von gesunder Gesichtsfarbe. „James
    Guttrup“, stellte er sich vor und griff wieder an den Hutrand. „Emma Schott.“
    Er hob die Augenbrauen. „Ah, Sie sind die Missionarin für Neumünster.“ „Ja, hat
    sich das denn bis hierher herumgesprochen?“ „Ach, Sie glauben nicht, wie
    schnell sich bis hierher etwas herumspricht. Die Leute sind hungrig nach
    Neuigkeiten!“ Er deutete auf ihren Koffer. „Sie reisen doch nicht allein, oder?
    Wo ist denn Ihr Mann?“ „Noch am Zug, er muss das Abladen überwachen.“
    „Verstehe. Darf ich Ihnen dann behilflich sein?“ Er machte mit dem Kinn eine
    Bewegung zu ihrem Gepäck. „Der Koffer sieht nicht gerade leicht aus.“ „Ja, da
    haben Sie Recht.“ Er schlug den Zügel um das Holzgeländer am Hoteleingang und
    bückte sich zu ihrem Koffer, als sie ihn mit einer Frage innehalten ließ: „Darf
    ich Sie etwas fragen, Officer?“ „Sicher, wenn ich die

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