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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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der Zug an den Riemen in seiner Hand nach. Paul kam ihm
    entgegen und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Er trug wie John
    einen Filzhut mit breiter Krempe. Hassans Hund, dem man die Abstammung vom
    Dingo deutlich ansah - hatte er doch dessen wölfische Augen, die spitze
    Schnauze und das kurze helle Fell -, sprang freudig um Pauls Beine herum.
    „Ian wird mit den Schafen am Angle Pole Waterhole lagern.“
    Paul schob den Hut in den Nacken, als er zu John sah. Auf seinem Gesicht
    schälte sich die empfindliche Haut ab. „Hier ist ein kleineres Wasserloch, das
    für unsere Tiere reicht, meint Hassan.“ John sah genauer hin: Vor ihnen
    breitete sich ein dicht mit Büschen und Gräsern bewachsenes Areal aus. Auch ein
    paar Bäume wuchsen hier und würden ein wenig Schatten spenden. Kein schlechter
    Platz. Die unerwartet frühe Rast kam ihm nicht ungelegen. Sein Rücken und seine
    Beine schmerzten.
    Die nächsten Stunden
    verbrachten sie damit, sich um die Tiere zu kümmern. Zuerst füllten die Männer
    die acht Wassertanks wieder auf, während Emma Wasser zum Waschen der Kleider
    schöpfte. Dann führte John die Pferde zum Wasserloch, das einen Durchmesser von
    etwa dreißig Fuß hatte, und Paul schirrte die Rinder aus. Sie bekamen als
    Nächste zu trinken. Zuletzt waren die Kamele an der Reihe, da sich die Rinder
    und Pferde vor dem Wildgeruch fürchteten. Zwanzig Liter Wasser trank ein
    einziges Kamel, mehr als doppelt so viel wie ein Rind. Und welch einen Anblick
    bot ein benutztes Wasserloch! Die Ränder waren zertreten, Schlamm war
    aufgewühlt, überall lag der Kot der Tiere. Nachdem alle Tiere getrunken hatten,
    war das anfänglich recht sauber aussehende Wasserloch zu einem schlammigen
    Pfuhl geworden.
    Emma kniete vor einer
    Mulde, die sie mit einem Leintuch ausgeschlagen hatte, um das Wasser, das sie
    hineinschüttete, am Versickern zu hindern. Alma hatte ihr diese Art zu waschen
    gezeigt. Mit einer Bürste schrubbte sie ihre und Pauls Kleider auf dem
    Waschbrett. Eine gewaschene Bluse flatterte im Geäst eines kümmerlich dürren
    Eukalyptusbaums im Wind. John bestand darauf, seine Kleidung selbst zu waschen,
    was er auch stets sorgfältig in einem Eimer tat. Dabei hatte sie anfangs
    geglaubt, er sei sich für jede Arbeit zu schade. Noch immer machte er einen
    gepflegten Eindruck. Er frisierte und rasierte sich sorgfältig, während Paul
    nur das Nötigste tat, und das möglichst rasch und ohne Freude.
    Der Wind hatte Strähnen
    aus ihrem Zopf gerissen, wehte sie ihr immer wieder ins Gesicht, sodass sie sie mit den Händen
    voller Seifenlauge zurückstreichen musste. Schweiß überzog jede Stelle ihres
    Körpers, und sie hatte das Gefühl, einen unangenehmen Geruch zu verströmen.
    Sobald es dunkel würde, würde sie sich mit dem Wasser aus dem Wasserloch
    ausgiebig waschen. Seit gestern hatte sie ihre Monatsblutung und fühlte sich
    noch schmutziger. Die Schmerzen waren gestern viel schlimmer als sonst gewesen,
    und das Sitzen auf dem harten Kutschbock hatte sie fast umgebracht. Heute
    hatten die Schmerzen glücklicherweise nachgelassen, aber ihre Glieder waren
    schwer wie Blei, und jede Bewegung kostete sie Überwindung und unermessliche
    Kraft. Sie konnte nichts essen. Allein die Erinnerung an Geruch und Geschmack
    des gepökelten Fleischs rief Ekel in ihr hervor.
    Die Tage auf dem Wagen neben ihrem
    schweigsamen Mann zehrten von ihren Reserven. Manchmal erinnerte sie sich an die
    Wochen auf dem Schiff, wie sie zusammen tanzten, die Sonnenuntergänge und die Sterne
    betrachteten, sie an ihn gelehnt, in seinen Armen. Ja, es hat glückliche
    Stunden gegeben, dachte sie wehmütig. Aber hatte dahinter nicht auch die
    Unaufrichtigkeit, ja die Lüge gestanden? Einige Male während der langen Stunden
    auf dem Kutschbock hatte sie ihn nach dem Brief fragen wollen, doch sie
    fürchtete einen Tobsuchtsanfall, und so hatte sie schließlich doch geschwiegen.
    Sie hielt im Schrubben
    inne und sah auf. Hassan, der gerade die Vorderfüße eines Kamels
    zusammengeschnürt hatte, blickte zu ihr herüber, wandte sich jedoch rasch ab.
    Obwohl er ihr unangenehm war, hatte sie doch bemerkt, dass ihre Neugier wuchs:
    Wie sicher und selbstverständlich er mit den Tieren umging, wie er sich mit
    ihnen ohne Worte zu verständigen schien, welch eine Autorität er ihnen
    gegenüber ausstrahlte ... Dieser Mann schien dazu geboren zu sein, mit Kamelen
    und Pferden durch lebensfeindliche, endlose Wüsten zu

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