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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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dunkle Ringe. Allein die Sonnenbräune,
    die sie trotz des breitkrempigen Huts bekommen hatte, ließ sie nicht ganz so
    krank aussehen.
    Paul hingegen zeigte
    keine Anzeichen von Ermüdung. Im Gegenteil. Er trieb alle zur Eile an. Für ihn
    galt es, Neumünster so schnell wie möglich zu erreichen. Manchmal ängstigte
    Emma sein Wille, der so leicht in Rücksichtslosigkeit ausarten konnte.
    Hin und wieder trafen
    sie auf Viehtreiber. Einmal kamen ihnen zwei Arbeiter der Telegrafenlinie
    entgegen. Diese hatten zwei Kängurus erlegt und teilten das Essen mit ihnen.
    Sie erzählten, dass sie vor einem halben Jahr aus Port Darwin aufgebrochen
    seien und eine Weile in Stuart, auf der Telegrafenstation, zu tun gehabt
    hätten. Beide wollten noch ein paar Jahre so weitermachen, sich dann eine Frau
    zum Heiraten suchen und sich irgendwo niederlassen. Oder nach Gold graben,
    sagte der eine lachend, und Emma bemerkte, dass er nur noch drei Zähne im Mund
    hatte. „Sie sehen elend aus, Lady“, hatte er beim Abschied gesagt und unter
    seinem Hut die helle Stirn gerunzelt. „Dieses verdammte Land ist nichts für
    weiße Frauen.“ Sie hatte ihm nachgesehen, wie er mit schleppendem Schritt in
    schmutzigen Hosen und löchrigen Stiefeln zu seinem Pferd gegangen, aufgestiegen
    und, ohne sich noch einmal umzudrehen, mit seinem Kameraden davongeritten war.
    Zu Beginn der dritten
    Woche trafen sie einen chinesischen Händler, der mit einem klapprigen Wagen und
    zwei stämmigen alten Pferden von
    einer abgelegenen Farm kam und Richtung Oodnadatta unterwegs war. Er trug einen
    chinesischen Strohhut und war sehr
    klein und dünn. „Chen Lee hat alles, was Helz begehlt“, sagte er mit einer
    leisen, hohen Stimme und nickte dabei unentwegt. Und tatsächlich, das Innere
    des Holzverschlags war voll gestopft mit Stoffen, Töpfen, Schuhen, Tassen,
    getrocknetem Obst, Unterwäsche, Lampen, Fisch in Dosen, einem Fernrohr,
    Büchern, Seifen und Salben. Emma erstand einen Vorrat an Salben, Aspirin und
    Mitteln gegen Übelkeit. Als er davonfuhr, winkte er ihnen zu und lachte.
    Wenige Tage später, in
    der Mittagspause, in der sie wie immer den restlichen Tee tranken und von dem
    Damper aßen, den Emma am Morgen zubereitet hatte, kam das Gespräch auf die
    weitere Route der Reise. Hassan hatte auf die Hügelkette gedeutet, die sich
    weit vor ihnen bläulich im Dunst des Mittags erhob, und erklärt, dass der
    kürzeste Weg da hinüber führen würde. „Wenn alles gut geht, dann drei Tage
    schneller“, sagte er. Drei Tage!, schoss es Emma durch den Kopf. Alles, was
    diese Reise verkürzte, war ihr recht! Wenn sie erst in Neumünster angekommen
    wären, so ihre Hoffnung, würden auch ihre Kräfte zurückkehren. Paul kniff die
    Augen zusammen, schob seinen Hut tiefer in die Stirn und sah zu den Bergen.
    „Was spricht dagegen, Hassan?“ „Ist steil“, antwortete Hassan. „Manchmal zu
    steil für Rinder und für Wagen.“ „Manchmal?“, fragte Paul. Hassan nickte.
    „Manchmal.“ „Aber wir könnten es schaffen?“ Hassan nickte wieder. „Wenn Allah
    will.“ „UNSER GOTT will, dass wir so schnell wie möglich unsere Aufgabe in
    Angriff nehmen“, sagte Paul mit einem leicht tadelnden Unterton. „Nicht wahr,
    John?“ Er blickte zu John, der mit der Teetasse in der Hand schweigend zu der
    Hügelkette sah.
    John zögerte und nahm
    einen weiteren Schluck Tee. „Unsere Wagen sind sehr schwer“, sagte er
    schließlich. „Und manchmal ist eine Abkürzung ein Umweg.“ Paul lachte auf. „Sie
    reden ja schon richtig kryptisch, John Wittling!“ Die Schultern zuckend, rang
    sich John ein Lächeln ab. Er wollte sich nicht mit Paul anlegen. Die letzten
    Wochen hatte John sich sehr zurückhaltend gegeben. „Wenn unsere Vorgänger so
    zögerlich wie Sie gewesen wären, hätten sie niemals diese Missionsstation
    errichten können!“ Paul sprach lauter als notwendig. Er wird mich nicht
    provozieren können, dachte John. „Ich schätze und achte die Leistungen unserer
    Vorgänger genauso wie Sie, Paul“, gab John zurück, „aber wenn sie nicht auch
    vorsichtig und umsichtig gewesen wären, hätten sie die Missionsstation sicher
    genauso wenig errichten können.“ Über Pauls Gesicht flog ein kurzes belustigtes
    Lächeln. „Nun, John, dann will ich Ihnen mal eine Geschichte erzählen.“ Er ist
    sehr selbstgefällig, dachte John und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
    „Sie wissen doch, John, wie Jesus Petrus auffordert, er solle aus

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