Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
von
    der Sonne. Sie aß kaum noch etwas und trank nicht viel. Paul schien davon
    nichts wahrzunehmen, oder es war ihm gleichgültig. Auch jetzt arbeitete er,
    ohne aufzusehen. Mach weiter!, trieb John sich an und verdrängte die Gedanken
    an Emma.
    Zentimeter um Zentimeter
    kämpften sie sich vor; Stücke, nur halb so groß wie eine Hand, brachen sie aus
    der Erde. Um sie herum wurde es Nacht, aber weder John noch Paul gönnten sich
    eine Rast. Als sie jedoch nach einer Stunde noch immer nicht tiefer als drei
    Finger waren, hielt John inne. Schwer atmend stützte er sich auf den Spaten und
    wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. „Wir sollten
    morgen weitermachen, Paul.“ Ohne aufzusehen, trieb Paul den Spaten wieder in
    den Boden. „Ich muss zuerst für die Ruhe dieser armen Geschöpfe sorgen. Sie
    können nicht noch eine Nacht hier liegen“, stieß er hervor, bückte sich, hob einen faustgroßen Stein
    auf und warf ihn weg. Irgendwo in der Dunkelheit hörte man ihn dumpf
    aufschlagen. Auf den Spaten gestützt, sah John ihm noch eine Weile zu, dann
    konnte er seine lang schon schwelende Wut nicht mehr hinunterschlucken.
    „Glauben Sie, ich will sie nicht begraben?“, gab er zurück. Paul sah kurz auf, ein
    belustigtes Erstaunen im Gesicht, erwiderte jedoch nichts. „Emma ist die ganze
    Zeit allein im Lager“, sagte John wieder. „Hassan ist bei ihr.“ Paul schaufelte
    eine Hand voll losgehackte Erde beiseite. Hatte Paul denn nicht bemerkt, dass
    Emma sich von Hassan fern hielt, dass etwas in ihrem Blick war, wenn sie den
    Afghanen ansah, was John nur als abgrundtiefes Misstrauen verstehen konnte? „Ich
    glaube, sie fürchtet sich vor ihm. Es ist sicher besser, wenn Sie zu ihr
    gehen“, sagte John, gegen seine Wut ankämpfend. Paul sah überrascht auf. „Aber Sie wollten doch aufhören, John. Ich nicht.“ Schon machte er weiter,
    schlug den Spaten in die Erde. Es klackte, als das Metall auf einen Stein traf.

    Nein, diesmal konnte er
    nicht alles hinunter schlucken!, begriff John. „Emma macht einen kranken
    Eindruck, ist Ihnen das denn nicht aufgefallen?“ Jäh blickte Paul auf. „Krank?
    Sie hatte einen kleinen Schwächeanfall. Das kann mal vorkommen bei Frauen.“
    John hätte Paul anschreien mögen. „Ich wäre an Ihrer Stelle nicht so leichtsinnig,
    wenn es um die Gesundheit meiner Frau ginge!“, sagte er. Paul stach den Spaten
    neben sich in die Erde und umklammerte den Stiel. „Was wollen Sie damit sagen,
    John?“ Obwohl Paul versuchte, seine Stimme ruhig klingen zu lassen, entging
    John nicht der drohende Unterton. „Die Reise ist anstrengend. Für eine Frau
    noch mehr als für uns“, sagte John, um einen ruhigen Ton bemüht. „Wollen Sie
    immer noch den Weg über den Berg nehmen?“ „Selbstverständlich!“ Paul sah ihn
    verärgert an. „Und was Sie angeht, mein Freund. Sie brauchen sich um den
    Appetit meiner Frau keine Sorgen zu machen.“ Er hob den Spaten und arbeitete
    weiter.
    In John kochte es. Warum
    rief Paul in ihm eigentlich eine solche Wut hervor?, fragte er sich. Einen
    Moment lang zögerte er noch, wollte sich zur Vernunft rufen, doch es gelang ihm
    nicht. Wütend warf er den Spaten auf den Boden, sodass Paul erstaunt aufsah.
    „Ich gehe ins Camp zurück. Was Sie machen, ist mir egal! Nur: Ich an Ihrer
    Stelle würde meine Frau nicht so behandeln!“ Es kümmerte ihn nicht, ob er nun
    Ärger mit Paul bekommen und ihre gemeinsame Arbeit darunter leiden würde.
    Dieser Mann war ein Egoist, rücksichtslos und unbarmherzig! Zornig stapfte er
    weiter. „John!“ Er ignorierte Pauls Ruf. „John Wittling!“ Schließlich blieb er
    doch stehen und drehte sich um. Inzwischen war es so dunkel geworden, dass man
    kaum noch etwas sehen konnte, nur die weißen Ärmel und Kragen ihrer Hemden
    unter den Westen fingen das schwache Halbmondlicht auf und warfen es kalt
    zurück. Paul kam auf ihn zu. Den Spaten hatte er zurückgelassen. „John“, sagte
    er, als er nur noch wenige Meter von ihm entfernt stand. In der Ferne blitzte
    das Metall des Spatens. Paul stand jetzt breitbeinig da und ließ die Arme
    hängen. In seinem wirren Haar spielte das Mondlicht. „Sie sollten sich um Ihre Angelegenheiten kümmern.“ In John
    züngelte die Wut wieder hoch, doch er versuchte sie im Zaum zu halten. „Hören
    Sie, Paul“, sagte er so ruhig, wie er konnte, „ich habe lediglich auf den
    bedenklichen Gesundheitszustand Ihrer Frau hingewiesen. Sie kennen dieses

Weitere Kostenlose Bücher