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Das Leuchten des Himmels

Das Leuchten des Himmels

Titel: Das Leuchten des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts Nora
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geblümten Morgenmantel die Tür auf. Es roch nach Whiskey, Rauch und Parfüm.
    »Ich fände es besser, du wärst allein«, sagte Meg.
    »Bin ich auch. Ich habe ihn weggeschickt. Wo ist es? Hast du es bekommen?«
    »Du wirst es dir ansehen, dann bringe ich es zurück und möchte nie mehr was davon hören.«
    »Lass es mich sehen. Lass mich ihn sehen.«
    Meg zog es heraus. »Nein, du darfst es nicht berühren. Dann verknitterst du es, und Nate kommt dahinter.«
    »Oh. Oh.« Charlene taumelte davor zurück, wie Meg vor der Korktafel. »Mein Gott. Nein!« Doch als Meg das Foto wieder wegstecken wollte, schoss ihre Hand nach vorne. »Ich muss...«
    Sie trat wieder näher und verschränkte auf Megs drohenden Blick hin ihre Hände auf dem Rücken. »Er... er sieht unverändert aus. Wie kann das sein? Er sieht aus wie immer. All die Jahre, und er sieht aus wie damals.«
    »Er hatte nie die Chance, anders auszusehen.«
    »Es muss doch schnell gegangen sein, was meinst du? Es ist bestimmt schnell gegangen.«
    »Ja.« »Diesen Parka trug er, als er ging. Er trug ihn das letzte Mal, als ich ihn sah.« Sie drehte sich um und verschränkte ihre Arme vor der Brust. »Geh jetzt.« Sie erschauderte, dann presste sie beide Hände an den Mund. »Meg«, begann sie und wirbelte herum.

    Aber Meg war bereits weg.
    Charlene, jetzt wieder allein, wanderte ins Bad, schaltete die Beleuchtung an und studierte ihr Gesicht im grellen Licht.
    Er sah noch genauso aus, spukte es ihr durch den Kopf. So jung.
    Sie aber nicht. Nie wieder würde sie so aussehen.
     
    Es war März in Alaska, aber die längeren Tage ließen ihn nicht an den näher rückenden Frühling denken, wie nah der Kalender sich auch auf dieses offizielle Datum zubewegen mochte.
    Nate erwachte nun bei Tageslicht und sehr oft auf der linken Seite von Megs Bett. Wenn er durch die Stadt lief, sah er zunehmend mehr Gesichter und weniger schützende Kapuzen.
    Auch die von den schneebedeckten Bäumen hängenden Plastikeier, die auf den weißen Rasenflächen sitzenden Plastikhasen riefen keine Gedanken an Frühling in ihm wach.
    Aber der erste Eisbruch tat es.
    Er beobachtete mit Erstaunen und Kopfschwirren die wie verrückt spielende Reißverschlüsse über das vereiste Band des Flusses kriechenden kleinen Sprünge. Anders als bei der Überschwemmung füllten diese sich nicht und froren wieder zu. Er fand das Schauspiel so erstaunlich, dass er sich erst nach zwanzig Minuten losreißen konnte, um wieder an seine Arbeit zu gehen.
    »Auf dem Fluss bilden sich Sprünge im Eis«, erklärte er Otto.
    »Ach ja? Ist noch ein wenig früh für den Eisbruch, aber wir hatten schon eine Wärmewelle.«
    Gut möglich, dachte Nate, dass er, wenn er einmal, sagen wir, hundert Jahre hier in Lunacy gelebt hatte, auch von einer Wärmewelle sprach, wenn das Thermometer sich ein paar Tage zwischen feuchtkalten vier und zehn Grad eingependelt hatte. »Ich möchte, dass Schilder aufgestellt werden. Wir müssen verhindern, dass ein Haufen Eishockey spielender Kinder ins Eis einbricht.«
    »Die Kinder haben mehr Verstand als...«
    »Ich möchte, dass Schilder aufgestellt werden, wie wir das auch bei der Überschwemmung getan haben, nur noch mehr. Gehen Sie mal zum Corner Store, ob es dort noch Schilderpappe gibt. Entweder Peach oder Peter sollen sie schreiben. Ach ja, Schlittschuh laufen verboten, dünnes Eis.«

    »Es ist weniger dünn als...«
    »Bringen Sie mir einfach ein halbes Dutzend Schilder, Otto.«
    Otto grummelte, ging aber. Und Nate fiel auf, dass Peach sich offenbar ein Lächeln verkniff.
    »Was ist?«
    »Nichts. Gar nichts. Ich halte es für eine gute Idee. Es zeigt, dass uns das Wohl der Bürger und die Ordnung am Herzen liegen. Aber ich denke, man könnte genauso gut Eisbruch, nicht betreten, draufschreiben.«
    »Schreiben Sie drauf, was Sie für das Beste halten, aber schreiben Sie.« Er ging nach hinten, um dort nach passenden Pflöcken zu suchen. »Aber lassen Sie nicht zu, dass Otto das schreibt.«
    Als er die Schilder zu seiner Zufriedenheit auf den Weg gebracht hatte, schrieb und druckte er auf seinem Computer Handzettel aus und brach dann auf, um sie zu verteilen.
    Er schlug sie in der Post, der Bank, der Schule an und arbeitete sich vor bis zum Lodge.
    Dort trat Bing auf ihn zu, las über seine Schulter hinweg und schnaubte.
    Ohne was zu sagen, las Nate seine eigenen Worte.

FORTSCHREITENDER EISBRUCH SCHLITTSCHUH LAUFEN, WANDERN ODER ANDERE AKTIVITÄTEN SIND AUF ANORDNUNG DER POLIZEI VON

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