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Das Leuchten des Himmels

Das Leuchten des Himmels

Titel: Das Leuchten des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts Nora
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seinen Blick über die Reihen schweifen und zog dann eine Flasche heraus. »Ich habe Sie letzte Nacht von meinem Fenster aus gesehen.«
    Sie trug die Murphy’s ein. »Ich Sie auch.«
    »Sie sind Buschpilotin.«
    »Ich bin ganz viel.« Ihr Blick hob sich, bis er sich mit seinem traf. »Das ist nur eins von vielen.«
    »Was sind Sie sonst noch?«
    »Der große Stadtpolizist sollte das ganz schnell selbst herausfinden.«
    »Einiges habe ich schon herausgefunden. Sie kochen. Sie haben einen Hund. Wahrscheinlich ein paar recht große Hunde. Sie sind gern für sich. Sie sind aufrichtig – jedenfalls wenn es Ihnen passt. Sie trinken Ihren Kaffee schwarz und nehmen viel Butter für Ihr Popcorn.«
    »Das kratzt gerade mal an der Oberfläche.« Sie klopfte mit dem Stift gegen ihr Buch. »Wollen Sie noch weiter kratzen, Chief Burke?«
    Sehr direkt, fand er. Also musste er in seiner Erwiderung auch direkt sein. »Ich überlege es mir noch.«
    Sie lächelte, wie sie das auch im Rathaus getan hatte, wieder hob sich ihr rechter Mundwinkel vor dem linken. »Hat Charlene sich schon auf Sie gestürzt?«
    »Wie bitte?«
    »Ich habe mich gefragt, ob Charlene Ihnen gestern Nacht ihre Spezialbegrüßung hat zuteil werden lassen.«
    Er war sich nicht ganz sicher, was ihn mehr ärgerte – die Frage oder die kühle Art, mit der sie ihn dabei beobachtete. »Nein.«
    »Ist sie nicht Ihr Typ?«

    »Nicht so ganz, nein. Aber ich fühle mich auch nicht ganz wohl dabei, so über Ihre Mutter zu reden.«
    »Sie sind wohl empfindsam. Nun, Sie brauchen sich deswegen keine Gedanken zu machen. Jeder hier weiß, dass Charlene am liebsten mit jedem gut aussehenden Mann, der hier vorbeikommt, ins Bett steigen würde. Ich pflege mich übrigens nicht mit ihren Überresten abzugeben. Aber so wie es im Moment aussieht, räume ich Ihnen durchaus eine Chance ein, tiefer zu kratzen.«
    Sie schloss das Buch und legte es zurück. »Würden Sie mir helfen, die Sachen hier in meinen Lieferwagen zu packen?«
    »Gewiss. Aber ich dachte, Sie sind mit dem Flugzeug gekommen.«
    »Bin ich auch. Ein Freund und ich, wir haben die Transportmittel getauscht.«
    »Okay.« Er stemmte sich den Sack mit dem Hundefutter auf die Schulter.
    Sie hatte einen braun-roten Pritschenwagen mit Plane draußen stehen. Auf der Ladefläche befanden sich eine Campingausrüstung, Schneeschuhe und ein paar Benzinkanister. In der Fahrerkabine hingen eine Schrotflinte und ein Gewehr.
    »Jagen Sie?«, fragte er sie.
    »Kommt auf das Wild an.« Sie klappte die Pritschenklappe hoch und grinste ihn an. »Was zum Teufel tun Sie hier, Chief Burke?«
    »Nate. Und ich lasse es Sie wissen, wenn ich es herausgefunden habe.«
    »In Ordnung. Vielleicht sehen wir uns ja am Silvesterabend. Damit Sie unsere Geselligkeit kennen lernen.«
    Sie kletterte in den Lieferwagen und zündete den Motor. Aerosmith dröhnte auf voller Lautstärke, und sie fuhr los. Sie fuhr nach Westen, wo die Sonne bereits hinter den Gipfeln verschwand und sie in flammendes Gold tauchte, während sich auf alles andere die Dämmerung legte.
    Es war Viertel nach drei Uhr nachmittags.

4
    Tagebucheintragung 14. Februar 1988
    Verdammt kalt. Wir sprechen nicht darüber, denn sonst würden wir durchdrehen, aber ich werde darüber schreiben. Dann werde ich eines Tages zurückblicken – im Juli vielleicht, wenn ich, eingeschmiert mit Mückengift, mit einem Bier draußen sitze und nach den spatzengroßen Moskitos schlage – und hochstarren zu dieser weißen Hure.
    Ich werde mich erinnern, dass ich dort gewesen bin, es getan habe. Und dieses Bier wird mir umso angenehmer schmecken.
    Aber jetzt haben wir Februar, und der Juli ist ein Jahrhundert weit entfernt. Die Hure schwingt das Szepter.
    Der Wind sorgt dafür, dass wir auf minus vierunddreißig bis vierzig Grad kommen. So weit unten zählen ein paar Grad auf oder ab nicht mehr. Die Kälte hat eine der Laternen zerrissen und den Reißverschluss meines Parkas entzweigebrochen.
    Da die Nacht sechzehn Stunden dauert, schlagen wir unser Lager im Dunklen auf und auch wieder ab. Pinkeln wird zu einer erschöpfenden und elenden Trainingsübung. Aber noch hält die Stimmung an, meistens jedenfalls.
    Eine solche Erfahrung ist unbezahlbar. Wenn dir die Kälte wie Glassplitter in die Kehle schneidet, weißt du, dass du am Leben bist, lebendig, wie man nur auf dem Berg sein kann. Riskierst du es, einen Moment lang den Unterschlupf zu verlassen, um dir das Nordlicht anzusehen, so strahlend, so

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