Das Leuchten des Himmels
und es war ihr Geheimnis, dass Jacob ihr beibrachte, wie man flog.
Er warf einen Blick auf das offen auf dem Bett liegende Buch, neben dem sie bäuchlings lag. Und verdrehte die Augen. »Langweilig.«
»Ich hasse Geschichte. Ich habe morgen einen Test.«
»Ist ja schrecklich. Aber du machst das schon. Wie immer.« Er
setzte sich aufs Bett und strich ihr kitzelnd über die Rippen. »He, Kind, ich bin für eine Weile weg.«
»Wieso?«
Er hob eine Hand und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander.
»Warum brauchst du denn jetzt Geld?«
»Deine Mama sagt, dass wir welches brauchen. Und sie ist diejenige, die sich da auskennt.«
»Ich habe euch heute Morgen streiten hören.«
»Nichts Schlimmes. Wir streiten gern. Ich werde ein paar Jobs annehmen und ein bisschen Moos machen. Dann sind alle glücklich. Ein paar Wochen, Meg. Eventuell drei.«
»Wenn du nicht da bist, weiß ich gar nicht, was ich machen soll.«
»Dir wird schon was einfallen.«
Und sie wusste genau, selbst als Dreizehnjährige hatte sie genau gewusst, dass er im Geiste schon weg war. Abwesend tätschelte er ihren Kopf – wie ein Onkel. »Wenn ich zurück bin, gehen wir Eisfischen.«
»Ja.« Und sie schmollte und schüttelte ihn schon ab, bevor er sie abschütteln konnte.
»Bis später, mein Törtchen.«
Sie musste sich zwingen, nicht aufzuspringen und hinter ihm herzulaufen, ihn festzuhalten, ehe er wegging.
Seit diesem Nachmittag hatte sie sich immer wieder gewünscht, sie hätte dem nachgegeben, hätte ihnen beiden diesen letzten Kontakt ermöglicht.
Das wünschte sie sich auch jetzt, als sie sich im Dunkeln diese letzte Erinnerung noch einmal vor Augen führte.
Sie blieb, wo sie war, bis sie das Klopfen an der Tür hörte. Resigniert stand sie auf, schaltete das Licht an und strich sich mit der Hand durchs Haar, das vom Duschen noch nicht ganz trocken war.
Als sie Nate die Tür aufmachte, trug er ein Tablett in der Hand, und ein zweites stand vor der Tür auf dem Fußboden.
»Wir müssen was essen.« Mochte es ihm selbst auch zuwider gewesen sein, wenn die Leute ihn bedrängten zu essen – oder
andere Trost spendende Kuren in der schlimmsten Zeit seines Elends vorschlugen -, aber geholfen hatte es, und das war das Wichtigste.
»Fein.« Sie deutete aufs Bett – die einzige Fläche im Raum, die groß genug war, die Funktion des Esstischs zu übernehmen. Dann bückte er sich und hob das zweite Tablett auf.
»Wenn du danach allein sein möchtest, nehme ich mir ein anderes Zimmer.«
»Kommt nicht in Frage.« Im Schneidersitz auf dem Bett sitzend, schnitt sie in ihr Steak, ohne den Salat eines Blickes zu würdigen.
»Das ist meins.« Er vertauschte die Tabletts. »Man hat mir gesagt, du magst es blutig. Ich aber nicht.«
»Dir entgeht aber auch nichts. Außer dass du Kaffee anstatt Whiskey mit hochgebracht hast.«
»Wenn du eine Flasche brauchst, hole ich dir eine.«
Sie seufzte und schnitt ein Stück Fleisch ab. »Das glaub ich dir. Womit habe ich es verdient, in Anchorage ein Steak-Abendessen mit einem so netten Kerl zu teilen?«
»Das bin ich gar nicht. Ich habe dir eine Stunde Zeit gegeben, damit du dich fassen konntest. Ich habe dir was zu essen gebracht, damit du nicht zusammenbrichst, während du mir was über deinen Vater erzählst. Tut mir Leid, Meg, das ist ein schwerer Schlag. Wenn du mit mir darüber gesprochen hast, werden wir das dem zuständigen Detective übergeben.«
Sie schnitt den nächsten Bissen ab und gabelte eine der durchweichten Pommes auf. »Ich muss dich was fragen. Warst du dort, wo du herkommst, ein guter Bulle?«
»Das ist so etwa das Einzige, worin ich je gut war.«
»Du weißt, wie man Mordfälle löst?«
»Ja.«
»Ich werde mit jedem dafür Zuständigen sprechen, aber ich möchte, dass du dich für mich um diesen Fall kümmerst.«
»Da kann ich nicht viel tun.«
»Es gibt immer etwas, was man tun kann. Ich zahle dich dafür.«
Er aß nachdenklich. »Ein harter Schlag«, wiederholte er. »Und deshalb werde ich dir für diese Beleidigung auch keine knallen.«
»Ich kenne kaum Menschen, die Geld als eine Beleidigung ansehen.
Aber gut. Ich möchte, dass jemand, den ich kenne, nach dem verdammten Mistkerl sucht, der meinen Vater umgebracht hat.«
»Du kennst mich doch kaum.«
»Ich weiß, dass du gut im Bett bist.« Sie lächelte schwach. »Okay, ein Mann kann ein Arschloch und trotzdem ein Hengst sein. Aber ich weiß auch, dass du in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf behältst und
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