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Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)

Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linus Reichlin
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Pinienkerne lieferten dieses Mundgefühl und zusätzlich noch ein Nussaroma, das dem diffusen Fettgeschmack des Fischs Charakter verlieh.
    Hast du eigentlich Angst?, fragte Nina.
    Wovor?, fragte er.
    Dass du in Afghanistan entführt werden könntest. Oder dass sich ein Selbstmordattentäter in die Luft sprengt, wenn du in der Nähe bist. Dass dich einer erschießt. Dass unter dem Wagen, in dem du unterwegs bist, eine Bombe explodiert.
    Vor alldem hatte Martens keine Angst.
    Natürlich habe ich Angst, sagte er, weil es die einfachere Antwort war.
    Warum machst du es dann?, fragte Nina. Warum gehst du dieses Risiko ein?
    Es ist mein Job, sagte er. Er schabte die zerkleinerten Pinienkerne vom Schneidebrett ins Öl. Sie knisterten, die Temperatur war also zu hoch, er stellte die Pfanne weg und schaltete auf eine niedrigere Stufe.
    Du könntest deinen Job doch auch hier tun, sagte Nina. Warum schreibst du nicht ein Porträt über einen Fernsehmoderator? Oder du interviewst den Bundespräsidenten. Damit verdienst du doch genauso viel wie mit einer Reportage über den Bundeswehreinsatz in Afghanistan.
    Er hatte ihr erzählt, dass er eines Berichts über ein Bundeswehrcamp in Feyzabad wegen nach Afghanistan reiste.
    Ich schreibe nun mal nicht gern Porträts über Fernsehmoderatoren, sagte er, ich halte das für nicht besonders sinnvoll.
    Und warum hast du das nicht mit mir abgesprochen?, sagte sie.
    Abschied
    Sie aßen den Fisch, das Besteck klirrte auf den Tellern. Die Weingläser machten ihr Geräusch, wenn sie auf den Tisch gestellt wurden. Die Abzugshaube war noch an, aber der Lärm störte nicht, denn sie aßen schweigend.
    Warum hast du das nicht mit mir abgesprochen.
    Martens hatte die Frage nicht beantwortet, und Nina hatte nicht nachgefragt. Der Fisch war überwürzt, der Estragon schmeckte vor. Martens kam nicht in den Genuss, den er sich erhofft hatte. Er trank einen Schluck und schaute Nina an.
    Zu viel Estragon, sagte er.
    Tut mir leid, das ist mir gerade völlig egal, sagte sie. Sie legte das Messer quer über den noch halb vollen Teller, und sie legte die Gabel parallel zum Messer. Sie wischte sich den Mund mit einer Serviette ab. Trank Wein. Stellte das Glas ab. Schob es mit den Fingern weg.
    Sie sagte, du fährst morgen für drei Wochen nach Afghanistan. Seit wann weißt du das?
    Ich konnte nicht wissen, dass es so schnell geht, sagte er.
    Hast du vorgestern erfahren, dass du morgen abreist?
    Nein, vor einer Woche, sagte er.
    Aber du hast es mir erst vorgestern gesagt.
    Du warst weg, sagte er.
    Wir haben telefoniert, sagte sie. Du hättest es mir vor einer Woche schon sagen können.
    Ich wusste nicht, dass du darauf Wert legst, sagte er.
    Du meinst, ich soll keine Ansprüche an dich stellen, sagte sie. Es soll unverbindlich bleiben. Du kannst kommen und gehen, wann du willst. Du fährst drei Wochen weg und brauchst es mir nicht zu sagen.
    Nina, sagte er, diese Diskussion passt nicht zu uns.
    Ja, weil wir kein Paar sind, sagte sie. Wenn wir ein Paar wären, hättest du es mir vor einer Woche erzählt. Du hättest mich vielleicht sogar vorher gefragt, ob es mir etwas ausmacht, dass du wegfährst. Wenn wir ein Paar wären, hätte ich vorgestern in Hamburg nicht mit einem Mann geschlafen, den ich an der Hotelbar kennengelernt habe. Es war nicht einmal so, dass ich es unbedingt wollte. Ich bin mit ihm aufs Zimmer gegangen, weil ich es tun konnte. Weil es nichts gab, das mich zurückhielt. Ich hatte nicht einmal ein schlechtes Gewissen. Das ist das Schlimmste.
    Sie schaute ihn an, sie erwartete eine Reaktion von ihm. Aber er konnte nicht liefern.
    Um ihrem Blick zu entgehen, stand er auf und öffnete das Küchenfenster. Er zündete sich eine Zigarette an und rauchte hinaus, ein riesiger Baum wuchs im Dunkeln aus dem Hinterhof. Die Luft war mild und roch nach dem Essen der anderen, wie in meiner Wohnung, dachte er, wie in Miriams Wohnung, überall riecht es nach dem Essen der anderen. Er wartete auf den Schmerz, er wünschte ihn sich herbei. Aber er empfand nur dasselbe wie Nina, als sie mit dem Hotelbar-Mann im Bett gelegen hatte: den Schmerz darüber, dass der Schmerz ausblieb.
    Er drehte sich zu ihr um, sie stand barfuß auf dem schwarzen Küchenboden, in einer unentschlossenen Haltung. In diesem Augenblick fühlte er sich ihr verbunden, zum ersten Mal. Er teilte mit ihr die Trauer darüber, dass sie einander nicht liebten.
    Er nahm sie in den Arm. Sie schmiegte sich in die Umarmung, sie hielten einander fest

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