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Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)

Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linus Reichlin
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nicht, wie Sie zum Einsatz der Bundeswehr hier stehen, aber falls Sie die Sache negativ sehen, sollten Sie es ihn nicht spüren lassen. Ohne ihn läuft für uns gar nichts. Wir sind auf seine Unterstützung angewiesen, und je mehr er uns traut, desto freier können wir uns bewegen.
    Sie standen im schmalen Flur zwischen ihren beiden Zimmern, und Miriam sagte, kommen Sie bitte herein, und ging in ihr Zimmer, ihr Koffer lag auf dem Feldbett. Martens folgte ihr, sie schloss die Tür. Das kleine Zimmer war zu eng für einen Mann und eine Frau, man entkam der Intimität nicht. Es gab nur einen Stuhl, also blieben sie stehen, Miriam lehnte sich an die Wand mit dem Fenster, Martens an die Tür. Er war gespannt, was sie ihm gleich mitteilen würde.
    Glauben Sie, dass die Zimmer abgehört werden?, fragte sie.
    Nein, warum?
    Dieser Seegemann darf nicht wissen, warum wir hier sind, sagte sie leise. Wenn er erfährt, dass wir uns mit einer Bacha Posh treffen, die mit dem Talibanführer Dilawar Barozai unterwegs ist, was glauben Sie, was er dann tut?
    Daran hatte Martens noch gar nicht gedacht, aber sie hatte recht. Wenn Seegemann erfuhr, dass sie Kontakt zu einem Mitglied von Dilawar Barozais Truppe hatten, würde er mit Sicherheit versuchen, auf diesem Weg an Barozai heranzukommen.
    Er wird uns beschatten lassen, sagte Martens. Und wenn wir die Bacha Posh treffen, schlägt er zu. Er wird sie verhören, weil er wissen will, wo Barozai sich aufhält. Aber für das Mädchen wäre diese Entwicklung nicht unbedingt schlecht. Sie wäre die Taliban los, und sie könnte einen Asylantrag stellen. Wir sind ja da und können ihr dabei helfen und vielleicht auch ein bisschen Druck machen. Sie will doch nach Deutschland. Soll Seegemann sie doch festnehmen, etwas Besseres kann ihr eigentlich nicht passieren. Ich kann auch hier im Camp mit ihr sprechen, und Sie können sie hier fotografieren. Darf ich rauchen?
    Nein, sagte Miriam, den Blick unentwegt auf den Boden gerichtet. Sie will nach Pakistan. Sie will von dort nach Deutschland, und sie will keinen Asylantrag stellen.
    Sie meinen, sie will illegal nach Deutschland?
    Ja. Oder sonst wohin. England, Spanien, irgendwas. Sie wird in Deutschland kein Asyl kriegen und auch in keinem anderen europäischen Land. Sie wird nicht wegen ihrer Rasse, ihrer Religion, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugungen verfolgt. Das trifft auf sie alles nicht zu. Sie will in einem Land leben, in dem sie als Frau genauso geachtet wird wie als Mann. Sie lebt hier in Afghanistan als Mann. Und jetzt möchte sie in einem anderen Land auch so leben. Als vollwertiger Mensch. Aber das ist kein Asylgrund. Ich habe zwei Jahre lang als Dolmetscherin gearbeitet bei der Aufnahmestelle für Asylbewerber in Berlin. Ich hatte jeden Tag mit Flüchtlingen aus Afghanistan zu tun und vor allem mit Beamten des Bundesamtes für Migration. Glauben Sie mir: Sie wird kein Asyl bekommen.
    Martens kannte sich zu wenig aus, er konnte es nicht beurteilen, aber wahrscheinlich hatte sie recht.
    Dann sollten wir uns eine Geschichte für Seegemann ausdenken, sagte er.
    Es gibt in Feyzabad eine Lehrerin, sagte Miriam, sie verschränkte die Arme, sie war bleich, und sie flüsterte nur noch. Ihr Vater, flüsterte sie, war auch Lehrer. Während der Talibanherrschaft unterrichtete er heimlich Mädchen, er brachte ihnen Lesen und Schreiben bei. Als die Taliban es herausfanden, schnitten sie ihm beide Ohren ab und zwangen ihn, sich auf der Straße hinzuknien, bis er verblutete. Sagen Sie Seegemann, dass wir hier sind, um über diese Lehrerin zu schreiben, die hier in Feyzabad Mädchen unterrichtet, und die deswegen jede Woche Morddrohungen erhält. Sie heißt Saba Marwat, und wenn die deutschen Truppen hier abziehen, werden die Taliban zurückkommen und sie töten. Diese Geschichte wird Seegemann doch bestimmt gefallen, flüsterte sie. Und dann löste sie sich von der Wand, an die sich gelehnt hatte, torkelte einen Schritt nach vorn, und in einer Drehung stürzte sie auf den Boden zwischen Bett und Tisch.
    Fluss-Gott
    Er drückte die Hand auf ihre Halsschlagader, der Puls war schwach und unrhythmisch, aber sie schlug die Augen auf, ihr Blick verfehlte sein Gesicht. Er hatte sie vom Boden aufgehoben, wie leicht sie war!, und er hatte sie aufs Bett gelegt in Seitenlage, wie man es bei Bewusstlosen tun muss. Er machte sich Vorwürfe, die Zeichen der nahenden Ohnmacht nicht erkannt zu haben, das

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