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Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)

Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linus Reichlin
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wirklich tun. Die Bastarde finden es pervers, wenn einer einen Stein im Arsch hat. Sie lassen einen dann in Ruhe.
    Der junge Talib kam aus dem Turmgebäude zurück und berührte Evren an der Schulter.
    Yes, let’s go, my friend, sagte Evren und folgte dem Talib. Durch den türlosen Durchgang in der Umfriedungsmauer verließen sie den Hof.
    War er früher schon so?, fragte Martens.
    Nein, so nicht, sagte Miriam. Aber er hat sich nicht verändert. Es kommt jetzt nur alles zusammen.
    Aber hat er nicht auch recht?, fragte Martens. Als er sagte, dass du nur hier bist, weil er der Vater deines Kindes ist?
    Nur, sagte Miriam. Hier gibt es kein nur.
    Evren rausholen
    Dilawar rief sie ins Turmgebäude, und sie gingen hinein, vorbei an den Männern, die plötzlich alle wach waren, die Müdigkeit war verflogen, sie witterten das Geld, sie spürten schon die Scheine auf ihrer Hand, wie ein Rudel warteten sie auf die Verteilung der Beute durch den Anführer.
    Dilawar wies Martens und Miriam ihre Plätze auf dem Teppich zu, du setzt dich hier hin, du dort. Es roch im Zimmer verbrannt, ein frisches Brandloch im Teppich, der platt gedrückte Zigarettenstummel lag abseits. Er hat geraucht und ist eingenickt, dachte Martens, die Zigarette ist ihm aus dem Mund gefallen.
    Dilawar winkte einen Mann ins Zimmer, Martens schätzte ihn auf dreißig. Ein breites, hellhäutiges Gesicht, eine Narbe auf der Wange, ein gottgefälliger Bart. Kluge, wachsame Augen. Der Mann zog die Schuhe aus, setzte sich auf den Teppich, und nun schloss Dilawar die Tür.
    Er will ihn dabeihaben, dachte Martens, als Zeuge, damit seine Männer nicht auf den Gedanken kommen, dass er sie hintergeht.
    Bei geschlossener Tür spendeten nur die zwei Fenster im Nebenraum, im Frauenzimmer, etwas Licht, es geschah nun alles im Halbdunkel.
    Dilawar und Miriam wechselten ein paar Worte, der Ton war förmlich. Miriam ging ins andere Zimmer, und nach einer Weile kehrte sie mit den Geldbündeln zurück, die sie die ganze Zeit in den Beintaschen ihrer Hose transportiert hatte. Es wäre unziemlich gewesen, das Geld vor den Augen der Männer hervorzuholen, denn dazu hatte sie den Tschador raffen müssen.
    Sie legte das Geld auf das weiße Tuch, auf dem noch die leeren Teegläser standen.
    Leg jetzt bitte deine zehntausend dazu, sagte sie.
    Martens tat es, und Dilawar wies auf das Geld, es war ein beeindruckender Haufen, von der Spitze rutschte ein Bündel. Der andere Mann benetzte sich die Finger, griff in den Haufen und begann das Geld zu zählen. Er zählte laut. Wenn er ins Stocken geriet, stand Dilawar ihm als Souffleur bei. Fünfzig, du warst bei fünfzig. Nicht bei vierzig, bei fünfzig.
    Der Mann zählte, die Anstrengung stand ihm im Gesicht.
    Miriam sagte etwas, Dilawar hob die Hand zum angedrohten Schlag. Er streckte seinen Finger aus und warnte sie.
    Was ist?, fragte Martens.
    Er behauptet, es seien nur sechzigtausend, sagte Miriam.
    Wer behauptet es? Dilawar?
    Nein, der andere, der das Geld zählt. Er heißt Omar. Er verzählt sich dauernd.
    Omar, als er seinen Namen hörte, stand auf, die Hände voller Geldscheine.
    Er sagt, hier sei es zu dunkel, er will das Geld im anderen Zimmer zählen, sagte Miriam, weil es dort Fenster gibt. Aber ich glaube, er kann einfach nicht rechnen.
    Omar musste zweimal hin- und hergehen, um alles Geld ins Frauenzimmer zu bringen. Dilawar zündete sich eine Zigarette an. Er rauchte und lehnte sich zurück, so, dass er Sicht ins andere Zimmer hatte. Er beobachtete sehr genau Omar, der im Licht der Fenster das Geld noch einmal durchzählte. Es verging Zeit.
    Dann kehrte Omar zurück, legte die Scheine auf das weiße Tuch und sagte, es sind fünfzigtausend, es fehlt die Hälfte, Miriam übersetzte es Martens.
    Dilawar zählte jetzt selbst, jeder Schein ging durch seine Hände. Als er fertig war, sagte er, es ist genau so viel, wie ich von ihr verlangt habe.
    Er hat auch keine Ahnung, wie viel es ist, sagte Martens, siehst du das auch so?
    Ja, sagte Miriam. Aber er vertraut mir.
    Dilawar sagte etwas.
    Er sagt, wir können gehen, morgen früh, sagte Miriam. Chargul wird uns zur Straße bringen.
    Warum erst morgen früh, warum nicht jetzt, sagte Martens, es ist noch hell genug.
    Er will mit mir reden.
    Worüber?
    Dilawar beugte sich zu Miriam und sagte ihr leise etwas ins Ohr.
    Ankündigung
    In der Abenddämmerung entzündete Chargul auf dem Hof ein großes Feuer. Jener junge Talib, der Evren geholt hatte, half ihm dabei, zerbrach Äste und blies

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