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Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)

Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linus Reichlin
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fire.
    Einer der Männer, ein Bartloser, er trug ein buntes Kopftuch, eilte ins Haus, er rannte nicht, er ging nur schneller, als es üblich war. Kurz darauf kehrte er mit Dilawar und Omar zurück. Dilawar blickte aufmerksam dem Flugzeug nach, das über den Bergkämmen kleiner wurde.
    Martens brachte die restlichen Steine in den Hof zum Feuer. Nur noch Malalai war da, Chargul war vors Haus gegangen, um sich das Flugzeug anzusehen.
    Martens legte die Steine in die Glut, er vervollständigte den Grill. Malalai schnitt eins der gerupften Hähnchen auf, das Blut floss über ihre Hand.
    Wie ist dein Name?, fragte Martens.
    Pason, sagte sie.
    Spricht außer dir sonst noch jemand Englisch?
    Nur ich, sagte sie.
    Bist du ganz sicher?
    Ja.
    Miriam trat auf den Hof hinaus, sie ging auf Malalai zu, sie sagte etwas auf Pashto.
    Malalai nickte, sie griff in das Hähnchen und holte die Eingeweide heraus.
    Glaubst du, dass sie uns angreifen?, fragte Miriam.
    Uns?, sagte Martens.
    Ja, uns, sagte sie. Alle, die hier sind. Die können doch nicht sehen, dass wir nicht dazugehören.
    Ich weiß nicht, sagte Martens.
    Ich hoffe, dass sie es nicht heute tun, nicht heute Nacht, sagte Miriam. Und nicht morgen, nicht bevor wir weg sind.
    Das hoffe ich auch, sagte Martens. Ist sie das? Ist sie das Mädchen? Sie spricht Englisch.
    Dann ist sie es, sagte Miriam. Aber sprich sie nicht darauf an. Es muss alles so bleiben, wie es ist. Morgen früh lässt er uns gehen. Er hat mir vorhin sein Wort gegeben. Er ist ein Dreckskerl, aber er ist mein Bruder. Ich habe ihm erzählt, warum unser Vater nach Deutschland geflohen ist. Er wusste es nicht. Sie haben ihn die ganze Zeit über belogen. Dilawar wusste nicht, dass seine Mutter vergewaltigt worden ist von einem der Brüder meines Vaters. Sie haben ihm erzählt, dass unser Vater seinen Bruder getötet hat, weil Sherin ihn dazu angestiftet hat, Sherin, seine Mutter. Sie behaupteten, sie habe den bösen Blick gehabt. Als Kind dachte er, er sei auch verflucht, das haben sie ihm jahrelang eingeredet. Er hat mir so viel angetan, aber er tut mir jetzt auch leid, verstehst du das?
    Ja, sagte Martens. Wie hätte man irgendetwas von dem, was hier geschah, nicht verstehen können? Alles war von tiefer Einfachheit. Manche Steine waren brüchig, andere nicht. Im Feuer knackte das Holz.
    Geld fliegt
    Einer der Männer kletterte aufs Dach des Turmgebäudes und beobachtete den Himmel, der nun dunkel geworden war und den Blick freigab zu den ersten Sternen. Die anderen Männer hatten sich ums Feuer gesetzt und warteten darauf, dass die Hähnchen gar wurden, ein köstlicher Duft verhieß, dass es bald so weit war.
    Martens saß abseits an der Umfriedungsmauer und rauchte die Zigarette, die Dilawar ihm vorhin zugesteckt hatte, bevor er ins Haus zurückgegangen war. Wieder eine Zigarette, wieder ein Geschenk, Dilawar behandelte ihn als Gast, nicht als Gefangenen.
    Als die Hähnchen gar waren, teilte Chargul es Omar mit, und der holte Dilawar. Mit Geldbündeln in den Händen trat Dilawar vor die Männer. Sie erhoben sich, und er teilte jedem von ihnen die Geldration zu. Einem blies der Wind, der ab und zu in starken Böen durch den Hof pfiff, seine Scheine aus der Hand. Unter dem Gelächter der anderen sammelte er die Scheine vom Boden auf. Dem Mann fiel dabei die Pakol vom Kopf, das steigerte noch die Heiterkeit, und zunächst lachte der Mann mit. Aber dann zählte er die Scheine, suchte weiter im Schein der Glut, während die anderen im Scherz auf diese oder jene Stelle zeigten, dort ist dein Geld, siehst du es nicht? Der Mann fand den fehlenden Schein nicht, und für Martens war es, ohne die Sprache zu verstehen, offensichtlich, dass er nun die anderen bezichtigte, ihn bestohlen zu haben.
    Die Stimmung kippte.
    Mit steifen Gesichtern hörten sich die anderen die Beschuldigung an. Der Mann, da ihm eine Wand von Schweigenden gegenüberstand, wandte sich an Dilawar, im Jammerton führte er seine Klage. Dilawar legte besänftigend seine Hand auf die Schulter des Mannes. Der Mann zeigte ihm die Geldscheine, schau es dir an, da fehlt einer, er fächerte die Scheine auf, um Dilawar zu verdeutlichen, dass hier eindeutig einer fehlte. Dilawar hörte eine Weile zu.
    Dann schlug er den Mann nieder.
    Der Mann taumelte, Dilawar packte ihn von hinten und setzte ihm ein Messer an den Hals. Es wurde still, denn jetzt war der Tod zu Gast, und keiner wollte dessen Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Nur Dilawar, dem der Tod in diesem

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