Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen
Konstruktionen unterschiedlichster Größe Lebensmittel konservieren und sogar Verletzungen heilen können. Und natürlich kauften sie auch entsprechende kommerzielle Machwerke und zahlten selbst für simple Kartonmodelle zum Teil horrende Preise.
Wissenschaftliche Versuche verliefen indes ernüchternd. 2005 ergaben Experimente, dass Lebensmittel unter Pyramidengenauso schnell
verderben wie irgendwo anders, und auch die Rasierklingen blieben natürlich stumpf.
Eine teure Pyramide aus ein paar Metallstangen macht aus jedem Wohnzimmer augenblicklich einen Platz der Kraft und kontemplativen Ruhe.
Das allerdings hinderte den Österreicher Thomas Trawöger nicht daran, im Internet sogar ein von ihm erfundenes Pyramiden-Perpetuum-Mobile ( → Perpetuum mobile ) vorzustellen, das Pyramidenenergie in Form von sogenannter Pyra-Voltaik in elektrischen Pyramidenstrom umwandeln soll. Zu faul oder zu unfähig, das Wundergerät selbst zu fertigen und zu vermarkten, offerierte er allerdings lediglich eine teure Bauanleitung dafür. Seine Elektropyramide sollte ohne äußere Stromzufuhr dauerhaft einen kleinen Ventilator betreiben und zugleich – wie könnte es anders sein – Rasierklingen schärfen. Colonel Musselwhite wäre stolz darauf!
2007 behauptete Trawöger, seine Website sei von missgünstigen Menschen gehackt worden. Er war zutiefst enttäuscht und gab an, er und seine ganze Familie seien von Bösewichten massiv bedroht worden. Inzwischen hat er sich aber wieder aufgerafft. Mitte 2011 stellte er seine Trawoeger Power Pyramid V12im Web vor, an der man ihm allerdings schon wieder alle Rechte gestohlen habe. Macht nichts, denn weder der gedemütigte Erfinder noch sonst irgendjemand hat jemals eine funktionierende Pyramide dieser Art gebaut, und wie sie wirklich physikalisch arbeiten soll, blieb auch unbekannt.
Dafür boomt das Geschäft mit Energie-Pyramiden anderer Natur. Schon um 1990 behauptete der medizinisch-technische Assistent D. Harald Alke, er habe spirituellen Kontakt zu dem altägyptischen Lichtwesen Horus gehabt. Diese Gottheit mit dem berühmten Horus-Auge habe ihm in einem Channeling den Bauplan der Horus-Pyramide übermittelt. Das ist ein pyramidenförmiges Rahmenskelett aus Metallstäben oder -rohren, in dessen Zentrum sich eine kleinere, auf der Spitze stehende Metallpyramide befindet. Nach Alke sollen von dieser Konstruktion erstaunliche Wirkungen ausgehen. Sie heilt gleichsam die Seele, indem sie deren feinste Empfindungen sensibilisiert, Selbstheilungskräfte stimuliert und vor negativen Energien schützt. Als Messingpyramide von 45 Zentimeter Höhe pulsiert sie mit einer Frequenz von 2 Milliarden Hertz (Infrarotbereich), wodurch angeblich Zellstrukturen stabilisiert und das Sozialverhalten verbessert werden, was dem kollektiven Bewusstsein der gesamten Menschheit nützt. Im magnetischen Kraftfeld größerer Modelle sitzende Menschen gelangen in eine meditative Grundstimmung, sie entwickeln kreative Gedanken und positive Gefühle. Wer möchte das nicht alles?
Um die frommen Wünsche zu erfüllen, hat sich denn auch eine GmbH für spirituelle Kunst & Magie etabliert, die Horus-Pyramiden verschiedener Größe und aus unterschiedlichen Materialien verhökert, und das zu Preisen von 399 Euro für eine Kleinpyramide von nur 30 x 30 cm Grundfläche bis zu stolzen 199 999 Euro für eine Pyramide von 14,5 x 14,5 m. Dafür bekommt man auch ein nettes Einfamilienhaus, und das sogar mit Wänden!
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Rattenbabykuchen
Ob man Lebensmittel überhaupt erfinden kann oder nicht, darüber ließe sich trefflich streiten. Ein Fünfsternekoch spricht ganz natürlich über seine Kreationen, und was sind solche gastronomischen Schöpfungen anderes als Erfindungen?
Andere Länder, andere Sitten. Schon in unserem westlichen Nachbarland Frankreich verspeist man gelegentlich Delikatessen, die uns ganz und gar nicht als solche erscheinen, zum Beispiel lebendige, große schwarze Seeigel. Seeigel per se lassen sich wohl kaum als eine Erfindung bezeichnen, aber die Art, sie zu verspeisen, ist sehr wohl einfallsreich: Man lege etwa ein Dutzend dieser maritimen Stachelhäuter mit der Unterseite nach oben auf einen sehr großen flachen Teller. Der Anblick ist gewöhnungsbedürftig, wenn das so präsentierte Mahl plötzlich im Nobelrestaurant vor dem Gast auf dem Tisch steht. Aber halt, wie soll man sich die aufgrund ihrer Stachelbewegungen langsam hin und her krauchenden Tiere einverleiben? Nichts einfacher als
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