Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen
das. Ein vorausschauender Küchenmeister hat ihnen mit einem Spezialwerkzeug – einer Art Dosenöffner für Seeigel – sorgfältig die dünne kalkige »Bodenplatte« kreisförmig herausgeschnitten, was an sich die Lebensfunktionen der schwarzen Tiere nicht weiter beeinträchtigt. Vor dem Gourmet liegen nun die sehr weichen, sich ebenfalls leicht bewegenden Innereien der unglückseligen Geschöpfe frei, und man braucht sie nur aus der Schale zu löffeln, allenfalls mit einem Spritzer Zitronensaft geschmacklich verfeinert. Die pflanzliche Säure gibt dem Esserlebnis der besonderen Art noch einen zusätzlichen Kick: Durch den chemischen Reiz erregt, zittern die Eingeweide appetitanregend.
Aber setzen wir unsere kulinarischen Betrachtungen in anderen, noch exotischeren Ländern fort. Im Norden Thailands zum Beispiel gilt ein Tanz der Garnelen als besondere gastronomische Spezialität. Verzehrt werden dabei lebende kleine Süßwasserkrabben (inklusive ihrer Schalen), die zuvor reichlich mit Salz und Zitronensaft, manchmal auch zusätzlich mit Chili, traktiert wurden. Sie mögen das nicht, und sie beginnen hektisch am ganzen Körper zu zucken. Aber gerade das macht für den Kenner den Reiz aus. Kippt er sich eine Handvoll der nervösen Tierchen in den Mund, dann verspürt er, schon bevor er sie zerbeißt, das prickelnde Gefühl der verzweifelten Zappelei, eben den Tanz der Garnelen.
Völlig regungslos, weil tot, sind dagegen einige Speisen aus China, die uns deshalb nicht weniger exotisch erscheinen: Hundehirnsuppe zum Beispiel oder Schweinehirncreme oder gar Tierpenisse, die sowohl gekocht wie roh seviert werden. Gekrönt wird dieser Reigen an kulinarischen Absonderlichkeiten aber mit dem Rattenbabykuchen. Auf einem pizzagroßen runden Teigboden häuft sich ein gutes halbes Dutzend frisch geworfener, nackter Babyratten, alle noch mit geschlossenen Augen, eingelegt in eine schleimige, rötliche Gallerte. – Guten Appetit!
Was lässt sich dazu schon anderes sagen als: »Guten Appetit!«
R etrohandset
Immer wieder liest man es: Handys sind gefährlich. Sie geben elektromagnetische Strahlen ab, die die grauen Zellen erwärmen und Hirntumore erzeugen können. Aber wie schützt man sich davor? Viele Handyhersteller geben in ihren Gebrauchsanweisungen allen Ernstes an, wie weit man das Gerät vom Kopf entfernt halten soll, um drohender Demenz oder Schlimmerem vorzubeugen. Andere bieten Freisprechanlagen an. Eine ideal dämliche Lösung ist das Retrohandset, das nicht nur das Strahlenproblem ein für alle Mal souverän löst, sondern zudem ausgesprochen cool rüberkommt.
Stellen Sie sich einmal vor, Sie sitzen in einer gepflegten Bar oder auch einfach nur im Intercity und nesteln aus Ihrer Sakkotasche oder aus Ihrer smarten Designer-Handtasche einen klassischen alten Telefonhörer. Hundeknochen nannte Opa das früher scherzhaft. Sie halten ihn ans Ohr, und tatsächlich, Sie fangen an zu telefonieren, während Ihr Smartphone unauffällig in der Hemdtasche steckt. Nur ein spiralig geringeltes Kabel verläuft vom Hörer unter Ihrem eleganten Blazer zum USB -Port. Ungeteilte Aufmerksamkeit ist Ihnen sicher. So was ist einfach megacool – und zugleich tun Sie etwas für Ihre Gesundheit.
Cool wirkt diese Art des Telefonierens schon.
Sie halten das für einen Fake und unser Bild für eine Fotomontage? Weit gefehlt, solche Retrohandsets gibt es in verschiedenen Modellen im Handel. Also trauen Sie sich!
Roboter-Babys
Das Tamagotchi ( → FarmVille, Tamagotchi & Co. ) war und ist ein reichlich blödes Spielzeug, das seinem Besitzer nichts als sinnlose Arbeit macht. Die ebenfalls aus Japan stammenden Roboter-Babys sind indes todernst gemeint.
Roboter-Babys gibt es in verschiedenen Ausführungen. Diese hier wirken relativ freundlich und verspielt und nicht so melancholisch wie andere ihrer Art.
Stellen Sie sich einmal vor, Sie erwarten Nachwuchs, haben aber panische Angst, Sie könnten Ihr Baby vielleicht nicht ganz artgerecht halten, etwa das Fläschchen geben, auf den Arm nehmen und beruhigen, wenn es schreit, Windeln wechseln, ins Bettchen legen, nachts aufstehen, wenn es schon wieder schreit usw. usw. Solche Gedanken können durchaus nicht nur werdende Mütter, sondern auch angehende Väter plagen. Ihnen fehlen ganz einfach noch die natürlichen Elterninstinkte. Die kann man jetzt aber nach Meinung japanischer Roboter-Baby-Hersteller und -Vertreiber trainieren, schon lange bevor das eigene Kind das Licht
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