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Das Licht der Flüsse

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Titel: Das Licht der Flüsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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(von
     der ich nie zuvor gehört hatte) war dafür verantwortlich. Die Gesellschaft wurde, laut der Werbebroschüre, am 17. Januar 1832
     durch ein Breve von Papst Gregor XVI. gegründet. Glaubt man dem farbigen Basrelief, ging sie auf einen anderen Zeitpunkt zurück
     und auf die Jungfrau Maria, die dem heiligen Dominik einen Rosenkranz reicht, und das Jesuskind, das einen weiteren Rosenkranz
     der heiligen Katharina von Siena übergibt. Papst Gregor ist weniger eindrucksvoll, aber liegt näher. Ich konnte nicht genau
     feststellen, ob die Gesellschaft nur der Anbetung diente oder auch gute Taten verrichtete, zumindest war sie sehr gut organisiert:
     Für jede Woche des Monats waren die Namen von vierzehn verheirateten und unverheirateten Statthalterinnen eingetragen, mit
     einer weiteren für gewöhnlich verheirateten Frau an der Spitze als
zélatrice
: die Chorleiterin. Vollkommene und partielle Ablässe erfolgten durch die Ausübung der Pflichten der Gesellschaft. »Die partiellen
     Ablässe sind mit dem Beten des Rosenkranzes verknüpft.« Dem »Beten der notwendigen
dizaine
« folgte sogleich ein partieller Ablass. Wenn Leute dem himmlischen Königreich mit dem Sparbuch in der Hand dienen, hege ichstets die Befürchtung, dass sie ihre Mitmenschen mit demselben kommerziellen Eifer behandeln, was dieses Leben zu einer traurigen
     und schäbigen Angelegenheit machen würde.
    Es gab noch eine weitere Klausel mit einer erfreulicheren Aussage. »All diese Ablässe«, besagte sie, »können Seelen im Fegefeuer
     gewidmet werden.« Um Himmels willen, ihr Damen von Creil, widmet sie alle unverzüglich den Seelen im Fegefeuer! Burns wollte
     für seine letzten Lieder keinen Lohn erhalten und seinem Land lieber aus reiner Liebe dienen. Macht es doch einfach so wie
     der Steuereintreiber, Mesdames, selbst wenn das die Seelen nicht vom Fegefeuer erlöst, würden die Seelen in Creil an der Oise
     jetzt oder nach dem Tod auch nicht schlechter dastehen.
    Während ich diese Notizen übertrage, frage ich mich, ob ein waschechter Protestant wirklich in der Lage ist, diese Symbole
     zu verstehen und sie zu würdigen, wie es ihnen gebührt; ich komme immer wieder dahin, dass er es nicht ist. Sie können dem
     Gläubigen nicht so vollkommen hässlich und gemein erscheinen wie mir. Das ist für mich so offensichtlich wie ein Lehrsatz
     von Euklid. Denn diese Gläubigen sind weder schwach noch bösartig. Sie können ihre Tafel aufstellen und vom heiligen Joseph
     eine rasche Erledigung fordern, als ob er noch ein Dorfzimmermann wäre; sie können »die notwendige
dizaine
« beten und metaphorisch den Ablass einsacken, als hätten sie für den Himmel eine Arbeit erledigt; dann können sie hinausgehen
     und unerschrocken auf diesen wundervollen Fluss hinabsehen, der vorbeifließt, und ohne Verwirrung hinauf zu den stecknadelkopfgroßen
     Sternen, die selbst große Welten sind, voll fließender Flüsse,größer als die Oise. Es ist so offensichtlich wie ein Lehrsatz von Euklid, sage ich, dass mein protestantischer Verstand den
     Sinn der Sache nicht erfasst hat und dass in diesen Auswüchsen eine tiefere und größere religiöse Bedeutung liegt, als ich
     mir träumen lasse.
    Ich frage mich, ob andere Leute mir gegenüber ebenso nachsichtig wären! So wie die Damen von Creil will ich sofort, nachdem
     ich meinen Rosenkranz der Toleranz gebetet habe, meinen Ablass erwarten.

Précy und die Marionetten
    Wir erreichten Précy ungefähr bei Sonnenuntergang. Auf der Ebene wuchsen zahllose Pappeln. In einem großen leuchtenden Bogen
     lag die Oise unter einem Berghang. Ein leichter Nebel begann aufzuziehen und die Entfernungen aufzuheben. Es war vollkommen
     still bis auf das Läuten der Schafsglocken von einer Weide am Fluss und das Quietschen eines Wagens, der auf der langen Straße
     fuhr, die vom Hügel herunterführt. Die Villen in ihren Gärten, die Läden auf der Straße, alle schienen am Vortag verlassen
     worden zu sein; ich fühlte mich dazu verleitet, auf leisen Sohlen zu gehen wie jemand, der einen stillen Wald durchquert.
     Urplötzlich, als wir um eine Ecke bogen, war da eine Schar Mädchen in Pariser Kleidern, die Krocket spielten. Ihr Lachen und
     das dumpfe Geräusch von Kugel und Schlagstock verursachten einen fröhlichen Wirbel in der Nachbarschaft. Der Anblick dieser
     schlanken Gestalten, allesamt im Korsett und mit Schleifchen, erzeugte eine angemessene Unruhein unseren Herzen. Anscheinend waren wir in Duftweite von

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