Das Licht der Hajeps (German Edition)
möglichst ruhig und schaute dem Kleinen ins Gesicht, in der Hoffnung, dessen Blick möge nicht zu lange auf dem funkelnden Metallkern in seinen Händen verweilen.
Tobias nickte. Der Kleine war plötzlich wieder so traurig, dass Tränen in seinen großen Augen schimmerten, behielt aber die Fingerchen in der linken Hosentasche, wo sich eine kugelförmige Wölbung abzeichnete.
„Na, wenigstens hast du deinen ‚Blauli‘ wiedergefunden!“ sagte der Bursche in tröstendem Ton.
„Er heißt nicht ‚Blauli‘“, Tobias krauste die sommergesprosste Nase und seine Stimme klang vorwurfsvoll, „sondern ‚Blaui‘ ohne ‚l’!“
„Ach soooo, ohne ‚l’!“ George ließ den Rucksack von der Schulter gleiten und öffnete diesen.
„Leider habe ich euren Munk nicht gesehen, aber ich helfe dir gerne, warte einen Augenblick, ja?“ Er versenkte vorsichtig die ‚Bombe‘ tief im Rucksack zwischen viel Papier – das sollte Erschütterungen dämpfen – neben dem Fernrohr und dem ‚Sochanten‘, einem Dechiffriergerät, das Robert mit viel Mühe Nireneska, dem hajeptischen Oberkommandierenden, hatte entwenden können.
„Ich … ich gehe schon mal den Munk im Nachbarabteil suchen!“ schlug das Kind plötzlich vor und war sogleich an ihm vorbei und an der Tür, des anderen Abteils.
„He, heee, lass’ man gut sein! Wir machen das gemeinsam, okay?“ keuchte der Bursche entsetzt, denn er dachte an all die schnarchenden Passagiere. Im Nu hatte er sich den Rucksack über die Schulter geworfen und war Tobias hinterher geprescht. Er hielt ihn am Arm zurück. Tobias brüllte schmerzerfüllt auf, denn ihm taten noch immer beide Ärmchen vom Gezerre auf dem Bahnhof weh.
„Schrei nicht so!“ rügte er den Jungen verärgert. „Wir suchen Munk zunächst in unserem Abteil, hast du gehört … in UNSEREM!“ Oh Gott, auch er war viel zu laut.
„Ja, aber … warum?“ krächzte Tobias wesentlich leiser, erschrocken über den plötzlichen Befehlston. „Da haben wir doch schon gesucht und da is’ er nich und das weiß ich ganz genau!“
Der Kleine schob die rot genuckelte Unterlippe weit vor und George ahnte, es fehlten nur Sekunden und der Bengel würde in Tränen gebadet sein.
„Ich gehe nicht“, fauchte der Kleine plötzlich und stemmte die Füßchen gegen den Boden, „ehe ich den Munk wiedergekriegt hab’, so!“
„Ach, meinst du etwa mit Munk eure alte Katze?“ Unser Bursche tat so, als wäre er überrascht.
„Ja, die meine ich“, schniefte das Kind, „und die heißt Munk! Aber die ist keine DIE! “ setzte der Kleine ziemlich hastig hinzu und wischte sich dabei über die Nase. „Die ist ein ‚ ER ‘ … nämlich ein KATER! “
„Ach so, das wusste ich nicht!“ log der Bursche weiter.
„Und Munk ist gar nicht alt!“ empörte sich das Kind weiter. „Nee, das is’ er nich’! Er is’ nämlich immer noch hübsch!“
„Tatsächlich?“ fragte George. ‚Habe nie gehört, dass Katzen hübsch sein können!‘ dachte er verdrießlich, setzte jedoch ein betrübtes Gesicht auf und sagte:
„Armer Junge, ich hatte ja gar nicht gewusst, dass du mit Munk diesen bildhübschen Kater meinst. Wirklich ein prächtiges Tier, aber der ist vorhin durch das geöffnete Fenster, siehst du das da?“ Er wies auf das Fenster, welches er selber aufgerissen und zu schließen vergessen hatte. „Ins Freie gehopst!”
„I … iiins Freie?“ wiederholte Tobias erschüttert.
„Sehr richtig!“ bestätigte der Bursche und kam sich nun doch ein wenig gemein vor. Er änderte aber seine Taktik um keinen Deut, denn schließlich ging es hier um Wichtigeres, als um ein paar Kindertränen. „Du verstehst recht gut“, lobte er Tobias. „Bist ein kluger Junge!“ Er tätschelte dem Kind die Wange, über die nun leider doch eine dicke Träne kroch und da flitzte auch schon die nächste hinterher. Tja, Tobias war ziemlich gut im Weinen!
„Keine Angst!“ hörte sich der Bursche zu seiner eigenen Überraschung sagen. „Euer Kater wird sich dabei nichts gebrochen haben, so jugendlich, wie der noch ist!“
„Ja, das ist er!“ Tobias zwängte die Lider zusammen, damit keine Tränen mehr kamen.
„Und dieser alte Zug fährt langsam! Sei daher nicht traurig, dass er euch verlassen hat. Das ist keine Untreue! Munk hatte lediglich Hunger!“ Das tröstete den Jungen zwar etwas, aber nicht völlig, dennoch ging er in sein Abteil zurück.
Kapitel 7
Munk hing indes vertikal und ziemlich verstört in fester
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