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Das Licht der Phantasie

Das Licht der Phantasie

Titel: Das Licht der Phantasie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Kiste.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte der Tourist. »Du bist Zauberer und kennst dich mit solchen Dingen besser aus.«
    »Äh, ja, natürlich«, pflichtete ihm Rincewind bei. »Andererseits: Koffermagie ist sehr kompliziert. Nun, ich bin sicher, die Gnome wären ohnehin nicht bereit, das Haus zu verkaufen. Es ist…« – er suchte in dem begrenzten Wortschatz, den er sich von Zweiblums Vokabular angeeignet hatte –, »…eine Art Touristenattraktion.«
    »Was soll das heißen?« fragte Swires mißtrauisch und interessiert zugleich.
»Es bedeutet, daß viele Leute wie er kommen werden, um es sich anzusehen«, erklärte Rincewind.
»Warum?«
    »Weil…« Rincewind griff in die untersten Schubladen seiner Ausdrucksfähigkeit. »Es ist kurios. Äh, eine Sehenswürdigkeit. Folkloristisch. Mit anderen Worten: ein einzigartiges Beispiel einer Baukunst, geschaffen in einer Tradition, an die sich heute kaum mehr jemand erinnert.«
    »Ach, tatsächlich?« fragte Swires fasziniert und sah sich verwirrt im Zimmer um.
»Ja.«
    »Das Marzipan, der Lebkuchen, die Lakritze und alles andere?«
    »Du hast es erfaßt.«
    »Ich helfe euch beim Packen.«
Und die Nacht wird noch viel finsterer, während sich dunkle Wolken zusammenballen und fast die ganze Scheibenwelt bedecken. Zum Glück. Denn wenn der Wind sie forttreibt und die Astrologen die Sterne beobachten können, geraten sie ganz durcheinander und lassen den Ärger an ihren Lehrlingen aus.
    In verschiedenen Teilen des Waldes verlieren Zauberer die Orientierung, irren umher und versuchen, sich voreinander zu verbergen. Und sie werden immer zorniger, denn jedesmal, wenn sie gegen einen Baum stoßen, entschuldigt er sich bei ihnen. Doch nach und nach, wie durch ein Wunder, nähern sie sich dem Knusperhäuschen…
    Etwa zur gleichen Zeit entwickelte Grauhalt Spold – ältester Magier der Unsichtbaren Universität und entschlossen, diesen Status beizubehalten – hektische Aktivität in seiner Unterkunft. Die Begegnung mit dem Tod hat ihn daran erinnert, daß auch das Leben eines Magiers nicht ewig währt, und nur zu deutlich entsinnt er sich an den nachdenklichen Blick der dunklen Gestalt. Er hofft inständig, daß der Sensenmann die Party genießt und ihm Zeit genug läßt, gewisse Vorbereitungen zu treffen.
    Grauhalt Spold macht sich sofort an die Arbeit. Nun, er mag taub sein, vielleicht auch ein wenig schwer von Begriff, aber ältere Zauberer zeichnen sich durch einen ausgeprägten Überlebensinstinkt aus. Deshalb wissen sie ganz genau, daß höchste Eile geboten ist, wenn sie eine finstere Gestalt sehen, die ein ganz bestimmtes landwirtschaftliches Werkzeug in der Hand hält und sich ein Gesicht einzuprägen versucht. Spold handelt. Er dichtet die Türen mit einer Paste ab, die aus zerriebenen Eintagsfliegen besteht, und Schutzoktagramme zieren die Fenster. Er gießt seltene, ziemlich streng riechende Öle auf den Boden und bildet damit Muster, die so kompliziert sind, daß einem bei ihrem Anblick schwindelig wird. Außerdem weisen sie darauf hin, daß derjenige, der sie zeichnete, nicht ganz bei Verstand ist – was in diesem besonderen Fall durchaus zutrifft. In der Mitte des Zimmers befindet sich das achtgefaltete Bannoktagramm, umgeben von roten und grünen Kerzen. Und im Zentrum jenes Symbols steht eine Kiste, geschaffen aus dem Holz von Ewigkeitsfichten, die, wie der Name schon sagt, recht alt werden. Rote Seide umhüllt die Truhe, und an den Kanten baumeln Amulette zur Abwehr dämonischer Eindringlinge.
    Kurz gesagt: Grauhalt Spold weiß, daß ihm der Tod irgendwann einen unerfreulichen Besuch abstatten wird, und er hat die letzten Jahre damit verbracht, ein absolut sicheres Versteck vorzubereiten.
    Als er sicher ist, nichts vergessen zu haben, klettert er in die Kiste – sie weist übrigens bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit einem Sarg auf –, betätigt das Uhrwerk des Schlosses und macht es sich in der festen Überzeugung gemütlich, bestens vor dem gefährlichsten seiner Feinde geschützt zu sein. Erst als er zu keuchen beginnt, merkt er, wie wichtig Luftlöcher bei solchen Unternehmungen sind.
    Kurze Zeit später erklingt dicht neben ihm eine unheilvoll klingende Stimme: »VERDAMMT DUNKEL HIER DRIN, NICHT WAHR?«
     
     
    E rste Schneeflocken fielen, und die Malzzuckerfenster des Knusperhäuschens glänzten vergnügt vor sich hin.
    Am einen Rand der Lichtung glühten kurz drei winzige rote Punkte auf. Ein Schemen hustete, und ein anderer Schatten preßte ihm die

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