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Das Licht der Phantasie

Das Licht der Phantasie

Titel: Das Licht der Phantasie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Pferde durch die Nacht. Drei von ihnen trugen sorgfältig geknebelte und gefesselte Gefangene, und ein viertes Roß zog ein improvisiertes Travois, auf dem der Koffer unter einem festgezurrten Netz lag, reglos und stumm.
    »Halt!« rief Herrena mit gedämpfter Stimme und winkte einen ihrer Männer zu sich.
»Bist du ganz sicher?« fragte sie. »Ich höre überhaupt nichts.«
    »Ich habe die schemenhaften Gestalten einiger Trolle gesehen«, erwiderte er besorgt.
    Die Heldin sah sich um. In diesem Bereich wuchsen nur noch wenige Bäume, und der Boden bestand aus lockerem Geröll. Weiter vorn ragte ein kahler Felshügel auf, der im roten Glühen des neuen Sterns besonders düster wirkte.
    Argwöhnisch prüfte Herrena den Weg. Er schien uralt zu sein, aber irgend jemand hatte ihn angelegt, und es war allgemein bekannt, wie gerne Trolle Menschen zerquetschten.
    Sie seufzte. Plötzlich schien der Beruf einer Sekretärin einiges für sich zu haben.
    Nicht zum erstenmal dachte sie an die vielen Nachteile einer Karriere als Schwertkämpferin. Zum Beispiel wurde man/frau von den Vertretern des anderen Geschlechts erst dann ernst genommen, wenn man sie im Kampf tötete, und dann spielte es eigentlich keine Rolle mehr. Hinzu kam all das Leder: Es schien sich um eine Tradition zu handeln, die unbedingt beachtet werden mußte, aber sie bekam dauernd Ausschlag davon. Und dann das Bier. Nun, für Leute wie Hrun den Barbaren oder Cimbar den Meuchelmörder mochte es durchaus in Ordnung sein, die ganze Nacht in irgendwelchen Tavernen und Schänken zu zechen, aber Herrena mied solche Etablissements – es sei denn, sie boten ordentliche Getränke in kleinen Gläsern an, zum Beispiel Kirschlikör oder Champagner. Und was die sanitären Anlagen betraf…
    Andererseits jedoch: Herrena war zu groß für eine Diebin, zu ehrlich, um sich als Assassinin zu verdingen, und zu intelligent für ein Leben als Ehefrau. Außerdem verhinderte ihr Stolz eine Betätigung in dem einzigen anderen weiblichen Gewerbe.
    Deshalb blieb ihr nichts anderes übrig, als Kriegerin zu werden. Sie legte ihre Ersparnisse auf die hohe Kante und hatte bereits ein bescheidenes Vermögen angesammelt, wußte allerdings noch nicht genau, wozu sie es verwenden sollte. Nur in einem Punkt war sie ganz sicher: Wenn sie sich irgendwo niederließ, wo man wußte, was Zivilisation bedeutete, wollte sie endlich ein Bidet genießen.
    Irgendwo in der Ferne splitterte Holz. Trolle machten sich nur selten die Mühe, einen Bogen um Bäume zu machen.
    Erneut beobachtete sie den Hügel. Links und rechts stiegen steile Felsen auf, und die Kuppe bestand aus einem breiten granitenen Vorsprung. Die Heldin kniff die Augen zusammen und glaubte, die dunklen Öffnungen von Höhlen zu erkennen.
Sie beugte sich zu Gancia vor, dem Anführer der aus Morpork stammenden Söldner. Er gefiel ihr nicht sonderlich. Zwar war er so muskulös und zäh wie ein Ochse, aber ihrer Meinung nach bestand das Problem darin, daß man diesen Vergleich auch auf seinen Verstand beziehen konnte. Außerdem zeichnete er sich durch eine Boshaftigkeit aus, die der eines Frettchens in nichts nachstand. Wie die meisten Burschen aus der Gosse Morporks wäre er sofort bereit gewesen, seine Oma an den Meistbietenden zu verschachern – vermutlich hatte er schon längst eine Auktion veranstaltet.
    »Wir lagern in einer der Höhlen und entzünden ein großes Feuer im Zugang«, sagte Herrena. »Trolle mögen keine Flammen.«
    Gancias finsterer Blick deutete darauf hin, daß es ihm nicht sehr gefiel, von einer Frau Befehle entgegenzunehmen, aber laut sagte er. »Du bist der Boß.«
    »Genau.«
    Herrena blickte zu den drei Gefangenen zurück und betrachtete kurz die Kiste. Ja, Trymons Beschreibungen trafen genau zu. Aber keiner der Männer sah wie ein Zauberer aus. Nicht einmal wie ein gescheiterter.
     
     
    » L ieber Himmel!« stöhnte Kwartz.
    Die Trolle verharrten, und die Nacht umhüllte sie wie Samt. Eine in der Finsternis verborgene Eule stieß einen schaurigen Schrei aus. Nun, Rincewind vermutete zumindest, daß es sich um eine Eule handelte; seine ornithologischen Kenntnisse wiesen einige große Lücken auf. Eine Nachtigall zirpte. Möglicherweise auch eine Drossel. Eine Fledermaus flatterte vorbei – er erkannte sie auf den ersten Blick.
    Eine Zeitlang lauschte der Zauberer, dann seufzte er müde und versuchte, auf der steinernen Schulter des Trolls eine bequemere Position zu finden. Als er an die blauen Flecken an seinem

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