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Das Licht der Phantasie

Das Licht der Phantasie

Titel: Das Licht der Phantasie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Tante. Ich weiß nicht, an was sie denkt, aber schon seit zweihundert Jahren hat sie sich nicht mehr bewegt.«
    »Lieber Himmel!« entfuhr es dem Zauberer. »Mein Beileid.«
    »Nun, wir kümmern uns um sie und sorgen dafür, daß ihr nichts zustößt«, sagte Kwartz. »Eigentlich besteht auch gar keine Gefahr, denn hier treiben sich nur wenige Menschen herum. Ich weiß, daß es nicht eure Schuld ist, aber aus irgendeinem Grund scheint ihr nicht zwischen vernunftbegabten Trollen und gewöhnlichen Felsen unterscheiden zu können. Um nur ein Beispiel zu nennen: Meinen Großonkel hat’s in einem Steinbruch erwischt.«
    »Wie schrecklich!«
    »Ja. Eben war er noch ein Troll, und im nächsten Augenblick ein dekorativer Kamin.«
Sie bleiben vor einer vertraut wirkenden Klippe stehen. Die zertretenen Reste eines Lagerfeuers glühten in der Dunkelheit.
»Sieht aus, als hätte hier ein Kampf stattgefunden«, meinte Beryll. »Sie sind weg!« schrie Rincewind. Er eilte an den Rand der Lichtung. »Und die Pferde ebenfalls! Selbst der Koffer ist nicht mehr da!«
    »Einer von ihnen hat eine undichte Stelle«, sagte Kwartz und bückte sich. »Hier, sieh nur: das rote, wäßrige Zeug, das in euren Körpern fließt.«
    »Blut!«
    »So nennt ihr es? Was fangt ihr bloß damit an?«
    Rincewind lief umher wie jemand, der Gefahr lief, endgültig überzuschnappen. Er schlich sich an Büsche und Sträucher heran, sprang mit einem Satz dahinter, um festzustellen, ob sich jemand versteckte. Dabei stolperte er über eine kleine grüne Flasche.
    »Cohens Salbe!« stöhnte er. »Er läßt sie niemals zurück!«
    »Nun«, grollte Kwartz, »euch Menschen stehen gewisse Möglichkeiten offen. Ich meine: Wenn wir zu überlegen beginnen ›Was geht’s mich an?‹ und zu philosophieren anfangen, fallt ihr einfach zu Boden, rührt euch nicht mehr und löst euch nach einer gewissen Zeit auf.«
    Rincewind schluckte. »Sterben!« krächzte er. »Tod!« Und er erinnerte sich an eine schwarze Gestalt, die eine Sense in der knöchernen Hand hielt, an einen im Akkord arbeitenden Ikonoskopwicht, an sein Bild von der Jenseitswelt. Der Zauberer schauderte so heftig wie noch nie zuvor in seinem Leben.
    »Genau«, bestätigte Kwartz. »Aber da wir sie hier nirgends finden können, sind sie vermutlich nicht in eine philosophische Krise geraten.«
    »Vielleicht hat sie jemand gefressen!« warf Jaspis aufgeregt ein.
    »Hmm«, brummte Kwartz. Und Rincewind murmelte: »Wölfe?«
    »Die Wölfe, die hier umherstreiften, haben wir schon vor Jahren plattgetreten«, erwiderte der Troll. »Besser gesagt: Es war der Alte Großvater.«
    »Mag er keine Wölfe?«
    »Keine Ahnung. Er achtete nur nicht darauf, wohin er die Füße setzte. Hmmm…« Die Trolle betrachteten den Boden.
    »Hier ist eine Spur«, sagte Kwartz kurz darauf. »Stammt von ziemlich vielen Pferden.« Er starrte in Richtung der nahen Hügel: Im silbrigen Schein des Mondes zeichneten sich die Schemen steiler Grate und zerklüfteter Schründe ab.
    »Der Alte Großvater lebt dort oben«, fügte Kwartz etwas leiser hinzu. Irgend etwas in seinem Tonfall ließ es Rincewind angeraten scheinen, die Nähe des Alten Großvaters nicht zu wünschen.
»Ein unangenehmer Zeitgenosse, nehme ich an?« fragte er vorsichtig. »Er ist sehr alt und groß und gemein«, erwiderte Kwartz. »Wir haben ihn schon seit Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Seit Jahrhunderten«, berichtigte ihn Beryll.
»Er wird sie alle plattwalzen!« fügte Jaspis hinzu und hüpfte über Rincewinds Zehen.
    »Manchmal zieht sich ein wirklich großer und alter Troll in die Berge zurück, und dann kann es geschehen, daß er seiner, äh, Felsennatur erliegt. Du verstehst sicher, was ich meine.«
    »Nein.«
    Kwartz seufzte. »Gelegentlich führen sich Menschen wie Tiere auf, nicht wahr? Das ist auch bei Trollen der Fall, in gewisser Weise. Manchmal denken sie wie Felsen. Und Felsen halten nicht viel von Menschen.«
    Brekzie, ein zierlicher Troll, unter dessen Vorfahren auch Sandsteine vertreten gewesen sein mochten, zupfte an Kwartz’ Arm.
»Folgen wir ihnen?« fragte er. »Die Legende sagt, wir müssen verhindern, daß dieser Rincewind zu einem Breifladen wird.«
    Kwartz richtete sich auf, dachte einige Sekunden lang nach, packte den Zauberer am Kragen und hob ihn sich mit leisem Knirschen auf die Schultern.
    »Wir brechen auf«, sagte er fest. »Wenn wir dem Alten Großvater begegnen, erkläre ich ihm alles…«
     
     
    Z wei Meilen entfernt trabten einige

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