Das Licht der Phantasie
Allerwertesten dachte, fiel ihm die kleine grüne Flasche ein. Vielleicht leiht mir Cohen ein wenig von seiner Salbe.
»Warum ›lieber Himmel‹?« fragte er schließlich.
Rincewind starrte in die Finsternis, und auf einem Hügel vor ihnen entdeckte er einen matten, flackernden Fleck.
»Oh«, sagte er. »Ein Feuer. So etwas gefällt euch nicht, oder?«
»Nein«, bestätigte Kwartz. »Es beeinträchtigt die Supraleitfähigkeit unserer Gehirne. Aber wie dem auch sei: Ein so kleines Feuer würde den Alten Großvater kaum stören.«
Rincewind sah sich wachsam um und horchte nach Geräuschen, die ein amoklaufender Troll verursachen mochte. Er wußte inzwischen, wie sich normale Trolle in einem Wald verhielten. Es machte ihnen nicht etwa Spaß, Verheerungen anzurichten – sie behandelten organische Materie nur wie eine Art lästigen Nebel.
»Wollen wir nur hoffen, daß er nicht darauf aufmerksam wird«, sagte er besorgt.
Kwartz seufzte. »Ich schätze, es bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als das Feuer zu bemerken«, brummte er. »Es brennt direkt in seinem Mund.«
» F o weit ift ef mit mir gekommen!« stöhnte Cohen und versuchte vergeblich, sich von seinen Fesseln zu befreien.
Zweiblum musterte ihn benommen. Der Stein aus Gancias Schleuder hatte eine ziemlich dicke Beule an seinem Kopf hinterlassen, und der Tourist war ein wenig unsicher, was gewisse Dinge betraf, angefangen mit seinem Namen.
»Ich hätte horchen follen«, fuhr Cohen fort. »Ach, ef wäre viel beffer gewefen, Wache zu halten und aufzupaffen, anftatt auf dein Gerede über – wie heiffen die Dinger? – Gebiffe zu hören. Ich glaube, ich werde langfam alt.«
»Diese Höhle ist irgendwie komisch«, sagte Bethan.
»Waf meinft du damit?« fragte Cohen.
»Nun, blick dich mal um. Hast du jemals solche Felsen gesehen?« Cohen gab ihr recht: Der steinerne Halbkreis am Höhleneingang wirk te in der Tat ungewöhnlich. Jeder Felsen war größer als ein hochgewachsener Mann und sah irgendwie abgenutzt aus. Außerdem ging ein eigentümlicher Glanz von ihnen aus. An der Decke gab es einen zweiten solchen Halbkreis. Die seltsame Formation erweckte den Eindruck eines Steincomputers, vielleicht geschaffen von einem Druiden, der zwar vage geometrische Vorstellungen hatte, aber nicht die geringste Ahnung von den Gesetzen der Schwerkraft.
»Und dann die Wände.«
Cohen schielte auf die Wand und bemerkte einige Streifen aus rotem Kristall. Argwöhnisch kniff er die Augen zusammen, als er kleine Lichtblitze sah, die über die Mineralienadern tanzten und irgendwo im massiven Gestein verschwanden.
Darüber hinaus war es recht zugig. Ein beständiger Wind blies aus den dunklen Tiefen der Höhle.
»Ich bin sicher, er wehte aus der anderen Richtung, als wir hier eintrafen«, flüsterte Bethan. »Was meinst du dazu, Zweiblum?«
»Nun, ich bin kein Höhlenforscher«, erwiderte er, »aber ich glaube, das dort an der Decke hängende Objekt ist ein höchst eigenartiges StalagDing. Ein bißchen zu knollig, nicht wahr?«
Sie beobachteten es eine Zeitlang.
»Nun, ich kann euch keinen triftigen Grund nennen«, fügte der Tourist hinzu, »aber ich hielte es für besser, diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen.«
»Oh, natürlich«, brummte Cohen spöttisch. »Wir bitten die Leute einfach darum, unf die Feffeln abzunehmen und gehen fu laffen, nicht wahr?«
Cohen kannte Zweiblum erst seit kurzer Zeit und war daher ziemlich überrascht, als der kleine Dicke fröhlich nickte. Für gewöhnlich glich er seine mangelnden Kenntnisse ihm unbekannter Dialekte und Mundarten dadurch aus, daß er besonders langsam und laut sprach. Auch diesmal hoffte er, sich auf eine solche Weise verständlich machen zu können: »Entschuldigt bitte«, sagte er langsam und laut. »Würdet ihr uns bitte losbinden und gehen lassen? Hier drin ist es recht feucht und zugig. Bitte seid so nett…«
Bethan sah Cohen verblüfft an.
»Was will er damit erreichen?«
»Keine Ahnung. Vielleicht ift er lebenfmüde.«
Drei der am Feuer sitzenden Gestalten standen auf und kamen näher.
Sie erweckten nicht gerade den Eindruck, als hätten sie die Absicht, irgend jemanden loszubinden. Ganz im Gegenteil: Die beiden Männer schienen zu den Leuten zu gehören, die gern mit Messern herumspielen, anzüglich grinsen und höhnisch lachen, wenn sie Gefesselte sehen.
Herrena stellte sich vor, indem sie ihr Schwert zog und auf Zweiblums Herz richtete.
»Wer von euch ist der Zauberer Rincewind?«
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