Das Licht der Phantasie
des öfteren Ausflüge auf eigene Faust, und ich halte es für besser, nicht nach dem Grund zu fragen.«
Den Sternenleuten fiel allmählich auf, daß alles verdächtig still blieb und Rincewind überhaupt nicht in der Lage war, ihnen zu drohen oder gar magisches Feuer entgegen zu schleudern. Langsam rückten sie vor und beobachteten dabei argwöhnisch die Arme des Zauberers.
Zweiblum und Bethan wichen zurück, und der Tourist sah sich um. »Bethan?«
»Ja?« entgegnete sie, ohne die näher kommenden Gestalten aus den Augen zu lassen.
»Wir sind in eine Sackgasse geraten.«
»Bist du sicher?«
»Ich erkenne eine Wand aus Ziegelsteinen, wenn ich eine sehe«, sagte er vorwurfsvoll.
»Ich schätze, dann sind wir erledigt«, murmelte die junge Frau. »Glaubst du, es nützt etwas, wenn ich ihnen erkläre…«
»Nein.«
»Oh.«
»Ich befürchte, diese Burschen halten nicht viel von irgendwelchen Erklärungen«, fügte Bethan hinzu.
Zweiblum starrte die Männer groß an. Es wurde bereits an mehreren Stellen darauf hingewiesen, daß sich der Tourist von Gefahren ebensosehr beeindrucken ließ wie Katzen von zornigen Mäusen. Ungeachtet aller menschlichen Erfahrungen glaubte er fest daran, man könne jedes Problem lösen, wenn man vernünftig miteinander sprach (vorzugsweise laut und deutlich), Tee mit Milch und Zucker trank, Bilder von den Enkeln austauschte und vielleicht ein paar Witze riß. Außerdem vertrat er die Ansicht, andere Leute seien im Grunde genommen gut und freundlich, hätten nur ab und zu einen schlechten Tag. Was sich ihm jetzt durch die Gasse näherte, mochte die gleiche Auswirkung auf ihn haben wie ein Gorilla, der durch eine Glasfabrik stapfte.
Hinter ihm knisterte etwas. Es war eigentlich nicht in dem Sinne ein Geräusch, eher eine feine Veränderung in der Struktur der Luft.
Die grauen Gesichter vor ihm verwandelten sich in erschrockene Fratzen, und die zu ihnen gehörenden Körper wirbelten herum und stürmten fort.
»Was ist denn jetzt los?« entfuhr es Bethan, die Rincewind wie einen Schild hielt. Der Zauberer hatte inzwischen das Bewußtsein verloren und träumte vermutlich von einem magischen Wunderland, in dem er hohes Ansehen genoß.
Zweiblum drehte sich langsam um und sah ein großes Schaufenster, hinter dem sonderbar anmutende Waren lagen. Sein Blick glitt über den Perlenvorhang am Eingang, verharrte dann auf einem großen Schild. Die Buchstaben der Aufschrift tanzten unsicher umher und versuchten, sich in der richtigen Reihenfolge anzuordnen. Schließlich las der Tourist:
Thaumaturksche Utensiliegen
Krale, Bratfannen fier Goldene Aier, Ammulette
Narrensillber uhnd Alchimißtenblai
Gegrünndet: irgen’wann
Krdite: nur am Ruhetg
Sonderngbote: KAINE
D er Juwelier rückte das Gold auf dem kleinen Amboß zurecht und hämmerte den letzten sonderbar geschliffenen Diamanten behutsam in die richtige Position.
»Aus dem Mund eines Trolls, meinst du?« murmelte er, kniff die Augen zusammen und prüfte seine Arbeit.
»Ja«, bestätigte Cohen. »Und wie ich fon fagte: Du kannft den Reft behalten.« Er betrachtete ein Auslagekästchen mit goldenen Ringen.
»Sehr großzügig von dir«, antwortete der Juwelier, der sich natürlich mit solchen Dingen auskannte und wußte, daß er ein gutes Geschäft machte. Er seufzte.
»In letfter Zeit läuft der Laden wohl nicht befonderf gut, waf?« fragte Cohen. Er sah durch das kleine Fenster und beobachtete einige trüb starrende Leute, die sich auf der anderen Straßenseite eingefunden hatten.
»Schwierige Zeiten, ja.«
»Wer find all die Burfen mit den aufgemalten Fternen?« erkundigte sich der greise Barbar.
Der Juwelier – ein Zwerg – hob nicht einmal den Kopf.
»Bekloppte«, antwortete er. »Sie meinen, ich solle nicht mehr arbeiten, weil sich der rote Stern nähere. Ich wies sie mehrmals darauf hin, daß mir irgendwelche Lichter am Himmel noch nie geschadet haben.« Er seufzte erneut. »Könnte ich das doch auch von anderen Leuten behaupten!«
Cohen nickte nachdenklich, als sich sechs Männer von der Gruppe lösten und auf das Geschäft zuhielten. Sie trugen verschiedene Waffen und wirkten außerordentlich entschlossen.
»Feltfam«, sagte er.
»Nun, dir ist sicher bereits aufgefallen, daß ich ein Zwerg bin«, brummte der Juwelier. »Mit anderen Worten: Ich gelte als Angehöriger eines magischen Volkes. Die Verrückten dort draußen glauben, daß der Stern die Scheibenwelt verschont, wenn wir uns von der Magie abwenden.
Weitere Kostenlose Bücher