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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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anrufen, ihn treffen oder den Zettel wegschmeißen, das Telefon abstellen, warten, bis er wieder verschwindet wie ein schlechter Traum?«
    »Das ist deine Entscheidung«, sagte Robert. Aber das war sie nicht. Es war nicht mehr Selinas Entscheidung, und er wusste, was von ihm erwartet wurde. Doch das war vor der Verwandlung gewesen. Er war jetzt auf dem Weg, ein anderer zu werden.
    Selina hob ihr verzweifeltes Gesicht und sah ihn durchdringend an.
    »Ich brauche Hilfe dabei … ich fühle mich wie überrollt. Ich brauche deinen Rat. Was soll ich tun?«
    Und Robert sagte es ihr.

KAPITEL
VIERUNDZWANZIG
    Abraham verbrachte den Morgen und den Vormittag mit der Aufarbeitung von Ermittlungsergebnissen; im Fall Beenhakker allerdings balancierte er noch auf einem Hungerast.
    Gottwald, Kossack und Kleber streiften durch die Kneipen des Viertels, suchten die Trinkhallen, Kaschemmen, Spelunken auf, fragten in kleinen Kiosken, grasten die versteckten, verdreckten, suspekten Ecken ab, die unsichtbaren Plätze, trostlose Territorien hinter Müllcontainern, unter Autobahnbrücken, Gleisunterführungen, in U-Bahneingängen, redeten mit Menschen, die zwischen die Zahnräder der Zeit gestürzt waren, Verlorene, Depressive, Erniedrigte, Menschen, die sich selbst scheißegal waren und alle anderen ebenso. Sie zeigten Fotos von Margot Beenhakker, ernteten dabei jedoch nur Achselzucken, Schweigen, Desinteresse, wühlten den Boden auf, aber der Boden war hart gefroren, und die, die außerhalb der Norm lebten, waren es auch. Fündig wurde seine Mannschaft trotzdem: ein erfrorener Obdachloser im Gebüsch, die Hose noch um die Knöchel, weil er dabei war, sich zu erleichtern, als er einschlief und der kalte Tod ihn zudeckte; eine Überdosis, weiblich, jung, in einer Bahnhofstoilette, auf dem linken Arm über dem tödlichen Einstich das Tattoo ihrer kleinen Tochter, die vom Jugendamt betreut wurde; eine Messerstecherei unter Betrunkenen in einer Bierstube, die Kossack beim Eingreifen eine Fleischwunde einbrachte.
    Übers Handy hörte Abraham Kleber:
    »Mit zehn Stichen genäht, eine Packung Schmerztabletten und eine Woche dienstfrei, Ersatz für den Kollegen gibt’s nicht, wir sind wieder mal unterbesetzt. Tja, nur unterbeschäftigt sind wir dagegen nie. Aber ich rufe eigentlich an, weil ich Neuigkeiten über Margot Beenhakker habe. Die Dame war aktenkundig, ich habe mich beim Jugendamt eingeklinkt, wir reden jetzt über die frühen 80er Jahre und über eine Frau, der die Kinder weggenommen wurden.«
    »Jetzt bin ich aber gespannt.«
    »Das darfst du auch, es ist eine wirklich üble Geschichte, unsere Margot muss eine grauenhafte Frau gewesen sein. Die Kinder, Lydia und Stefan, sind in einer Messie-Hölle groß geworden, sie wurden geschlagen, und es gab auch Anzeichen sexuellen Missbrauchs. Beenhakker lebte mit dem widerwärtigsten Abschaum zusammen, einige von denen saßen später wegen solcher Nettigkeiten wie Vergewaltigung und Raubmord ein. Margot war jedenfalls schon in jungen Jahren ganz schön heruntergekommen.«
    »Was war mit den Kindern?«
    »Das Jugendamt rettete ihnen wohl das Leben. Nachdem du den Bericht gelesen hast, greifst du dir nur noch an den Kopf. Hier steht, dass die Kinder aus einer verzweifelten Notlage befreit werden mussten – eingeschlossen in einer Müllhalde, ohne Nahrung und Wasser. Margot hatte sich seit Tagen aus dem Staub gemacht und die Kinder gefesselt zurückgelassen. Wahrscheinlich mit der Absicht, sie dort sterben zu lassen.«
    Abraham schloss die Augen und atmete tief durch. Er verstand jetzt vieles, aber beileibe noch nicht alles.
    »Lydia legte damals ein Feuer in der Wohnung, so dass die Nachbarn die Feuerwehr riefen. Beide Kinder erlitten Rauchvergiftungen. Es stand sogar in der Zeitung mit den vier großen Buchstaben, gleich auf Seite eins.«
    »Was geschah mit Beenhakker?«
    »Als sie zurückkehrte, nahm man sie fest. Sie wurde auf Bewährung verurteilt. Die Kinder landeten in Pflegefamilien, ab da verliert sich ihre Spur.«
    Abraham musste das erst mal sacken lassen.
    Sagte dann: »Mir will einfach nicht einleuchten, dass die Beenhakker als Unsichtbare durch die Gegend gelaufen sein soll.«
    »Nun, die ist kein unbeschriebenes Blatt, Boss, es gab genug Leute, in deren Gesichter es verdächtig gezuckt hat, als wir sie erwähnten, und als wir dann mitteilten, dass sie ermordet wurde, war dann total Sense, da war niemand mehr zu Hause. Was ist mit ihrer Tochter?«
    »Ich treffe mich nachher mit

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