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Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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einfach hoffen, daß er’s nicht sieht«, sagte ich. »Komm, wir müssen uns beeilen.«
    Schnell knotete ich das Seil wieder auf und band es fest um den Fichtenstamm, etwa zwanzig Zentimeter über dem Boden. Dann ging ich zu den Tannen zurück und ließ das Seil sich über den Boden schlängeln. Ada folgte mir und deckte es sorgfältig mit Fichtennadeln. Blättern und Erde zu.
    Â»Mann, hier stinkt’s vielleicht. Ob er nicht doch Verdacht schöpfen wird?«
    Â»Er wird zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt sein … Da … schau, Ada, wir haben’s geschafft. Und es ist sogar noch was übrig.«
    Ada sah mich an, und ich zeigte ihr, daß wir noch etwa einen Meter Seil hatten, um es an den Tannen festzubinden.
    Â»Gut«, sagte sie. »Hilf mir, es zuzudecken.«
    Wir deckten das Seil vollständig zu und traten dann zurück, um unser Werk zu begutachten. Es war nicht perfekt, aber wir fanden, daß man nichts sah, wenn man nicht Bescheid wußte, was bei Tisch sechs der Fall sein würde. Das einzige Problem war die Fichte. Die Schlinge und der Knoten hoben sich zu deutlich von der Rinde ab.
    Â»Da bin ich! Hier herüber!« rief eine Stimme aus der Ferne.
    Es war Fran.
    Â»Mein Gott, Matt, sie kommen!« krächzte Ada. »Was sollen wir tun?«
    Ich sah mich aufgeregt um. Mein Blick blieb an dem Farn hängen. Ich lief hin, brach ein paar Wedel ab, grub dann schnell mit den Fingern ein kleines Loch vor der Fichte, steckte die Farnwedel hinein und trat die Erde darum fest. Sie sahen wie eine junge Farnpflanze aus und verbargen das Seil vollständig.
    Wir hörten Fran kichern. Sie war schon ziemlich nahe.
    Â»Komm! Schnell!« zischte Ada, packte meine Hand und zog mich in die Rottannen. Verzweifelt versuchten wir, die zitternden Zweige zum Stillstand zu bringen.
    Â»Hier entlang! Hier rüber! Kommen Sie nicht?« fragte Ada säuselnd.
    Ada ging in die Hocke und spähte durch die Äste. Ich kniete mich nieder und wickelte das Ende des Seils um meine Hand.
    Â»Er kommt. Paß auf, Matt.« Adas Aufgabe war es. das Signal zu geben, und meine, dann zu ziehen. »Er ist noch etwa zwanzig Meter weit weg.«
    Ich spähte durch die Äste und zuckte zusammen, als mir eine Tannennadel ins Auge stach. Die Stelle mit dem Farn zu meiner Rechten hatte ich gut im Blick. doch zu meiner Linken sah ich nichts.
    Â»Ich kann dich nicht finden!« rief eine männliche Stimme. Es war Tisch sechs. Mir war mehr als mulmig zumute. Unser Plan war uns so einfach erschienen. doch jetzt konnte ich mir nicht mehr vorstellen, wie er klappen sollte, und ich wünschte, wir hätten uns von unserem Zorn nicht zu solcher Kühnheit hinreißen lassen. Fran mußte genau am richtigen Ort stehen. ebenso Tisch sechs, und das Seil … hatten wir es vielleicht zu dicht am Farn vergraben? Oder nicht dicht genug?
    Â»Ich bin hier! Kommen Sie!« rief Fran und kicherte aufreizend. Ich sah ein Stück schwarzen Stoff und weiße Haut aufblitzen, als sie um die Stelle mit dem Farn lief, dann stand sie dahinter.
    Â»Wo?« rief er.
    Â»Gleich hier!«
    Â»Fünf Meter«, flüsterte Ada so leise, daß ich sie kaum verstand.
    Fran brach einen Farnwedel ab und hielt ihn vors Gesicht, dann warf sie ihm eine Kußhand zu. Sie winkte ihm zu und spielte mit den Knöpfen an ihrem Badeanzug. Sie war eine Offenbarung.
Unvergleichlich
hieß mein Wort des Tages. Und das war sie. Weder Lillie Langtry noch die große Sarah Bernhardt hätten dies so gut hingekriegt. Ihre Gesten waren aufreizend und scheu zugleich und hatten auf Tisch sechs den gleichen Effekt wie ein rotes Tuch auf einen Stier. Ich konnte ihn zwar nicht sehen, aber hören. Er lief los und stürmte geradewegs auf die mit Farn bewachsene Stelle zu.
    Â»Jetzt, Mattie!« zischte Ada.
    Ich zog das Seil so fest an wie ich konnte, aber nichts passierte.
Wir haben es an die falsche Stelle gelegt,
dachte ich.
Wir haben die Sache vermasselt. Oh Gott. Oh nein. Er wird Fran erwischen und dann …
    Und dann gab es einen heftigen Ruck an dem Seil. dessen Kraft mich nach vorn riß, als hätte ich einen großen Fisch gefangen, und ich stöhnte laut auf, als es mir in die Hand schnitt, und dann gab es noch einen Laut … den Schrei von Tisch sechs, den er vor Überraschung, dann vor Schreck und schließlich vor Entsetzen ausstieß, als er stolperte, Hals über

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