Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
Vom Netzwerk:
ständig auf einem Zahnstocher kaute.
    Â»Hallo, Royal«, sagte ich.
    Â»Hallo.«
    Ich reichte Mr. Eckler die fünfzig Cent, die mein Vater mir für das Maismehl gegeben hatte. »Was kostet das?« fragte ich und hielt eines der hübschen Aufsatzhefte hoch. Ich hatte sechzig Cent von den Farnsprossen, die Weaver und ich ans Eagle Bay Hotel, und von dem Fichtenharz, das wir an O’Hara’s in Inlet verkauft hatten. Eigentlich hätte ich das Geld meinem Pa geben sollen, was ich auch vorgehabt hatte. Ich war bloß noch nicht dazu gekommen.
    Â»Diese Hefte? Die sind teuer, Mattie. Die haben Italiener gemacht. Dafür muß ich fünfundvierzig Cent das Stück nehmen«, sagte er. »Wenn du warten kannst. in ungefähr einer Woche krieg ich welche für fünfzehn Cent rein.«
    Fünfundvierzig Cent waren eine Menge Geld, aber die für fünfzehn Cent wollte ich nicht haben, nicht nachdem ich die anderen gesehen hatte. Ich hatte neue Ideen. Ganze Wagenladungen von Ideen für Geschichten und Gedichte. Ich biß auf die Innenseite meiner Backe und dachte nach. Ich wußte, daß ich viel schreiben mußte, wenn ich ans College ging – falls ich dorthin ging –, und es wäre sicher von Vorteil, gleich damit anzufangen. Weaver hatte gesagt, ich sollte meine Wörter anwenden, nicht bloß sammeln, und ich wußte, daß sie über dieses herrliche Papier nur so dahinfließen würden, und wenn ich fertig war, könnte ich alles sicher zwischen den beiden Buchdeckeln verschließen. Wie in einem richtigen Buch. Schuldgefühle nagten an mir. Ich nahm das Geld aus meiner Tasche und gab es schnell Mr. Eckler, damit die Sache erledigt war und ich es mir nicht mehr anders überlegen konnte. Dann sah ich mit angehaltenem Atem zu, wie er meinen Einkauf in braunes Papier wickelte und mit einem Bindfaden verschnürte. Ich dankte ihm, als er mir das Päckchen überreichte. aber er hörte mich nicht, weil Mr. Pulling, der Stationsvorsteher, nach dem Preis seiner Orangen fragte.
    Als ich aufs Dock stieg, hörte ich Mr. Eckler rufen: »Warte, Mattie!«
    Ich drehte mich um. »Ja, Sir?«
    Â»Sag deinem Pa, daß ich Milch von ihm kaufen will. Ich hab oben nur Platz für ein paar Kannen, und bis ich nach Fourth Lake raufkomme, ist alles weg. Ich würde ihm mein Leergut geben und dafür vier oder fünf volle Kannen nehmen. Auf dem Rückweg könnte ich noch mehr verkaufen, wenn ich mehr hätte.«
    Â»Ich richt’s ihm aus, Mr. Eckler, aber ich weiß. daß er dem Glenmore, Higby’s und dem Waldheim bereits Lieferungen versprochen hat. Und dem Eagle Bay Hotel. Außerdem haben ihn noch mehr gefragt. aber er glaubt nicht, daß es für alle reichen wird.«
    Mr. Eckler spuckte einen Mundvoll Tabaksaft in den See. »Wie groß ist denn die Herde jetzt?«
    Â»Zwanzig Stück.«
    Â»Bloß zwanzig? Aber er hat doch weit über zwanzig Hektar Land? Darauf könnte er doch mehr als zwanzig Stück Vieh weiden lassen.«
    Â»Aber er hat nur etwa die Hälfte gerodet, und ein großer Teil davon wird für Mais genutzt.«
    Â»Was macht er denn mit dem Rest? So viel Waldland ist doch für einen Farmer nicht von Nutzen. Er muß doch Steuern dafür bezahlen, oder? Für Land, das er nicht mal bewirtschaftet! Er sollte Weideland daraus machen, statt es nutzlos liegenzulassen, und seine Herde aufstocken.«
    Â»Er will es ja roden. Besser gesagt, das
wollte
er. Aber dann, na ja, seit Lawton fort ist, ist es halt. schwer«, sagte ich leise, wobei mir sehr wohl bewußt war, daß Royal keines meiner Worte entging.
    Mr. Eckler nickte. Er wirkte verlegen. Er wußte, daß Lawton fortgegangen war. Jeder wußte das. Er hatte mich gefragt, warum, aber ich konnte es ihm nicht sagen. Genausowenig Weaver oder Minnie oder all den anderen, die mich fragten. Mama war nicht mehr da, weil sie gestorben ist. Das konnte ich den Leuten erklären. Und mein Bruder war auch fort. Der Bruder, der einmal alles Geld, das er beim Verkauf von Ködern an Sportfischer eingenommen hatte, für ein Aufsatzheft und einen Stift ausgab, als er mich weinend im Stall sitzen sah, weil Pa sie mir nicht kaufen wollte. Lawton war fort, und ich wußte nicht einmal warum.
    Â»Also sag ihm, er soll bei mir vorbeikommen, Matt. Royal, du sagst das deinem Pa auch. Ich hab gerade Männer gesehen, die am Third Lake für zwei

Weitere Kostenlose Bücher