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Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Unmenge Farnsprossen und eine Wagenladung Fichtenharz sammeln, um genug Geld für eine Fahrkarte, Bücher und vielleicht eine neue Weste und einen neuen Rock zusammenzubringen.
Wenn ich doch nur eigene Hühner aufziehen und für Touristen braten könnte, wie
    Weavers Mama,
dachte ich.
Oder das Eiergeld behalten dürfte, wie Minnies Mann es ihr erlaubt.
    Eine Blaukrähe flog über mich hinweg und riß mich mit ihrem Geschrei aus meinen Gedanken. Ich sah auf und stellte fest, daß ich über die Einfahrt zum Cliff House am Fourth Lake hinausgegangen war und mich fast an der Abzweigung befand, die zum Haus meiner Freundin Minnie Simms führte. Minnie Compeau besser gesagt. Das vergaß ich immer. Ich ordnete den Veilchenstrauß in meiner Hand, den ich für sie gepflückt hatte, um sie aufzumuntern. Bis zur Geburt ihres Babys dauerte es nur noch einen Monat, und sie fühlte sich erschöpft und weinte viel. Sie war müde, weinerlich und fahl.
    Fahl,
mein Wort des Tages, bedeutet eine krankhaft blasse oder unnatürlich bleiche Gesichtsfarbe, die auf schlechte Gesundheit, Erschöpfung oder Unglücklichsein hinweist. Im Lexikon stand: Fahl, altgermanisch: val, valwer = grau, weißlich, scheckig.
    Kurz nach der Abzweigung, einen Feldweg hinunter, der an manchen Stellen mit Knüppeln oder Planken belegt war, um ihn passierbar zu machen, kam Minnies Haus in Sicht. Es war eine Blockhütte, die aus einem Raum bestand, so niedrig und geduckt wie eine Sumpfkröte. Minnies Mann Jim hatte sie aus Bäumen gebaut, die er selbst gefällt hatte. Ihr hätte ein mit Schindeln verkleidetes Haus gefallen, weiß gestrichen. mit roten Zierleisten, aber das hätte Geld gekostet, und sie hatten nicht viel. Über den schlammigen Boden waren Bretter gelegt, die als Gehweg dienten. Aus der Erde im Vorgarten ragten verkohlte Baumstümpfe, so schwarz und unregelmäßig wie die Zähne eines alten Mannes. Hinter dem Haus hatte Jim ein Stück Land für einen Gemüsegarten gerodet und für ihre Schafe und Kühe einen Pferch gebaut. Ihr Land lag am Nordufer des Fourth Lake, und sie hofften, eines Tages zahlende Gäste aufnehmen zu können, wenn sie eine größere Fläche gerodet und ein besseres Haus gebaut hatten.
    Jim sagte oft, daß wir alle auf einer Goldmine säßen und daß jeder Mann, der ein starkes Rückgrat und ein Quentchen Ehrgeiz habe, ein Vermögen verdienen könne. Das gleiche sagten mein Pa und Mr. Loomis. Und alles nur, weil Mrs. Collis P. Huntington, deren Mann das Pine Knot-Haus am Raquette Lake gehörte. eine schwache Konstitution und einen noch schwächeren Rücken hatte.
    Früher war es so, daß jeder, der zum Fourth Lake heraufkommen wollte, von der Grand Central Station einen Zug nach Utica nehmen mußte. Dann mußte man umsteigen, in Old Forge einen Dampfer nehmen und nacheinander alle Seen abfahren, bis man zum Fourth Lake kam. Wenn man von hier aus weiterfahren wollte, mußte man bis zum Raquette Lake eine lange Fahrt auf einem Pritschenwagen auf sich nehmen oder zum Big Moose Lake wandern. Doch all das änderte sich, als Mr. Huntington entschied, Mrs. Huntington in sein neues Sommerhaus zu bringen. Sie fand die Reise so beschwerlich, daß sie ihrem Mann erklärte, wenn er keine Eisenbahn von Eagle Bay nach Pine Knot baue, könne er seine Sommer allein verbringen.
    Mr. Huntington wußte eine Menge über Eisenbahnen, schließlich hatte er eine gebaut, die von New Orleans bis nach San Francisco führte. Er hatte reiche Freunde mit Sommersitz in der Nähe des seinen, und die unterstützten seinen Plan. Die nötige Zustimmung der Regierung bekamen sie dadurch, daß sie behaupteten, die Eisenbahn würde einer armen, bäuerlichen Gegend Wohlstand bringen, und vor sechs Jahren fuhr der erste Zug. Pa hat uns auf dem Pritschenwagen hinuntergefahren, damit wir zusehen konnten. Abby weinte, als der Zug einfuhr, und Lawton, als er abfuhr. Kurz danach wurden Gleise für die Mohawk- und Malone-Linie verlegt, die nördlich anstatt östlich aus Old Forge hinausführt. Die Arbeiter schlugen Wege für Transportfahrzeuge durch die Wildnis, um Schwellen und Schienen heranzuschaffen. Dank dieser Wege konnten Männer wie Mr. Sperry Hotels in den Wäldern bauen. Touristen kamen, und plötzlich waren Eagle Bay, Inlet und Big Moose Lake nicht mehr bloß Orte, wo Holzfäller und

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