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Das Licht des Orakels

Titel: Das Licht des Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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so im Schatten, dass er sie nicht deutlich erkennen konnte. »Warum sonst hast du mit ihr getanzt?«
    »Aber ich …«
    Sie sprang von dem Strohballen auf. »Ich habe gedacht, du bist mein Freund«, sagte sie. »Mein bester Freund. Aber wenn Clea meine Freunde mit tödlichen
    Flüchen belegen würde, wie sie angedroht hat, würde sie dich verschonen, oder?« Und damit rannte sie zur Tür und hinaus in die Kälte.
    Kiran setzte sich einen Moment benommen hin. »Ich bin dein Freund!«, schrie er, doch zu spät, sie konnte es nicht mehr hören.
    Obsidian wieherte als Antwort. Jack hörte auf, an dem Knochen zu nagen, und blickte mit hängenden Ohren auf.
    »Vielleicht hättest du was tun können, um sie aufzuhalten«, sagte Kiran zu Jack. »Ich kann schließlich nicht immer, wenn ich es will, so wie du meine Pfoten auf sie legen.«
    Jack schnüffelte.
    »Ich brauche keinen Unterricht darin, wohin ich meine Pfoten legen darf«, sagte Kiran. »Menschen sind anders.
    Aber das würdest du doch nicht verstehen. Ich verstehe es selbst nicht.« Niedergeschlagen schüttelte er den Kopf. »Sie versteht es auch nicht.«
    Jack bellte kurz und wandte sich wieder seinem Knochen zu.
     
    Eine Woche nachdem sie das Sonnwendfest vorzeitig verlassen hatte, saß Bryn schlecht gelaunt im Speisesaal der Helferinnen. In wenigen Tagen würde der Unterricht wieder beginnen und ihre ganzen Ferien waren vertan.
    Sie ärgerte sich jetzt über ihr Benehmen auf dem Ball: schlafen zu gehen, ohne sich von irgendjemandem zu verabschieden, Stunden voller Musik zu verpassen. Und das Schlimmste: Sie hatte Kiran am nächsten Tag ihre Gefühle entgegengeschleudert.
    Obwohl sie ihre Aufgaben weiter zusammen erledigten, war Bryn Kiran gegenüber jetzt verlegen. Wenn er sie ansah, war sein sonst so warmer Blick kühl und distanziert. »Ich wünschte, ich könnte auf Obsidian nach Uste reiten«, sagte sie zu Dawn, »und meinen Vater besuchen.«
    Dawn stützte die Ellbogen auf das polierte Holz der Tischplatte, legte das Kinn in die Hand und schaute verträumt ins Nichts.
    »Sie ist noch immer nicht über den Tanz mit Avrohom hinweg«, sagte Alyce.
    Bryn stieß Dawn an, die zusammenzuckte. Ihr verträumter Ausdruck verschwand und Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie nahm ein Taschentuch und verbarg ihr Gesicht darin.
    »Was ist denn los?«, fragte Bryn aufgeschreckt.
    Dawn wischte sich mit dem Tuch über das Gesicht und putzte sich die Nase. »Ich bin so glücklich!«, sagte sie. »Aber ich werde euch alle so sehr vermissen!«
    »Uns vermissen?« Alyce hörte auf, Butter auf ihr Brot zu streichen.
    Dawn tupfte sich die Augen trocken. »Ich verlasse den Tempel«, sagte sie. »Ich heirate.«
    »Du heiratest!«, schrien Bryn und Willow. Einige der Federn drehten sich zu ihnen um und glotzten. »Wen?«, fragte Bryn.
    »Avrohom«, antwortete Dawn. »Ich würde doch keinen anderen heiraten, was glaubt ihr denn?«
    »Avrohom?«, stieß Bryn aus. Es war erst eine Woche vergangen, seitdem der rothaarige Troubadour von der Bühne gesprungen war, um mit Dawn zu tanzen. In der Zwischenzeit war Dawn oft, ohne etwas zu sagen, fort gewesen, doch Bryn war nicht auf die Idee gekommen, ihr Fragen zu stellen. »Du heiratest den Troubadour?«
    »Heute Abend«, bestätigte Dawn. »Der Meisterpriester hat zugestimmt, aber ich habe ihn noch nie so verärgert gesehen.« Sie verzog das Gesicht. »Er hatte gehofft, ich würde die Sterndeuterin des Tempels. Nun hat er wahrscheinlich Angst, dass ich Avrohom zu viele Geheimnisse des Tempels erzähle, die dann in der ganzen Welt herumgesungen werden.«
    »Den Troubadour«, sagte Jacinta. »Du heiratest den Troubadour wirklich schon heute Abend?«
    »Heute Abend.« Dawns Augen flossen wieder über.
    »Ich hätte euch alle so gerne bei meiner Hochzeit dabei, aber Renchald lässt das nicht zu. Nur eine ganz kleine Zeremonie, hat er gesagt.« Sie verdrehte die Augen.
    »Nur die Sendrata der Helferinnen ist zugelassen.«
    Bryn hätte am liebsten angefangen zu weinen, als sie an die Mahlzeiten ohne Dawn, das Aufwachen morgens ohne Dawns fröhliches Flüstern und Mathematik ohne Dawns Erklärungen dachte. Aber sie lächelte ihrer Freundin zu. »Herzlichen Glückwunsch!«
    Dawn lächelte unter Tränen. »Ich reise mit der Truppe. Morgen Früh brechen wir auf.« Sie klatschte in die Hände. »Ich werde die Welt sehen.«
    »Du wirst die Sterne für Königinnen und Könige deuten«, sagte Willow.
    Dawn zerknäulte ihr Taschentuch. »Erinnerst du

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