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Das Licht des Orakels

Titel: Das Licht des Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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Bühnenrand und rief über die Köpfe der Menge hinweg: »Meine Verehrung, wundervolle Dame in Weiß!« Er zeigte auf Dawn. »Meine Dame, ich muss Euer Partner sein! Darf ich bitten?«
    Dawn drehte sich um und wollte die Dame in Weiß sehen. »Er meint dich«, sagte Kiran leise. »Sag ja. Das heißt, wenn du mit ihm tanzen magst.«
    In der Sülle, die auf die Frage des Troubadours folgte, konnte man Dawn keuchen hören. »Fall nicht um«, flüsterte Kiran und legte ihr stützend die Hand unter den Ellbogen. »Er hat gefragt, ob du mit ihm tanzen willst.«
    »Oh!« Röte überzog ihr Gesicht. »Oh ja«, rief sie zu dem Troubadour hoch.
    »Ich danke Euch, meine Dame.« Avrohom wechselte ein paar Worte mit den Musikern hinter sich. »Meine Brüder können auch ein Stück ohne mich spielen.« Und er sprang von der Bühne.
    Die Leute machten ihm Platz. Ganz tief verbeugte er sich vor Dawn. Als er sich wieder aufrichtete, reichte sein feuriger Schopf gerade bis an ihr Kinn. Dann streckte er die Hand aus und sie ergriff sie begeistert.
    Kiran sah, wie Clea sich näherte. Schnell drehte er sich um und wünschte sich dabei, Bryn in den Armen halten zu können.
    »Guten Abend, Kiran.« Clea trat ihm in den Weg.
    Kiran hielt nach Gridley Ausschau. Warum konnte der vom Pfau erwählte junge Mann sich nicht um Clea kümmern?
    Seit ihrem Kampf hatten Gridley und die anderen Flügel aufgehört, Kiran zu verspotten. Auch wenn man sie bei weitem nicht freundlich nennen konnte, so benahmen sie sich jetzt Kiran gegenüber wenigstens höflich. Doch nun, da Kiran hoffte, Gridley wäre hier, war er nirgends zu sehen. »Entschuldige …«
    »Tanz mit mir.« Clea kam näher.
    Kiran warf einen kurzen Blick auf Dawn und beherrschte sich, um Clea nicht einfach zur Seite zu schieben, wie er es am liebsten getan hätte. Er wünschte, er hätte sie nie kennen gelernt, und noch viel mehr wünschte er, er wäre nicht dazu gezwungen worden, sie so gut kennen zu lernen, wie es der Fall war. Er nahm an, dass sie ihn nicht einfach zum Tanz aufforderte, sondern ihm gleichzeitig zu verstehen gab, dass sie etwas Schlimmes anrichten würde, wenn er sich weigerte, ihr Partner zu sein. Und Kiran hatte den Verdacht, dass Dawn das Opfer wäre, was auch immer Clea im Schilde führte.
    Zu lange hatte Dawn darauf warten müssen, einen
    Moment lang glücklich zu sein. Er wollte nicht riskieren, diesen Moment zu zerstören. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als einen Tanz mit Clea zu ertragen.
    Die Musik setzte ein. Wieder ein Trell. Steif hielt Kiran die linke Hand hoch und ließ zu, dass Clea sie ergriff.
    Er begann zu tanzen, mischte sich unter die anderen Paare auf der Tanzfläche und zwang sich, im Takt zu bleiben. »Es ist ein Vergnügen, mit einem Mann zu tanzen, der weiß, wohin er die Füße setzen muss«, sagte Clea.
    »Wie schade, dass du vorhin eine so ungeschickte Partnerin hattest.« Sie lächelte selbstgefällig.
    Kiran gab keine Antwort.
    »Du hast so viele Fähigkeiten, Kiran. Warum versteckst du sie?«
    Er mochte ihr nicht ins Gesicht sehen und heftete daher den Blick auf den Ärmel ihres Kleides, der mit glitzernden Granatsteinen bestickt war.
    »Antworte mir doch!«, sagte sie leicht schmollend.
    »Da gibt es nichts zu antworten.«
    Sie warf den Kopf zurück. »Nur weil wir niemandem erzählen dürfen, dass wir paarweise arbeiten, brauchst du doch nicht einen solchen Abstand zu halten.« Sie schmiegte sich an ihn und tanzte auf den Zehenspitzen, die Lippen an seinem Ohr. »Eines Tages bin ich die Erste Priesterin und du der Meisterpriester.«
    Kirans Arm versteifte sich noch mehr. »Ich werde nie Meisterpriester.«
    Würde der Tanz denn niemals aufhören? Er sah zur Tribüne mit den Troubadouren. Der Trommler schlug leise Wirbel, die Finger des Lautenspielers wanderten den Hals des Instruments hoch und runter, der Harfenist zupfte die Saiten, klimperte darauf herum, streichelte sie zu einer Komposition berauschender Töne. Allmählich
    fürchtete Kiran, dass dieser Tanz erst enden würde, wenn Avrohom und Dawn vor Erschöpfung zusammenbrachen.
    Sie zeigten aber noch keinerlei Anzeichen von Ermüdung, tanzten so, wie Vögel in Formation fliegen, immer weiter glücklich dahingleitend.
    »Du kannst dem Schicksal nicht entgehen.« Cleas Stimme übertönte die Musik.
    Kirans Brust schmerzte vor Anstrengung, seine inneren Barrieren gegen sie zu verstärken. Sein Arm tat weh.
    Er wollte einfach aufhören zu tanzen und Clea von sich schleudern. Aber

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