Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)
»Ein Mann und eine Frau überfallen eine Kutsche … Wagenpanne?«
»Natürlich Wagenpanne.«
»Darauf sind sie reingefallen?« Krayn lachte, dann wurde er wieder ernst. »Wieso seid ihr dann nicht einfach verschwunden? Das wüsste ich gern.«
Janner zuckte die Achseln. »Es wäre zu einfach gewesen, schätze ich.«
Krayn nickte. »Richtig. Bei dir muss ja selbst ein Kutschenraub noch einem höheren Zweck dienen.«
»Du weißt, wie ich dazu stehe. Im Gegensatz zu dir trage ich mein Schwert nicht nur, um Leuten die Börsen abzuschneiden.«
»Klar«, meinte Krayn. »Du bist ein verdammter Poet, und dein Vater vögelt die Verkünderin der neuen Zeit. Das ist eine verflucht schwere Bürde.«
»Ich würde es zu schätzen wissen, wenn du meinen Vater aus dem Spiel ließest.«
»Er war immer schon dein schwacher Punkt«, sagte Krayn. »Ich kann Witze über deine Mutter reißen, die sich wahrscheinlich den Allerwertesten für dich aufgerissen hat – aber wehe, ich sage ein Wort über diesen Kerl, den du nie gesehen hast. Nur deshalb sind wir jetzt alle hier. Das weißt du doch, oder?«
Janner schwieg eine Weile. Betrachtete die Häuser unter ihnen, die in der Hitze glühten. Die Fliegen auf seinem dunklen Arm. Krayn.
»Die Falle im Gefängnis«, sagte er dann. »Das warst auch du?« Krayn nickte. »Ich weiß nicht, was ihr in der Nacht dort abgezogen habt, aber das hätte eigentlich das Ende sein sollen.«
»Und das Depot?«
Krayn hob kurz die Hände. »Janner, ich kann den Präfekten und ihren Soldaten nicht vorschreiben, was sie zu tun oder zu lassen haben. Nicht mal die Dons können das. Aber sie können Angebote machen. Sie können um einen Gefallen bitten. Seien wir mal ehrlich, der Kaiser ist nicht ganz richtig im Kopf. Die Provinzen am Laufen zu halten ist harte Arbeit für uns alle. Und wenn ein Don nun seinen Sohn, egal, was für ein Arschloch er war, durch einen Kerl verliert, der gerade zum größten Unruhestifter zwischen hier und Teveral wird …« Krayn zuckte die Achseln, dann nickte er. »Ich jage dich vom ersten Tag an, alter Freund.«
»Die ganze Zeit über du.« Janner schüttelte den Kopf wie jemand, der endlich einen sehr alten Witz versteht. »Verdammt – sie hatte recht. Du warst der Fuchs! Die ganze Zeit warst du der Fuchs. Ich habe die Geschichte falsch erzählt.«
Krayn schaute irritiert. »Sagen wir, ich habe die vereinten Bemühungen unserer verschiedenen Freunde koordiniert.«
»Und jetzt?«, fragte Janner und riss sich aus seinen Gedanken. »Bist du stolz?«
Krayn spuckte aus. »Glaub nicht, dass mir das Spaß macht,und tu nicht dümmer oder selbstgerechter, als du bist. Wir wissen beide, warum du gekommen bist.«
»Und warum?«, flüsterte Janner.
»Weil du noch einen Funken Ehre in dir hast«, sagte Krayn.
»Ehre«, wiederholte Janner.
»Ich weiß genau, dass du dieses kindische Spiel noch ewig spielen würdest, wenn’s nur um dich dabei ginge. Tut’s aber nicht. Dein Mädchen führt vielleicht die heißeste Klinge in drei Provinzen – aber kein Schwert, kein Nebel oder sonstwelche Tricks können verhindern, dass man ihr eines Nachts, wenn ihr nackt und besoffen in euren Decken liegt, die Kehle durchschneidet. Oder einen Bolzen in den Rücken schießt. Dein Vater hat nicht funktioniert, also muss jetzt dein Mädchen ran. Ich wollte sie ja raushalten, aber der große Toni war anderer Meinung. Schließlich war sie’s ja auch, die seinen Sohn mit dem Mühlstein erledigt hat.«
» Ich habe ihn umgebracht«, sagte Janner. »Du warst dabei.«
»Glaub mir«, sagte Krayn, »es ist mir scheißegal, wer von euch beiden den kleinen Toni fertiggemacht hat. Unter uns, ich finde, dass er’s nicht besser verdient hat. Aber sein Vater ist immer noch mein Boss. Und mein Boss will dich. Und wenn er dich nicht kriegen kann, will er dein Mädchen. Er hat schon eine ziemlich klare Vorstellung davon, was er mit ihr machen wird. Deshalb hat er die Belohnung für sie noch mal verdoppelt. Und er wird nicht lockerlassen, bis er sie hat – egal, wo sie sich versteckt.«
»Ich habe immer gedacht, selbst du würdest nur bis zu einem bestimmten Punkt sinken«, sagte Janner. »Ich stelle fest, ich habe mich getäuscht.«
»Ich bin hier, weil ich dir einen Ausweg anbiete«, sagte Krayn. »Und wenn du noch ein wenig Mumm in den Knochen hast, wählst du ihn.«
»Wie genau sieht dieses Angebot aus?«, fragte Janner.
»Du kommst mit und lieferst dich aus«, sagte Krayn. »Und dein Mädchen
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