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Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2

Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2

Titel: Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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bei der Firma möglicherweise einen Konflikt mit seiner Arbeitsplatzbeschreibung sehen. Sie würden vielleicht ein paar unangenehme Fragen stellen. Und dann würden sogar diese Geistesgestörten begreifen, daß er jeden Monat einen Scheck von den Chinesen bekam. Und das wäre nicht schön. Vielleicht hatte sogar dieser dumme Schwachkopf Pendleton das begriffen.
    Er öffnete den Reißverschluß an der langen Tasche und holte das Gewehr heraus. Das chinesische 7,62mm – Typ 53 – war keineswegs sein Favorit, aber es würde es tun. Er bemühte sich, die Vorfreude über die bevorstehende Rache aus seinem Blut zu verbannen, aber jedesmal, wenn er daran dachte, wie er sich aus diesem Scheißfluß gerettet hatte, wurde er wütend. Er war fast ersoffen, und er hatte sich unglaublich anstrengen müssen, um auf einen dieser Steine zu krabbeln und aus dem Wasser zu gelangen. Also, Rache, mag vielleicht unprofessionell sein…
    Er ging zurück in den Eßraum und fand Peng und diesen anderen kleinen Idioten. Er würde eine Brechstange brauchen, um sie von ihren Reisschalen wegzukriegen. Er hatte sie auch beinahe mit dem Gewehr bedrohen müssen, um sie letzte Nacht zum Laufen zu kriegen, diese Feiglinge. Was glaubten sie eigentlich, wofür Taschenlampen waren. Fürs Kino? Jedenfalls hatten sie noch ein paar Stunden gutgemacht, bevor sie sich aufs Ohr legten. Jetzt war es Zeit, weiterzugehen. 
     
    Neal wälzte sich von seinem kang. Die Füße auf den Boden zu stellen, tat weh, und sich vorzubeugen, um die Schuhe anzuziehen, war eine Übung in Masochismus für Fortgeschrittene. Lan wollte es für ihn tun, aber Neal fand, wenn er sich nicht mal die Schuhe anziehen konnte, konnte er auch nicht den Berg besteigen.
    Lan zog sich diplomatisch zurück, während Neal vor Schmerz stöhnte und kehrte ein paar Minuten später mit zwei dampfendheißen Schalen Porridge zurück.
    »Was ist das?« fragte Neal.
    »Reissuppe«, erklärte sie.
    Neal aß dankbar, die dünne Suppe wärmte seinen Magen in der Morgenkälte. Er blieb dabei stehen; er wollte sich nicht noch einmal hinsetzen und wieder aufstehen müssen. Die Anspannung war spürbar. Der Berggipfel würde zum entscheidenden Punkt in ihrer Beziehung werden, und sie fühlten es beide, aber sie wollten nicht darüber reden. Erst mußten sie dort sein.
    Der Weg begann sanft und führte durch einen dichten Zedernwald. Es war kalt und dunkel, und Neal zitterte. Sie waren jetzt schon sehr hoch, und er begann schwer zu atmen. Es blieb ihm nichts übrig, als es zu bemerken; jeder Atemzug schmerzte.
    Nach zwanzig Minuten erreichten sie das Ende des Waldes. Neal sah nach vorn und wünschte, er hätte es nicht getan; die Stufen vor ihnen schienen senkrecht nach oben zu führen.
    »Drei-Blick-Treppe«, sagte Li. »Pilger sehen dreimal hin, bevor sie den Aufstieg beginnen wollen.«
    »Ich habe dreimal hingesehen«, antwortete Neal, »und ich will immer noch nicht hinauf.«
    Die Treppe war so steil, daß seine Knie bei jedem Schritt seine Brust berührten. Er stieß sich bewußt von den Fußballen ab, versuchte, sich auf seine Beine zu konzentrieren, während seine Rippen brannten und stachen. Nach den ersten zwanzig Stufen mußte er innehalten.
    Li wandte sich um. »Bitte geh zurück zum Kloster. Ich werde Robert bringen.«
    »Aha.«
    »Ich verspreche es.«
    »Ich habe angefangen, diesen Scheiß-Berg zu besteigen. Und ich werde diesen Scheiß-Berg besteigen.«
    »Du bist ein Narr.«
    »Kann schon sein.«
    Sie ging weiter. Er folgte ihr. Yi, ar, yi, ar, yi, aaarrgh! Seine Rippen. Die Sonne brannte auf seinen krummen Rücken. Yi, ar, yi, ar… yi… ar……. yi……. ar……… yi……… ar………yi. Er blieb wieder stehen. Er wollte sich auf die Stufen fallen lassen, nur liegen, aber er wußte, daß er vielleicht nicht wieder aufstehen könnte, also zwang er sich, noch einen Schritt zu machen. Er preßte einen Arm vor die Brust, machte nochmal einen Schritt. Der Schmerz war furchtbar. Noch einen Schritt. Mehr Schmerzen. Noch einer. Yi, ar, yi, ar. Noch eine Pause.
    Weiter. Der Pfad machte eine scharfe Biegung und führte über eine Klippe. Rechts eine Steilwand nach oben, soweit Neal sehen konnte. Links – sehr nah – der Abgrund.
    Sieh nicht hinunter, warnte Neal sich selbst. Sagen sie das nicht in den Filmen?
    Er blinzelte. Sein Magen hüpfte umher, sein Kopf drehte sich. Deswegen sagen sie wahrscheinlich, daß man nicht hinuntersehen soll, dachte er. Er fühlte sich, als hinge er über dem

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