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Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2

Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2

Titel: Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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müßte kotzen, und das lag nicht an seinen Rippen.
    »Was ist deine Zukunft?« fragte er.
    »In den Tempel gehen.«
    »Jetzt warte mal. Wir müssen Simms anrufen. Wahrscheinlich steht er schon im Y und dreht gerade durch.«
    »Nur kurz bei Kuan Yin bedanken.«
    »Kurz!«
    Sie gingen die Stufen hoch. Mitten vor dem Eingang stand eine Bretterwand, nur rechts und links davon waren schmale Durchgänge.
    »Was soll das denn?« fragte Neal.
    »Schlechte Geister können sich nur geradeaus bewegen«, erklärte Li Lan. »So können sie nicht in den Tempel gelangen.«
    Jeder schlechte Geist, den ich kenne, dachte Neal, kann sich ganz bestimmt nicht geradeaus bewegen, aber das ist ja egal.
    Sie ließen also alle schlechten Geister hinter sich und betraten einen riesigen Raum. Dutzende von Schreinen standen an beiden Seiten, und jeder Schrein beherbergte eine Statue. Selbst um diese Nachtzeit knieten Pilger vor den Altären und beteten. Andere hatten Räucherstäbchen oder Kerzen, Apfelscheiben und Orangenschnitze als Opfergaben hinterlassen. An den Wänden hingen dicke rote Stoffbahnen, Lampen und Kerzen tauchten den Raum in goldenes Licht.
    Ein Schrein an der Stirnseite dominierte den Raum mit der großen Statue einer jungen Frau im vollen Lotussitz. Ihr Gesicht war alabasterweiß, die Augen mandelförmig, das Lächeln betörend.
    »Kuan Yin«, flüsterte Li Lan.
    Sie kniete vor dem Schrein nieder. Sie berührte dreimal mit der Stirn den Boden. Das wiederholte sie noch zweimal. Sie blieb vornübergebeugt, und Neal konnte sehen, wie sich ihre Lippen bewegten. Sie sprach mit ihrer Göttin. Pendleton und Neal warteten.
    Sie stand auf, kam zu Neal und sagte: »Wir müssen nach deinen Verletzungen sehen.«
    »Wir müssen Simms anrufen.«
    »Wie können wir das, wenn er gerade im Y ausrastet?«
    »Wir können im Y anrufen und ihn holen lassen.«
    »Ich warte nicht hier auf Simms, zu gefährlich.«
    Stimmt. Ein Vierjähriger kann ein Geheimnis besser für sich behalten als ein Taxifahrer, dem man einen Packen Scheine unter die Nase hielt. Und es war nicht gerade Rush-hour – der Fahrer war leicht zu finden.
    »Wo willst du also hin?« fragte Neal.
    »Es ist alles arrangiert.«
    Es ist arrangiert. Na prima.
    »Von deinen Offizieren. O nein.«
    »Nicht von denen. Von ihnen.« Sie deutete auf die umliegenden Schreine.
    »Von wem?«
    »Von den Mönchen. Glaubst du wirklich, ich hätte mir die Zukunft sagen lassen? Glaubst du, ich bin eine abergläubische Idiotin? Ich habe ein Versteck arrangiert.«
    »Du kennst diese Leute?«
    »Sie sind überall gleich.« Sie starrte ihn an. »Lange vor der kommunistischen Partei gab es Kuan Yin. Also… nichts wie weg.«
    »Ich weiß nicht.«
    Pendleton packte seinen Ellenbogen. »Ich aber. Ich werde nicht hier warten, bis mich ein Maschinengewehr erwischt. Sie können Li Lan Ihr Leben anvertrauen. Ich habe das bereits getan.«
    Super, Doc. Jedesmal, wenn ich Li Lan vertraut habe, bin ich gerade noch mal mit ebendiesem gottverfluchten Leben davongekommen. Trotzdem… ich will auch nicht zurück auf die Straße.
    »Also gut«, sagte Neal.
    »Na endlich.«
    Sie wußte, wo sie hinwollte. Sie ging in eine Ecke des Raumes und kniete vor dem Schrein nieder. Die Statue eines alten Mannes in zerschlissener Robe, mit einem hinterlistigen Grinsen und einem Goldbarren in der Hand. Sie verneigte sich neunmal, dann nahm sie eine kleine Glocke vom Altar und läutete. Dann sah sie Neal an.
    »Neal Carey«, sagte sie und zeigte auf die Statue, »der Unberechenbare Geist. Unberechenbarer Geist, Neal Carey.«
    »Freut mich«, murmelte Neal.
    Ein Mönch kam hinter dem Schrein hervor. Er war groß und dünn. Sein Kopf war kahlgeschoren; er trug eine braune Robe und Sandalen. Er verneigte sich vor Li Lan und winkte ihnen, ihm zu folgen. Hinter dem Schrein befand sich ein roter Vorhang, und hinter dem Vorhang eine Holztür. Dahinter lag eine Treppe, die sie in den Keller führte.
    Der Mönch führte sie in einen Korridor, dann zwei Stufen hinunter in eine verrostete Metallröhre.
    Es war dunkel und eng wie in einem U-Boot. Alle dreißig Meter hing eine nackte Glühbirne von der Decke. Wasser tropfte durch die Nähte der Metallröhre. Neal konnte Verkehrsgeräusche hören und begriff, daß sie unter einer Straße entlang gingen.
    »Sind wir in der verdammten Kanalisation?« fragte er Li Lan.
    »Still.«
    Er sah sich nach Pendleton um. »Sind wir in der verdammten Kanalisation?«
    »Sieht so aus.«
    »Verdammt, ich mochte

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