Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
aus, berührte Ufuks Wange und sein schwarzes Haar. Sollte es tatsächlich ...?
    »Wir nennen es pho-wa«, erklärte der Abt. »Es ist eine Yoga-Technik, mit deren Hilfe es uns möglich ist, das Bewusstsein eines Menschen in den Körper eines anderen zu übertragen.«
    »I-ist das wahr?«, wandte sich Sarah an Ufuk, wobei sie sich nicht sicher war, ob sie den Jungen oder den weisen Ammon fragte.
    »In uralten Aufzeichnungen, die aus den Tagen Babyloniens stammen, hatten wir Hinweise darauf entdeckt, dass fern im Osten, jenseits der Säulen, die den Himmel tragen, jene hohe Kunst gepflegt wird«, eröffnete er. »Fortan war es Meister Ammons vage Hoffnung, sie zu entschlüsseln, ehe sein Dasein auf Erden endet - nicht um seinetwillen, sondern um das Wissen zu wahren, das er Zeit seines Lebens gesammelt hat. Es war einer der Gründe, warum er die Expedition nach Osten begleiten wollte.«
    »Und er hatte dich eingeweiht?«
    »Von Beginn an.« Der Junge nickte. »Als Meister Ammon mich zum ersten Mal fragte, ob ich eines Tages seine Nachfolge antreten wolle, da habe ich abgelehnt, weil ich dachte, dass ich niemals so weise und erfahren werden könnte wie er. Aber er sagte mir, dass er mir dabei helfen würde, und so bereitete er mich darauf vor, eines Tages sein Erbe zu übernehmen.«
    »Normalerweise«, schränkte Abt Ston-Pa ein, »erfordert das Ritual des pho-wa jahrelange Vorbereitung, denn sowohl der Spender als auch der Empfänger müssen einen hohen Grad der Reife erlangt haben, um es zu vollziehen.«
    »Und das war der Fall?«, fragte Sarah verwundert.
    »Nur zum Teil. Zwar hatte el-Hakim alles darangesetzt, seinen Schüler und sich auf die Übertragung vorzubereiten, doch war sein Wissen zu lückenhaft. In der Folge haben wir etwas angewandt, das wir trong-jug nennen. Da diese hohe Kunst in der Vergangenheit vielfach zu verbrecherischen Zwecken missbraucht wurde, ist sie den Mitgliedern unseres Ordens normalerweise verboten. In diesem Fall wurde jedoch eine Ausnahme gemacht.«
    »Warum ist sie verboten?«, wollte Sarah wissen.
    »Lady Kincaid, auch beim trong-jug geht es darum, das menschliche Bewusstsein von einem Körper in einen anderen zu übertragen, allerdings ohne Vorbereitung oder Zustimmung der beteiligten Person.«
    »Was soll das heißen?« Sarah bedachte zuerst den Abt, dann Ufuk mit einem ungläubigen Blick. »Wollt Ihr mir erzählen, Ihr wärt in der Lage, das Bewusstsein eines Menschen aus seinem Körper ... zu stehlen?«
    »Gewissermaßen, ja«, stimmte der Mönch zu, »obwohl es in Wahrheit ein wenig komplizierter ist. Jedenfalls wissen Sie nun, weshalb diese Technik untersagt wurde. Im Fall des alten Ammon jedoch haben wir sie angewandt, um sein Wissen zu erhalten. Hätte unser junger Freund hier«, er lächelte Ufuk wohlwollend zu, »uns nicht unter Tränen angefleht, derjenige sein zu dürfen, auf den das Wesen seines Meisters übertragen wird, hätte sich einer unserer jüngeren Brüder dazu bereiterklärt, die sich schon ihr ganzes Leben lang darauf vorbereiten, stong-pa dape zu sein - ›unbeschriebene Bücher‹ -, um eines Tages die Weisheit der Ältesten in sich aufzunehmen.«
    »I-ich verstehe«, flüsterte Sarah. »Auf diese Weise bewahrt Ihr das Wissen Eures Ordens und gebt es von Generation zu Generation weiter, ohne es aufschreiben zu müssen ...«
    »Was der Grund dafür sein dürfte, dass wir mehr über die Geheimnisse der alten Zeit wissen als die Völker des Westens«, bestätigte der Abt. »Geschriebenes Wissen kann allzu leicht ausgelöscht oder von jenen missbraucht werden, die es nicht zum Guten, sondern zum Bösen verwenden.«
    Sarah nickte. Nach allem, was sie über die Bruderschaft des Einen Auges wusste, konnte sie dies nur bestätigen. Aber so erschütternd diese Enthüllungen auch waren - die Freude darüber, dass el-Hakim nicht verloren war und zumindest ein Teil von ihm weiterexistierte, war stärker und überwog auch die letzten rationalen Vorbehalte. Freudentränen rannen ihr über die Wangen.
    »Was ist mit meinen übrigen Gefährten?«, erkundigte sie sich. »Wann kann ich zu ihnen?«
    »Wann immer Sie sich stark genug dazu fühlen, Lady Kincaid«, erwiderte der Abt. »Anschließend werden wir uns in der großen Halle versammeln, um den Göttern zu huldigen und ihnen für Ihre Rettung zu danken. Und wir werden beraten, was weiter zu tun ist. Es gibt viele Dinge, über die wir reden müssen.«
    »Wovon sprecht Ihr?«
    »Sarah«, sagte Ufuk in jenem sonoren

Weitere Kostenlose Bücher