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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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gezweifelt, Großmeister? Ich sagte Ihnen doch, dass ich erfolgreich sein würde. Schließlich besitze ich eine Eigenschaft, die meine Vorgänger allesamt entbehrten. Ich bin eine Frau ...«
    »Das ist nicht zu übersehen.« Er nickte. »Savez-vous, das Eigenartige daran ist, dass Sie ihr tatsächlich auf eine gewisse Weise ähnlich sind. Unter anderen Voraussetzungen, zu einer anderen Zeit, hätten Sie beide vielleicht Freundinnen werden können.«
    »Wohl kaum. Wir mögen in mancher Hinsicht wie Schwestern sein, aber was unsere Ziele betrifft, unterscheiden wir uns so sehr voneinander wie Tag und Nacht.«
    »Sieh an«, meinte Lemont. »Und welche von Ihnen beiden ist wohl nun der Tag und welche die Nacht?«
    »Das liegt im Auge des Betrachters«, entgegnete die Gräfin achselzuckend. »Im Einen Auge, um genau zu sein.«
    »Darauf wollen wir trinken.«
    Sie erhoben die Gläser und setzten sie an die Lippen. Der Madeira war zu süß, um noch als Wein durchzugehen, obschon man ihn in England zum Essen zu reichen pflegte. In dem Wissen, dass die Bewohner Tibets von den Segnungen eines guten Tropfens ebenso wenig verstanden wie von allen anderen Errungenschaften der zivilisierten Welt, hatte Lemont einige Kisten davon auf Reisen mitgenommen und auf dem Rücken der Maultiere über die Pässe tragen lassen. Dem Geschmack war dies nicht unbedingt zuträglich gewesen, aber selbst ein Getränk, das die Torturen einer langen Seereise, einer endlos scheinenden Eisenbahnfahrt und eines anstrengenden Bergmarsches ertragen hatte, war immer noch um vieles besser als alles, was die einheimische Küche zu bieten hatte.
    »Wir sind also am Ziel«, erklärte Lemont feierlich, nachdem er sein Glas wieder abgesetzt und zurück auf den Tisch gestellt hatte. Wer hätte das gedacht, nach all der Zeit.«
    »Ihre Freunde wohl jedenfalls nicht«, meinte Czerny, auf die leeren Plätze zu beiden Seiten der Tafel deutend. Der Brite, der Russe, der Deutsche, der Italiener und der Spanier hatten sich bereits zur Ruhe begeben. Bleierne Müdigkeit war eine der Folgen, mit denen der menschliche Körper auf die ungewohnt dünne Luft zu reagieren pflegte.
    »Sie sind - oder waren - ein notwendiges Übel«, erklärte Lemont. »Angesichts der beträchtlichen Kosten, die unsere Suche in den vergangenen Jahren verschlungen hat, hatte unsere Organisation keine andere Wahl, als sich ihrer zu bedienen. An unsere Sache haben sie nie wirklich geglaubt. Alles, worum es ihnen geht, ist Geld, Geld und noch mehr Geld.«
    »Was ist falsch daran?«, fragte Czerny keck.
    »Dass ihre Pläne so kurzsichtig sind wie ein altersschwacher Greis«, entgegnete Lemont. »Materielle Dinge sind stets vergänglich, Teuerste. Absolute Macht jedoch währt ewig. Wir haben das Geheimnis der Unsterblichkeit entschlüsselt und stehen nun kurz davor, auch noch das letzte Geheimnis zu ergründen, das vor so langer Zeit auf unserer Welt zurückgelassen wurde. Dies sind Ziele, für die es sich zu kämpfen lohnt.«
    »Was wird mit ihnen geschehen?«
    »Mit unseren Helfern?«
    Czerny nickte.
    »Wer weiß?« Lemont zuckte mit den Schultern. »Womöglich wird ihnen bei der Rückreise in die Heimat ein Unglück widerfahren. Oder aber sie bleiben hier und genießen bis ans Ende ihres Daseins unsere Gastfreundschaft in diesen ehrwürdigen Hallen.«
    Er machte eine ausladende Handbewegung, worauf die Gräfin und er in schallendes Gelächter verfielen. Nach Jahren, in denen sie sich verborgen gehalten und im Geheimen operiert hatten, war die Zeit gekommen, die Masken endlich fallen zu lassen.
    »Wie fühlen Sie sich?«, erkundigte sich Lemont, nachdem sie sich wieder gefangen hatten.
    »Es könnte mir nicht besser gehen«, versicherte Czerny mit Blick auf die Wölbung in ihrem Unterleib. »Die Erbin wächst heran, genau wie es sein soll.«
    »Und Sie sind sicher, dass es ein Mädchen werden wird?«
    »Absolut.«
    »Woher nehmen Sie diese Überzeugung?«
    »Sehr einfach - weil ich es will«, erwiderte die Gräfin. »Und ich habe noch immer bekommen, was ich wollte.«
    Lemont lachte leise. »Das Kind ist der Schlüssel. Mit Ben Naras Blut in den Adern wird es in der Lage sein, die Pforte zu öffnen, und dann endlich wird uns alles gehören. Ist Ihnen klar, wie lange die Suche gedauert hat, die in diesen Tagen zu Ende geht?«
    »O ja, Großmeister«, stimmte sie zu. »Und ist Ihnen klar, wie illuster die Runde jener ist, in deren Tradition Sie sich einreihen? Alexander, Cäsar, Suleiman, Napoleon

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