Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. L. Stedman
Vom Netzwerk:
Vergangenheit und die Zukunft. Und die Insel blickt auf zwei verschiedene Ozeane, hinunter zum Südpol und hinauf zum Äquator.«
    »Schon kapiert«, erwiderte Isabel und kniff ihn lachend in die Nase. »War nur ein Scherz. Ich habe es gern, wenn du mir etwas erzählst. Erklär mir noch einmal die Sterne. Wo ist noch einmal der Zentaur?«
    Tom küsste ihre Fingerspitze und streckte ihren Arm aus, bis er auf das Sternenbild wies. »Da.«
    »Hast du den am liebsten.«
    »Am liebsten habe ich dich. Lieber als alle Sterne zusammen.«
    Er beugte sich herunter, um ihren Bauch zu küssen. »Eigentlich sollte ich sagen, dass ich euch beide am liebsten habe, richtig? Oder was ist, wenn es Zwillinge werden? Oder Drillinge?«
    Toms Kopf hob und senkte sich sanft mit Isabels Atemzügen.
    »Kannst du etwas hören? Spricht es schon mit dir?«, fragte sie.
    »Ja, es sagt, ich soll seine Mum ins Bett bringen, bevor ihr kalt wird.« Mit diesen Worten nahm er seine Frau in die Arme und trug sie zur Hütte, während der Chor im Leuchtturm » For unto us a Child is born « anstimmte.
    Isabel hatte voller Stolz ihrer Mutter in einem Brief von dem erwarteten Nachwuchs berichtet. »Oh, ich wünschte, ich könnte … ich weiß nicht, zum Festland schwimmen, um es ihnen zu sagen. Es bringt mich um, auf das Schiff zu warten!« Sie küsste Tom. »Sollen wir deinem Dad schreiben? Deinem Bruder?«
    Tom stand auf und hantierte mit dem Geschirr auf dem Abtropfbrett herum. »Nicht nötig«, sagte er nur.
    Sein Gesichtsausdruck, beklommen, aber nicht zornig, verriet Isabel, dass sie besser nicht nachhaken sollte. Sanft nahm sie ihm das Geschirrtuch aus der Hand. »Ich erledige das«, sagte sie. »Du hast schon genug zu tun.«
    Tom berührte sie an der Schulter. »Dann arbeite ich weiter an deinem Stuhl«, erwiderte er und zwang sich zu einem Lächeln, als er die Küche verließ.
    Im Schuppen betrachtete er die Einzelteile des Schaukelstuhls, den er für Isabel schreinern wollte. Er hatte versucht, sich an den zu erinnern, auf dem seine Mutter ihn gewiegt und ihm Geschichten erzählt hatte. Sein Körper wusste noch, wie es sich angefühlt hatte, von ihr im Arm gehalten zu werden – etwas, das er schon vor Jahrzehnten verloren hatte. Er fragte sich, ob ihr Kind auch noch in vielen Jahrzehnten Isabels Berührung im Gedächtnis haben würde. Die Mutterschaft war etwas Geheimnisvolles. Wie tapfer musste eine Frau sein, um sich darauf einzulassen, dachte er, während er über den Lebensweg seiner Mutter nachsann. Doch Isabel schien sich nicht die geringsten Sorgen zu machen. »Das ist die Natur, Tom. Wovor sich also fürchten?«
    Als er seine Mutter endlich aufgespürt hatte, war er einundzwanzig gewesen und hatte gerade seinen Abschluss als Ingenieur in der Tasche gehabt. Endlich war er sein eigener Herr. Die Adresse, die der Privatdetektiv ihm gegeben hatte, gehörte zu einem Gästehaus in Darlinghurst. Als er vor der Tür stand, krampften sich ihm vor Hoffnung und Angst die Eingeweide zusammen, und er war plötzlich wieder acht Jahre alt. Unter den Türen entlang des engen Flurs drangen Geräusche der Verzweiflung hervor – im ersten Zimmer schluchzte ein Mann. »So kann es nicht weitergehen!«, rief eine Frau, begleitet von Babygeschrei. Ein Stück weiter entfernt war das heftige Poltern des Kopfbretts eines Betts zu hören, als die Frau, die davor lag, vermutlich ihren Lebensunterhalt verdiente.
    Tom warf einen Blick auf die mit Bleistift geschriebene Notiz. Ja, die Zimmernummer stimmte. Er versuchte, sich an die schlafliedsanfte Stimme seiner Mutter zu erinnern: »Kopf hoch, mein kleiner Thomas. Sollen wir ein Pflaster auf den Kratzer kleben?«
    Als niemand auf sein Klopfen reagierte, versuchte er es noch einmal. Nach einer Weile drehte er zögernd am Türknauf, und die Tür ging tatsächlich auf. Der unverkennbare Geruch seiner Mutter schlug ihm entgegen, und es dauerte einen Sekundenbruchteil, bis er bemerkte, dass noch etwas Verdorbenes mitschwang – billiger Fusel und Zigaretten. Im trüben Dämmerlicht konnte er ein ungemachtes Bett und einen schäbigen, braun gemusterten Sessel erkennen. Das Fenster hatte einen Sprung, und die einsame Rose war längst in ihrer Vase verwelkt.
    »Suchen Sie Ellie Sherbourne?« Die Stimme gehörte einem drahtigen Mann mit schütterem Haar, der plötzlich hinter ihm an der Tür stand.
    Es war seltsam, jemanden ihren Namen aussprechen zu hören. Und dazu noch » Ellie « – er hatte an sie nie als

Weitere Kostenlose Bücher