Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)
Fehler machen, und zwar nicht nur, was Hannah Potts, sondern auch was Lucy angeht. Bitte, Tom. Wir können im Moment beide nicht klar denken. Wir wollen uns Zeit lassen. Und jetzt sollten wir ein wenig schlafen, bevor es morgen losgeht.«
»Ich komme später nach«, entgegnete er. »Ich brauche frische Luft.« Mit diesen Worten schlüpfte er lautlos hinaus auf die rückwärtige Veranda, ohne auf Isabels Flehen, er möge doch bleiben, zu achten.
Draußen war es kühler. Tom saß, die Hände vors Gesicht geschlagen, in der Dunkelheit in einem Rattansessel. Aus der Küche hörte er ein Klappern, als Bill das letzte Puzzleteilchen wieder in seiner Holzschachtel verstaute. »Isabel brennt offenbar darauf, nach Janus zurückzukehren. Sie sagt, sie hielte die Menschenmengen nicht mehr so gut aus«, meinte Bill, während er den Deckel auf die Schachtel setzte. »Und dabei würde man sich auf dieser Seite von Perth schwertun, überhaupt eine Menschenmenge zusammenzutrommeln.«
Violet schnitt den Docht der Kerosinlampe zurück. »Nun, sie war schon immer exzentrisch«, antwortete sie. »Nur unter uns, aber ich habe den Eindruck, dass sie Lucy allein für sich haben will.« Sie seufzte. »Ohne die Kleine wird es still hier werden.«
Bill legte Violet den Arm um die Schulter. »Das weckt Erinnerungen, richtig? Weißt du noch, wie Hugh und Alfie als Kleinkinder waren? Prächtige kleine Burschen, die beiden.« Er kicherte. »Zum Beispiel damals, als sie die Katze tagelang in den Küchenschrank gesperrt haben.« Er hielt inne. »Es ist zwar nicht dasselbe, aber Großvater zu sein kommt gleich danach, findest du nicht? Es ist fast so schön, als wären die Jungen wieder da.«
Violet zündete die Lampe an. »Manchmal habe ich daran gezweifelt, dass wir es überstehen werden, Bill. Ich habe nicht gehofft, dass uns noch ein glücklicher Tag vergönnt sein würde.« Sie pustete das Streichholz aus. »Endlich sind unsere Gebete erhört worden.« Nachdem sie den gläsernen Lampenschirm auf die Lampe gesetzt hatte, ging sie voraus ins Schlafzimmer.
Ihre Worte hallten in Toms Kopf wider, als er den süßen Duft des Nachtjasmins einatmete, der seine Verzweiflung nicht zur Kenntnis nahm.
Kapitel 16
In der ersten Nacht auf Janus umtoste der Wind den Laternenraum und drückte gegen die dicken Glasscheiben des Turms, als suche er nach einer Schwachstelle. Während Tom die Lampe anzündete, ließ er seinen Streit mit Isabel Revue passieren, der begonnen hatte, sobald das Versorgungsschiff wieder in See gestochen war.
Sie war beharrlich geblieben. »Wir können die Vergangenheit nicht rückgängig machen, Tom. Glaubst du, ich hätte mir nicht das Hirn nach einer Lösung zermartert?« Sie presste die Puppe, die sie gerade vom Boden aufgehoben hatte, an ihre Brust. »Lucy ist ein glückliches und gesundes kleines Mädchen. Sie hier herauszureißen, wäre … oh, Tom, es wäre ein Albtraum für sie!« Sie war gerade dabei, Bettwäsche zu mangeln, und ging zwischen Wäschekorb und Schrank hin und her. »Ganz gleich, wie man es auch betrachtet, Tom, wir haben es nun einmal getan. Lucy vergöttert dich und du sie auch. Du hast nicht das Recht, ihr den liebenden Vater wegzunehmen.«
»Und was ist mit ihrer liebenden Mutter? Ihrer Mutter, die noch am Leben ist? Wie kann das gerecht sein, Izz?«
Ihr Gesicht war gerötet. »Findest du es vielleicht gerecht, dass wir drei Babys verloren haben? Findest du es gerecht, dass Alfie und Hugh Tausende von Kilometern entfernt von hier begraben sind, während du unversehrt herumläufst? Natürlich ist es nicht gerecht, Tom. Ganz und gar nicht gerecht! Wir müssen das annehmen, was das Leben uns auftischt.«
Mit diesem Seitenhieb hatte sie Toms wundesten Punkt getroffen. Auch noch all die Jahre später wurde er das widerwärtige Gefühl nicht los, ein Betrüger zu sein – nicht den Tod hatte er betrogen, sondern seine Kameraden, weil er auf ihre Kosten unverletzt davongekommen war. Zwar sagte ihm die Logik, dass es sich nur um einen Zufall handelte, aber Isabel merkte ihm an, dass sie ihm den Wind aus den Segeln genommen hatte.
»Tom, wir müssen tun, was das Beste für Lucy ist.«
»Izzy, bitte.«
»Kein Wort mehr, Tom!«, unterbrach sie ihn. »Wir haben keine andere Wahl, als das kleine Mädchen so zu lieben, wie es das verdient hat. Und ihm niemals, niemals wehzutun!« Die Puppe fest in der Hand, eilte sie aus dem Zimmer.
Während Tom nun auf den aufgewühlten Ozean und die Wellen mit ihren
Weitere Kostenlose Bücher