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Das Liebesleben der Hyäne

Das Liebesleben der Hyäne

Titel: Das Liebesleben der Hyäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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säßen wir vor einer Kamera. Sehr eigenartig. Aber es tat gut. Es war besser als die Pferderennen, besser als die Boxkämpfe.
    Wir tranken die Flasche leer, und Nicole machte eine neue auf. Sie redete die ganze Zeit, und es war angenehm, ihr zuzuhören. Es steckte einige Lebensweisheit in ihren Geschichten, und es gab einiges, worüber man lachen konnte. Sie beeindruckte mich mehr, als sie ahnte. Das machte mir ein bißchen Sorgen.
    Wir gingen hinaus auf den Balkon und sahen uns den Feierabendverkehr an. Sie sprach jetzt von Huxley und Lawrence in Italien. Ich sagte, das sei öde Scheiße, und der größte Schriftsteller aller Zeiten sei Knut Hamsun gewesen. Einen Augenblick sah sie mich erstaunt an. Offenbar hatte sie nicht erwartet, daß mir der ein Begriff war. Dann stimmte sie mir zu. Wir küßten uns auf dem Balkon, umfächelt von den Abgasen der Wagen. Es war ein gutes Gefühl, ihren Körper an mir zu spüren. Ich wußte, zu mehr würde es an diesem Abend nicht kommen, aber ich wußte auch, daß ich zurückkommen würde. Nicole wußte es auch.

22
    Angela, eine von Lydias Schwestern, kam aus Utah zu Besuch, um sich Lydias neue Behausung anzusehen. Lydia hatte eine Anzahlung auf ein kleines Haus geleistet und sollte den Rest in geringen Monatsraten begleichen. Es war ein sehr günstiger Kauf. Der Mann, von dem sie das Haus erstanden hatte, war anscheinend todkrank und nicht mehr ganz richtig im Kopf. Jedenfalls hatte er das Haus weit unter Wert verkauft. Im Obergeschoß gab es ein Schlafzimmer für die Kinder und nach hinten heraus einen weitläufigen Garten mit Bäumen und Bambus, Angela war die älteste der Schwestern, sie hatte die beste Figur, und sie dachte auch entschieden vernünftiger und praktischer als die anderen drei. Sie handelte mit Immobilien. Doch für uns stellte sich nun die Frage: wohin mit Angela? Wir hatten keinen Platz. Lydia schlug vor, wir sollten sie bei Marvin unterbringen.
    »Marvin?« sagte ich.
    »Ja, Marvin«, sagte Lydia.
    Es war schon ziemlich spät am Abend. Wir riefen bei Marvin an. Er war zu Hause, und er war sofort einverstanden.
    »Also schön, dann mal los«, sagte ich. Wir stiegen in Lydias orangefarbenen Schlitten. Das »Ding«. So nannten wir ihren Wagen. Er sah aus wie ein Panzer, sehr alt und häßlich. Wir fuhren runter an die Küste und hielten vor dem kleinen Haus am Strand.
    »Oh«, sagte Angela, »was für ein hübsches Haus.«
    »Und reich ist er auch«, sagte Lydia.
    »Außerdem schreibt er auch noch gute Gedichte«, sagte ich.
    Wir stiegen aus und gingen hinein zu Marvin, der zwischen seinen selbstgemalten Bildern und seinen Aquarien voll Meeresfischen saß. Er malte recht gut. Für einen reichen Burschen hatte er sich ganz ordentlich gemacht.
    Ich machte Angela und Marvin miteinander bekannt, und dann lief Angela herum und sah sich seine Bilder an. »Oh, sehr hübsch.« Angela malte auch. Nur taugten ihre Bilder nicht viel.
    Ich hatte einige Flaschen Bier mitgebracht, die ich auf den Tisch stellte, und Marvin stellte noch ein paar Flaschen dazu. Wir saßen herum, tranken und redeten, und zwischen Angela und Marvin kam ein leichter Flirt in Gang. Marvin war sichtlich scharf auf sie, doch Angela schien sich eher über ihn zu amüsieren. Sie mochte ihn, aber nicht so sehr, um gleich mit ihm ins Bett zu wollen. Im Laufe der Unterhaltung verschwand ich mehrmals aufs Klo und trank heimlich einen Schluck aus der Halbliterflasche Whisky, die ich in der Innentasche meiner Jacke hatte.
    Marvin verfügte über Bongotrommeln, ein Klavier und einen Vorrat an Marihuana. In seinem Haus ließ es sich gut leben. In so einem Haus, dachte ich, würde mir das Schreiben besser von der Hand gehen. Hier hätte ich mehr Glück. Von draußen konnte man das Rauschen der Brandung hören. Und es gab keine Nachbarn, die sich über das Klappern der Schreibmaschine beschwerten.
    Lydia und ich verabschiedeten uns nach zwei oder drei Stunden. Wir stiegen in das »Ding«, und Lydia nahm die nächste Auffahrt zum Freeway in Richtung Stadt.
    »Lydia«, sagte ich nach einer Weile, »du hast mit Marvin gefickt, stimmt’s?«
    »Von was redest du denn da?«
    »Von der Nacht, als du allein bei ihm aufgekreuzt bist.«
    »Verdammt nochmal, ich hab keine Lust, mir sowas anzuhören!«
    »Es stimmt aber. Du hast mit ihm gefickt!«
    »Hör mal, wenn du nicht augenblicklich damit aufhörst, kannst du was erleben!«
    »Du hast mit ihm gefickt.«
    Lydia fuhr rechts ran, beugte sich herüber und machte die

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