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Das Liebesleben der Hyäne

Das Liebesleben der Hyäne

Titel: Das Liebesleben der Hyäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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werde dort sein«, sagte ich. »Nichts kann mich aufhalten.«

25
    Ich behielt das Datum gut im Kopf. Mit Lydia einen Krach zu provozieren war nie ein Problem. Ich war von Natur aus ein Einzelgänger, und wenn ich mal mit einer Frau zusammenlebte, genügte es mir, mit ihr zu essen, zu schlafen und die Straße langzugehen. Ich hatte keinen Bedarf nach Konversation und wollte auch nirgends hingehen, außer zu Boxkämpfen und Pferderennen. Mit Fernsehen konnte ich nichts anfangen, und Geld für eine Kinokarte zu bezahlen, um mit anderen Leuten und ihren Emotionen in einem dunklen Saal zu hocken, kam mir blöde vor. Parties machten mich krank. Ich haßte das Getue, die miesen Schäkereien, das Flirten, die amateurhaften Besäufnisse, das langweilige Palaver. Lydia dagegen lebte richtig auf, wenn es eine Party gab und getanzt wurde. Sogar Small talk fand sie anregend. Sie hielt ihre sexuellen Reize für unwiderstehlich und brachte sie ein bißchen arg penetrant aufs Tapet. Unsere Streitereien entstanden also oft aus diesem unvereinbaren Gegensatz – ich wollte am liebsten keine Leute sehen, und sie wollte möglichst viele um sich haben, und möglichst oft.
    Ein paar Tage vor Mindys Ankunft fing ich damit an. Wir lagen gerade auf dem Bett.
    »Menschenskind, Lydia, warum bist du nur so begriffsstutzig? Kannst du nicht verstehen, daß ich mich abkapseln muß? Daß ich das brauche, weil ich sonst nicht schreiben kann?«
    »Wie kannst du was über die Menschen erfahren, wenn du ihnen aus dem Weg gehst?«
    »Ich weiß schon alles von ihnen, was ich wissen muß.«
    »Sogar wenn wir in einem Lokal sind, starrst du immer vor dich hin. Du siehst nie jemand an!«
    »Warum soll ich meinen Magen unnötig strapazieren?«
    »Ich beobachte die Menschen«, sagte sie. »Ich studiere sie.«
    »Scheiße.«
    »Du hast Angst vor den Leuten!«
    »Nein, ich hasse sie bloß.«
    »Wie kannst du Schriftsteller sein, wenn du nichts beobachtest?«
    »Okay, ich beobachte sie nicht, aber die Miete springt trotzdem dabei raus. Immer noch besser als Schafe hüten.«
    »Damit kommst du nicht weit. Du wirst es nie zu was bringen. Du machst alles verkehrt.«
    »Genau damit bring ich’s aber.«
    »Was bringst du, hm? Wer weiß denn schon, wer du bist? Bist du berühmt wie Mailer? Wie Capote?«
    »Die können nicht schreiben.«
    »Aber du kannst es! Chinaski ist der einzige, der schreiben kann!«
    »Eben. Finde ich jedenfalls.«
    »Bist du vielleicht berühmt? Würden sie dich in New York auf der Straße erkennen, hm?«
    »Das ist mir doch vollkommen egal. Ich will nichts als weiter meine Sachen schreiben. Ich brauche keine Fanfaren.«
    »Von wegen. Du könntest gar nicht genug davon kriegen.«
    »Vielleicht.«
    »Du tust immer so, als wärst du schon längst berühmt.«
    »Ich benehme mich kein bißchen anders als in der Zeit, als ich noch nichts geschrieben habe.«
    »Du bist die unbekannteste Berühmtheit, die mir je begegnet ist.«
    »Ich bin nur nicht ehrgeizig, das ist alles.«
    »Doch, aber du bist stinkfaul. Du willst, daß es dir in den Schoß fällt. Wann schreibst du überhaupt mal? Wann machst du es denn? Du liegst doch entweder im Bett oder du bist besoffen oder auf dem Rennplatz!«
    »Was weiß ich. Ist auch nicht wichtig.«
    »Was ist denn dann wichtig?«
    »Sag du mir’s doch.«
    »Na schön, dann sag ich dir mal, was wichtig ist! Wir sind schon ewig lange auf keiner Party mehr gewesen! Ich hab seit langem keine Leute mehr gesehen! Ich mag Leute! Meine Schwestern, wenn die hören, daß irgendwo eine Party steigt, da fahren sie tausend Meilen weit, wenn’s sein muß! So ist das bei uns in Utah. Es ist überhaupt nichts Schlechtes an Parties. Die Leute gehn einfach aus sich heraus und amüsieren sich. Du hast immer diese blödsinnigen Vorstellungen in deinem Kopf. Du denkst, wenn man sich amüsiert, dann will man immer gleich rumficken! Menschenskind, so sind die Leute überhaupt nicht! Du bist einfach zu verklemmt, um dich zu amüsieren!«
    »Ich mag keine Menschen«, sagte ich.
    Lydia sprang aus dem Bett. »Mensch, wenn ich dich so reden höre, kommt mir der kalte Kaffee hoch!«
    Ich schwang die Beine aus dem Bett und begann, meine Schuhe anzuziehen. »All right. Ich mach dir ein bißchen Platz.«
    »Ein bißchen Platz?« sagte Lydia. »Was soll denn das heißen, ›ein bißchen Platz‹?«
    »Das soll heißen, daß ich hier verschwinde.«
    »Okay, dann sag ich dir bloß eins: wenn du aus dieser Tür hier gehst, siehst du mich nie mehr

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