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Das Liebesleben der Hyäne

Das Liebesleben der Hyäne

Titel: Das Liebesleben der Hyäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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Sektflasche aus dem Versteck, entkorkte sie und goß mir ein Glas ein. Ich schrieb inzwischen keine Liebesgedichte mehr. Um genau zu sein, ich schrieb überhaupt nichts mehr. Mir war die Lust vergangen. Der Sekt ging mir glatt runter. Ich trank ein Glas nach dem anderen.
    Dann zog ich mir die Schuhe aus und ging rüber zu Bobby. Ich sah durch die Jalousie in sein Wohnzimmer hinein. Sie saßen dicht nebeneinander auf der Couch und unterhielten sich.
    Ich ging wieder zurück. Ich trank den restlichen Sekt, und als ich gerade zu Bier übergegangen war, kam ein Anruf von Bobby.
    »Hör zu«, sagte er, »warum kommst du nicht rüber und trinkst mit mir und Tammie ein Bier?«
    Ich legte auf.
    Ich trank mehrere Flaschen Bier, rauchte ein paar billige Zigarren und bekam immer mehr Schlagseite. Dann machte ich mich wieder auf den Weg zu Bobbys Wohnung. Ich klopfte an die Tür, und er machte mir auf.
    Tammie saß am anderen Ende der Couch und schnupfte Kokain aus einem Kaffeelöffel von McDonald’s. Bobby drückte mir ein Bier in die Hand.
    »Das Problem mit dir ist, daß du unsicher bist«, eröffnete er mir. »Du hast kein Selbstvertrauen.«
    Ich lutschte an meinem Bier.
    »Das stimmt«, sagte Tammie. »Bobby hat recht.«
    »Irgendwas nagt in mir«, sagte ich.
    »Du bist bloß unsicher«, sagte Bobby. »Ganz einfach.«
    Ich trank das Bier aus und ging wieder nach Hause.
    Joanna Dover hatte mir zwei Telefonnummern gegeben. Ich versuchte es mit der in Galveston. Sie meldete sich.
    »Ich bin’s. Henry.«
    »Du hörst dich an, als wärst du betrunken.«
    »Bin ich auch. Ich will dich besuchen.«
    »Wann?«
    »Morgen.«
    »All right.«
    »Holst du mich am Flugplatz ab?«
    »Aber sicher, Baby.«
    »Dann besorg ich mir jetzt einen Flug und ruf dich dann zurück.«
    Sie gaben mir was für den folgenden Mittag. Flug 707. 12.15 Uhr. Ich rief Joanna zurück und gab ihr das durch. Sie sagte, sie werde mich bei der Landung erwarten.
    Ich hatte kaum den Hörer auf der Gabel, da schrillte das Ding. Lydia war dran.
    »Ich wollte dir nur sagen, daß ich das Haus verkauft habe. Ich zieh nach Phoenix. Morgen früh fahr ich ab.«
    »All right, Lydia. Viel Glück.«
    »Ich hatte eine Fehlgeburt. Bin fast dran gestorben, soviel Blut hab ich verloren. Es war schrecklich. Ich wollte dich nicht damit belästigen.«
    »Wie geht dir’s jetzt? Alles wieder gut?«
    »Ja. Ich will nur raus aus dieser Stadt. Sie steht mir bis hier oben.«
    Wir verabschiedeten uns.
    Ich machte das nächste Bier auf. Die vordere Tür wurde aufgerissen, und Tammie kam herein. Sie rannte wie wild im Kreis herum und starrte mich an.
    »Ist Valerie nach Hause gekommen?« fragte ich. »Hast du Bobby von seiner Einsamkeit kuriert?«
    Sie rannte einfach weiter im Kreis herum. Sie sah sehr gut aus in ihrem langen Kleid. Mochte sie es nun mit ihm getrieben haben oder nicht.
    »Mach, daß du hier rauskommst«, sagte ich.
    Sie brachte nochmal einen Kreis hinter sich, dann rannte sie aus der Tür und hinauf in ihre Wohnung.
    Ich konnte nicht schlafen. Glücklicherweise hatte ich noch einiges Bier da. Ich trank, und als ich die letzte Flasche geleert hatte, war es 4.30 Uhr. Ich saß herum und wartete, bis es sechs Uhr wurde. Dann ging ich los und holte mir Nachschub.
    Die Zeit verging unendlich langsam. Ich lief in der Wohnung herum. Ich fühlte mich nicht gerade gut, aber ich ging dazu über, allerhand Lieder zu singen. Singend marschierte ich durch die Wohnung, vom Bad ins Schlafzimmer, wieder nach vorn, in die Küche, wieder zurück. Und sang. Und trank.
    Dann sah ich wieder einmal auf die Uhr, und es war 11.15. Bis zum Flughafen fuhr man eine Stunde. Ich war fertig angezogen. Auch meine Schuhe hatte ich inzwischen wieder an, wenn auch ohne Socken. Ich nahm meine Lesebrille und steckte sie mir vorne ins Hemd. Dann rannte ich aus der Tür. Ohne Gepäck.
    Der VW stand auf dem Rasen. Ich stieg ein. Die Sonne brannte grell herunter. Ich legte den Kopf auf das Lenkrad und blieb so eine Weile sitzen. Aus einem der Bungalows hörte ich eine Stimme: »Will der vielleicht noch Auto fahren – in dem Zustand?«
    Ich startete den Wagen, stellte das Radio an und fuhr los. Ich hatte Schwierigkeiten mit dem Lenken und fuhr immer wieder über den gelben Mittelstreifen in den Gegenverkehr. Sie hupten mich an, und ich steuerte wieder auf meine Seite zurück.
    Ich schaffte es bis zum Flughafen, und es blieben mir noch fünfzehn Minuten. Ich war bei Rot über Kreuzungen gefahren, hatte Stoppschilder

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