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Das Liebesspiel

Das Liebesspiel

Titel: Das Liebesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn C Tripp
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Deckel. Ich sehe, wie er sie durchfährt, der Gedanke an ihn.
    »Er hat oft von dir gesprochen, Janie, ständig. Dein Vater.«
    Sie verstummt.
    Ich warte.
    Ihre Hände ruhen seltsam reglos auf dem Tisch.
    »War es Silas, der Luce getötet hat?«
    Sie hebt den Blick. Ich habe sie ertappt – endlich –, unvorbereitet. Sie antwortet nicht, sieht mich nur an. Mit diesem Blick, ihre Augen füllen sich, schnell läuft eine Springflut ein.
    All die Jahre bin ich zum Spielen zu ihr gekommen und habe mir den Kopf zerbrochen. Habe auf einen Ausrutscher ihrerseits gewartet, auf die sich öffnende Tür, auf eine Chance, diese Chance, jetzt.
    Ich bin nicht allein damit. Das weiß ich. Das wusste ich von dem Tag an, als Vivi aus heiterem Himmel bei mir anrief und mich einlud, am Freitag mit den anderen Frauen zu spielen. Sie träfen sich jeden Freitag, erklärte sie mir am Telefon, ein alter kleiner Klub von alten Frauen. »Du wirst unser Küken sein«, sagte sie und lachte, überschäumendes Vivi-Lachen. Ich ging hin. Ohne zu zögern. Es stellte sich nie die Frage, ob ich besser absagen sollte. Ada hatte ihren Sohn damals schon verloren und ich meinen. Sie kannte den Unterschied, wovon man freigesprochen werden konnte und wovon nicht. Ich wusste, dass es Ada war, die Vivi mit dem Anruf beauftragt hatte. Es war Ada, die nach mir gesucht hatte – um ein Wort auszulegen, eine letzte Geschichte auf den Tisch zu legen, diejenige, die man nicht erzählen kann.
    »Weißt du es?«, frage ich sie.
    »Silas hätte es getan«, sagt sie leise. »Und es ist wohl besser, wenn wir sagen, dass er es war, meinst du nicht?«
    Ich erwidere nichts, sie spricht nicht weiter. Sie wird nicht antworten. Das weiß ich jetzt.
    Ihr Blick wandert. Studiert das Spielfeld.
    »Interessant«, bemerkt sie. »Fast hätte ich sie in der letzten Runde ausgelegt, aber irgendwas sagte mir: ›Warte lieber, Ada Varick‹, und ich habe drauf gehört und jetzt ist sie da. Meine Lücke. Das E , das ich gebraucht habe. Da ist es. Als hättest du es geahnt, Jane. Dass ich das E irgendwann mal brauchen würde. Das wird dir nicht gefallen«, sagt sie. Sie fängt an, die Buchstaben hinzulegen, eins, zwei, drei, nein, nicht alle sieben, nein. Vier. Fünf. Sechs. Sie legt sie auf den Tisch, bis auf einen. »Der Joker ist ein N «, sagt sie.
    ☐ -E-D-R-K-E
    Ich kann nicht erkennen, wo sie sie einfügen will, bis sie sie auf das Brett legt. Wie hat sie das gemacht? Wie hat sie dieses Wort gelegt, das E genutzt, das ich vor fünf oder sechs Runden verwendet habe, dazu N-I-E-T , und sie webt ihre sechs Buchstaben durch den schmalen Raum, macht sich Platz, wo keiner war.
    N-I-E-D-E-R-K-N-I-E-T-E
    Das kann sie. Ada. Das ist ihr Talent. Während ich auf das Brett schaue und die Wörter sehe, die es füllen, erkennt sie die Räume dazwischen, die noch frei sind.
    Es ist nicht besonders viel, die Buchstaben selbst mit ihrem jeweiligen Wert, kein Wort mit vielen Punkten – auch nicht unbedingt eindrucksvoll. Es ist ein weitverbreitetes Wort – ein Wort, das jeder kennt. Aber wie sie das gemacht hat, es da eingewoben hat …
    »Das war gut, Ada.«
    »Nur sechs Buchstaben«, entgegnet sie wehmütig. »Eigentlich wollte ich noch einen Kaventsmann.«
    Ich zähle den Punktestand zusammen – das eine lange Wort, eines, das zusätzlich entstanden ist, dreifacher Buchstabenwert, doppelter Wortwert. Punkte noch und nöcher.
    »Du gewinnst«, sage ich.
    Sie schüttelt den Kopf. »Nein. Ich habe es zweimal im Kopf durchgerechnet. Es reicht nicht.«
    »Doch.«
    »Glaube ich nicht.«
    Ein solches Spiel, möchte ich ihr sagen, so großartig, trügerisch und durchtrieben, muss das nicht reichen?
    Sie wirft mir einen kurzen Blick zu, ihr Lächeln – ein Anflug von Übermut, von Munterkeit –, ganz Ada, dieses Lächeln.
    »Na ja«, sagt sie, »es ist ja noch nicht zu Ende.«

Die Welt
    HUCK, VIERZEHN
    Sommer 1962
    Auf dem Tisch in Charlie’s Diner: schmutzige Teller, der Rest eines Roastbeefsandwiches, Kaffeebecher und eine Life, zurückgelassen von demjenigen, der vorher dort saß. Huck nimmt sich die Zeitschrift, als die vier in die Sitzecke rutschen. Er blättert darin herum, dann kommt die Kellnerin und fragt, ob sie sich nicht an einen anderen Tisch setzen könnten, einen, der schon abgeräumt ist. »Nee«, antwortet Pard, »dieser hier ist gut.« Die Kellnerin runzelt die Stirn, ein zorniger Blick, dann fängt sie an aufzuräumen, Becher, Teller, Besteck, klimpert und klappert

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